Spiritualitätsformen
Benediktinische Familie |
Geschrieben von (ksf) am 12.12.2011 |
Gebetsübungen
Ein Mittel, den Geist der Frömmigkeit zu nähren, bieten ferner auch besondere Gebetsübungen zu unserem Herrn und seinen Geheimnissen, zur allerseligsten Jungfrau Maria, zu den Engeln und Heiligen. Sie sind im Garten der Kirche gleich lieblichen Blüten unter dem Wehen des Heiligen Geistes aufgesprossen. Darum betrachten wir sie mit Ehrfurcht und pflegen sie, je nachdem der Zug der Gnade dazu anregt. Freilich werden wir nie eine Privatandacht dem göttlichen Offizium, das aller kirchlichen Andachten Quelle und Krone ist, vorziehen.
Vielmehr bemühen wir uns, dieselben organisch in das liturgische Beten einzubauen und so diesem hier und dort mehr persönliche Wärme zukommen zu lassen. Unter den Andachten zu unserem Herrn stehen an erster Stelle die Verehrung der Eucharistie und des heiligsten Herzens Jesu. Erstere erwächst von selbst aus einer tieferen Glaubenswertung des Zentralgeheimnisses unseres christlichen Lebens, des täglichen heiligen Opfers und Opfermahls. Als Höhepunkt eines jeden Tages zieht die heilige Eucharistie von selbst unsere Achtsamkeit und Liebe in besondere Weise auf sich. "Sie enthält wahrhaft, wirklich und wesentlich den Leib und das Blut zugleich mit der Seele und der Gottheit unseres Herrn Jesus Christus. Darum ist es nicht zu verwundern, wenn die Kirche von Anfang an den Leib Christi unter den Gestalten des Brotes angebetet hat, wie das schon aus den Riten des hochheiligen Opfers selbst hervorgeht.
Daraus hat sich der eucharistische Anbetungskult, unterschieden von der heiligen Opferfeier, nach und nach entwickelt. Damit bringt die Kirche den lebendigen Glauben zum Ausdruck, mit dem sie ihren göttlichen Bräutigam unter diesen Schleiern zugegen weiß, ihm ihre Dankbarkeit beweist und sich der innigsten Vertrautheit mit ihm erfreut. All diese Übungen der eucharistischen Frömmigkeit entstammen dem Geist der heiligen Liturgie und helfen zweifellos sehr viel zum wirklichen liturgischen Leben (Pius XII., Mediator Dei). Da wir im Kloster unter einem Dach mit dem eucharistischen Herrn wohnen dürfen, ist es uns leicht gemacht, immer wieder liebenden Umgang mit ihm zu pflegen, der in der Allmacht seiner Liebe es ermöglicht hat, als Freund ständig unter uns zu weilen, um so seine Verheißung wahr zu machen: " Kommet alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, und ich will euch erquicken" (Mt 11, 28).
Die Verehrung des heiligsten Herzens Jesu hat ihren Ursprung in den Klöstern unseres heiligen Ordens. Diese Tatsache bezeugt schon eine innere Verwandtschaft zwischen unserem monastischen Gebetsleben und dem Geheimnis des heiligsten Herzens Jesu. Herz-Jesu-Verehrung ist Ausdruck vertrauter Freundschaft zwischen Jesus und der Seele; Freundesart ist es ja, einander die Geheimnisse des Herzens zu erschließen. Wer dürfte zuversichtlicher sich als Freund Christi fühlen als der treue Mönch, den der göttliche Meister in seine unmittelbare Jüngerschaft berufen hat? Und wer wird sich ernster gedrängt fühlen, diese Freundesliebe zu erwidern, als der Mönch, dessen erste Berufsaufgabe es ist, Christus über alles zu lieben (vgl. Kap. 4; 5; 72)? Dazu kommt, dass der Herr gerade im Geheimnis seines heiligsten Herzens das besondere Vorbild für unser monastisches Leben ist. In ihm als dem Sitz des Innenlebens Jesu leuchtet uns unmittelbar die Bedeutung des innerlichen, in Gott verborgenen Lebens auf, das wir als den eigentlichen Inhalt unseres Berufes zuerst pflegen. Gerade die Haupttugenden, welche uns die heilige Regel lehrt: Demut, Liebe, Gehorsam, Geduld, Gebetsgeist finden wir im heiligsten Herzen in schlichtester, liebenswürdigster Menschlichkeit wie in höchster göttlicher Vollkommenheit vorgebildet.
Einen einfachen Weg, die Verehrung des göttlichen Herzens mit unserem liturgischen Beten zu verbinden, lehrt uns die große Meisterin des Herz-Jesu-Kultes, unsere hl. Gertrud von Helfta, wenn sie immer wieder ihr Chorgebet an das Gebet anschließt, das der Herr unablässig auf dem Altar seines heiligsten Herzens dem Vater darbringt. Sie tat das in der gläubigen Zuversicht, daß durch diesen Anschluß zugleich die Unvollkommenheiten des eigenen Betens ausgeglichen würden, und ihr Gebet der herrlichen Verheißungen des Gebetes im Namen Jesu teilhaftig würde.
Nach Christus ist uns, die wir durch die Erlösungsgnade seine Brüder und Kinder des himmlischen Vaters geworden sind, niemand teurer als Maria, seine und deshalb auch unsere Mutter. Auch hier dürfen wir in unserem heiligen Beruf einen besonderen Anspruch auf die Mutterliebe Mariens erkennen. Nach der feierlichen Verheißung des Herrn (Mt 19, 29) soll jeder, der um seines Namens willen Vater und Mutter verlässt, hundertfältigen Lohn erhalten.
Was soll dies anders besagen, als dass wir, die wir die irdische Familie verlassen haben, dafür einer besonderen Liebe des himmlischen Vaters und der himmlischen Mutter Maria versichert sein dürfen? So durfte Johannes, der in treuer Liebe alles verlassen und seinem Meister bis unters Kreuz gefolgt war, die tröstende Zusicherung vom Kreuz herab hören: "Siehe deine Mutter" (Jo 19,27).
Für die Verehrung Marias bietet die heilige Liturgie unablässig Anregung, sodaß man sagen darf: Eifer für das Opus Dei, wie ihn die heilige Regel als erstes Kennzeichen des monastischen Berufes nennt, erzieht von selbst zur Verehrung der lieben Muttergottes. Im Laufe des Kirchenjahres lösen sich größere und kleinere Feste Mariens ständig ab und in der Feier der großen Heilsgeheimnisse begegnet uns immer wieder Maria an der Seite Christi. Sie ist das Weib mit der Sonne, die Christus ist, umkleidet und deshalb ihm unlösbar verbunden. Dazu feiern wir an jedem freien Samstag Offiziumund Messe von der seligsten Jungfrau und bevor wir am Schluß des Gotteslobes den Chor verlassen, gilt unser letzter Gruß noch Maria. Unter den Übungen der Privatandacht zur seligsten Jungfrau steht an erster Stelle der Rosenkranz, den wir, soweit möglich, täglich als Erweis unserer Kindesliebe Maria darbringen. Der Sinn dieses von der heiligen Kirche so hoch empfohlenen Gebetes ist, die Mutter in den Geheimnissen des Sohnes, an denen sie den ersten Anteil genommen hat, zu ehren, und wiederum uns an der Hand der Mutter zur Erkenntnis, Liebe und Nachahmung des Sohnes führen zu lassen.
Der heilige Joseph ist uns Mönchen Vorbild und Führer in seiner engsten Vertrautheit mit Jesus und Maria, in seinem mit Christus in Gott verborgenen Leben, wegen des unentweihten Glanzes seiner jungfräulichen Reinheit und schließlich durch den Vorzug seines überaus seligen Todes.
Unter der Schar der übrigen Heiligen steht unserem Herzen keiner näher als der heilige Vater Benedictus. Durch den Adel seiner Tugenden, durch die Kraft seiner Wunder, durch seine hervorragende Stellung im Reiche Gottes ragt er unter den übrigen Heiligen hervor. Noch mehr, er ist von Gott uns zum Vater und Lehrer gegeben, daß wir durch ihn die uns bestimmte Vollkommenheit und Seligkeit erlangen. Bringe ihm also, wie es einem guten Kinde ziemt, Ehrfurcht, Vertrauen und Liebe entgegen. Rufe ihn täglich an, daß er seinen Geist in dir erwecke, damit du von ihm erfüllt, immer mehr sein wahres Kind werdest. Was immer mit ihm in Beziehung steht, sein Leben, sein Bild, seine Medaille, seine Feste, all das sei dir wert und heilig.
Freue dich der Gnadengaben und Vorrechte deines heiligen Vaters und schöpfe daraus Nutzen zum Heil und Fortschritt deiner Seele. Er, der starke Gottesstreiter, der in seinem Leben unzählige Male den Teufel überwunden hat, besitzt nun im Himmel eine besondere Gewalt über die bösen Geister, und übt sie, wie die ständige Erfahrung lehrt, besonders durch seine Medaille aus. Ob des Vorzuges seines glorreichen Heimganges, da er vor dem Altare stehend im Gebete seinen Geist aushauchte, verehren wir ihn als besonderen Patron eines guten Todes und rufen ihn an, daß er, wie es der hl. Gertrud verheißen wurde, uns im Sterben beistehe und uns gegen die Nachstellungen des Teufels schütze ( vgl. hl. Gertrud "Gesandter der göttlichen Liebe" 4, 11)
Zugleich mit dem heiligen Vater verehre seine ganze himmlische Familie. Schau in demütig dankbarem Stolz zu deinen heiligen Vorfahren auf, verehre sie und ahme sie nach, damit auch du ein würdiges Glied einer so erlauchten Familie werdest.
Die heiligen Engel stellt die heilige Regel als Vorbilder (Kap. 19) für die würdige Verrichtung des Chordienstes hin: "Im Angesicht der Engel psalliere ich die" (Ps 137). Rufe sie und insbesondere deinen heiligen Schutzengel an, wenn du dich für den heiligen Dienst bereitest. Eine vorzügliche Verehrung ziemt uns Mönchen auch gegenüber den heiligen Aposteln. Sie sind nicht nur die Väter der heiligen Kirche, sondern ebenso Begründer und Führer unseres Mönchtums.
Ihr apostolisches Leben in der unmittelbaren Nachfolge Christi steht vor uns als das erste Vorbild des Mönchtums, wie es der Apostelfürst im Namen seiner Mitapostel vor Christus ausgesprochen hat: "Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt" (Mt 19,27).
5. Die Reinheit des Herzens
Das ungeteilte Herz
Ein heißes Sehnen lebt im Herzen des Mönches, das Verlangen nach Gott. Mönchtum will ein von Gott beherrschtes, von Gott erfülltes Leben sein. Darum nennt der hl. Benedikt mit Recht als seine Grundhaltung: "Gott wahrhaft suchen" (hl. Regel, Kap.58). Gott soll nicht nur e i n Lebensziel sein, soll allein Herr sein in dem Herzen, in dem er durch das Geheimnis der Gnade seinen Thron aufgeschlagen hat. Um dies zu ermöglichen, bedarf es der Loslösung von der Welt und der eigenen Person.
Das bedeutet Reinheit des Herzens, die der hl. Benedikt mit den alten Mönchen als das eigentliche Ziel des Mönchlebens anstrebt: Reinheit nicht nur von der Sünde, sondern auch von allen ungeordneten Neigungen und Strebungen, die das Herz zwischen Gott und der Welt teilen.
In der Abkehr von allem, was das Herz an der ungeteilten Liebe zu Gott hemmt, liegt nach St. Thomas (vgl. II-II p. 186 a 7 c) der Sinn der Ordensgelübde. Sie wollen die innere Freiheit schaffen, in der der Mönch das erste und größte Gebot wirklich erfüllen kann: "Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit all deinen Kräften und mit deinem ganzen Gemüte" (Lk 16, 27).
Darum verzichten wir in der heiligen Armut auf allen Eigenbesitz. Der hl. Benedikt nennt diesen ein ganz schlimmes Laster für den Mönch und betont mit aller Eindringlichkeit, dass nichts von diesem Verzicht ausgenommen werde: "Durchaus nichts, auch nicht die geringste Sache, kurz gar nichts dürfen die besitzen, die nicht einmal ihren Leib und ihren Willen in eigener Gewalt haben dürfen" (Kap. 33). Warum dieser Ernst? Es geht darum, dass Gott dem Mönch wirklich das höchste Gut, der alles überragende Wert ist, der allein Geist und Herz ausfüllt.
Es geht um die vollkommene Nachfolge Christi, in der der Mönch mit dem Apostel Petrus alles verlässt, um Christus zu folgen (vgl. Mt 19, 27), und mit dem Apostel Paulus alles, was dem irdischen Menschen als Gewinn erscheint, für Verlust, ja Kehricht erachtet, um nur Christus zu gewinnen (vgl. Phil 3, 7 f).
Der Liebe Christi nichts vorziehen (Kap. 4, 5, 72), das ist volle Hingabe des Herzens an Christus in jungfräulicher Reinheit. Sie gehört so sehr zum Mönchtum, dass der heilige Benedikt sie in seiner Regel mehr voraussetzt als vorschreibt. Sein ganzes Leben bezeigt, wie ernst er es mit dem Ringen um unversehrte Reinheit genommen und wie wunderbar begnadet er in dieser Tugend war (vgl. Dial. 2, 2).
Jungfräulichkeit gründet auf der Tugend der Keuschheit und fügt zu ihr noch die ungeteilte Hingabe des Herzens an Christus hinzu. Darum verzichtet der jungfräuliche Mönch auf die Verbindung mit den Menschen in der Ehe, um die ganze Liebe seines Herzens ungeteilt Christus zu bewahren. Diese jungfräuliche Treue zu Christus würde auch schon durch menschlichnatürliche und noch mehr durch sinnlich betonte Freundschaft gefährdet. Deshalb mahnt die heilige Regel: "Die brüderliche Liebe in reiner Gesinnung erweisen" (Kap. 72).
Jungfräulich reines Leben übersteigt die Kraft der Natur. Darum ist es vor allem Frucht des Gebetes. Verehre als besondere Patrone die reinste Jungfrau, den heiligen Joseph, den heiligen Vater Benedictus und setze ein großes Vertrauen auf die Gnadenkraft der heiligen Eucharistie, die als Himmelsbrot himmlisch reines Leben der Seele schenkt.
Überhaupt ist jungfräuliches Leben nur dort möglich, wo ein hochgestimmtes Glaubens- und Gebetsleben die Verbindung mit Christus lebendig erhält und darin die innere Erfüllung schenkt, die den Ausfall der großen natürlichen Lebenswerte der Ehe ohne Gefährdung eines gesunden Menschentums ermöglicht. Die Lilie der Reinheit blüht unter den Dornen der Abtötung. Darum ist Treue in der klösterlichen Zucht ein starkes Schutzmittel der Tugend. Fliehe den Müßiggang, den Nährboden ungeordneter Sinnlichkeit.
Halte dankbar die Klausur, die deine Tugend vor den Gefahren der Welt schützt. In Versuchungen befolge die Mahnung die heiligen Regel (Prolog): "Den Teufel mit seiner Einflüsterung vom Angesicht des Herzens wegstoßen, seine Gedankenbrut, solange sie noch klein ist, ergreifen und an Christus zerschellen". Der hl. Benedikt ist hierfür zu Subiaco in seinem heldenmütigen Ringen bis aufs Blut das erhebende Vorbild geworden. Ein bewährtes Mittel gegen Versuchungen ist ihre demütige Eröffnung vor dem Obern oder dem Beichtvater. Hierin sieht der hl. Benedikt eben das Mittel, sie an Christus zu zerschellen (vgl. Kap. 4.).
In der Demut des Gehorsams kämpft der Mönch als Ritter Christi mit dem stärksten Feind der hl. Gottesliebe, der ungeordneten Eigenliebe (vgl. Prolog). Die Liebe zu Christus über alles, der im Gehorsam bis zum Tod unser Ideal und Führer ist; die Treue zum heiligen Gelöbnis; die schreckende Furcht vor der Hölle, die der Ungehorsam des Teufels geschaffen, wie der frohe Ausblick auf den Himmel, den Christi Gehorsam sich und uns erschlossen, drängen den glaubenstarken Mönch, ohne Verzug mit behendem Fuß auf dem engen, aber einzig sicherem Weg des Gehorsams zu Gott und zum ewigen Legen voranzueilen (vgl. Kap.5).
Letzte Änderung: 13.12.2011 um 01:13
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