Spiritualitätsformen
Benediktinische Familie |
Geschrieben von (ksf) am 12.12.2011 |
Die Seelenführung
Der Weg zu Gott und zur Vollkommenheit ist der Gehorsam, wie das Vorbild des göttlichen Heilandes lehrt und wie es die heilige Regel immer wieder mit Nachdruck betont. Er ist "der enge Weg, der zum Leben führt"(Mt 7,14). Darum ist ein jeder, der ernst um Vollkommenheit ringt, für eine erleuchtete Führung dankbar. Sie steht uns in unserem heiligen Beruf in besonders reichem Maße zu Gebot. Sie haben die heilige Regel, die schon so vielen Heiligen Führerin zu Gott geworden ist. Sie wir uns im Kloster nicht nur als Lehre dargeboten. Sie ist Leben geworden in dem Geist der von ihr geformten klösterlichen Gemeinschaft.
Darum kam der hl. Benedikt mit Recht auf der 8. Stufe der Demut bestimmen: "Der Mönch tue nichts, außer wozu ihn die gemeinsame Regel und die Beispiele der Älteren ermahnen." Zu dieser Leitung von Seiten der Gemeinschaft kommt dann noch die mehr persönliche des geistlichen Obern, der dem einzelnen je nach dessen besonderen Bedürfnissen und Aufgaben helfend und ratend zur Seite steht. Damit diese Leitung wirklich fruchtbar wird, ist erfordert, dass der Jünger dem Meister Einblick in sein inneres Leben gewährt. Das geschieht in der Gewissenseröffnung.
Wie sehr diese Übung Hochschätzung verdient, lehrt das Beispiel der Väter des Mönchtums, die darin einstimmig ein vorzügliches Mittel zur Befreiung von Versuchungen und zum Fortschritt im Guten erkannt haben. In der Tat, wer ist so weise, dass er in der wichtigsten Aufgabe seines Lebens nicht eines Ratgebers und Führers bedürfte? Das umso mehr, je schlauer der böse Feind ist und je leichter uns die Eigenliebe in der eigenen Beurteilung den Blick trübt. Dazu kommt, dass durch diese Eröffnung das innere Leben noch mehr der Leitung und dem Segen des Gehorsams unterstellt wird.
"Es soll ein jeder, was er Gott opfern will, seinem Abt unterbreiten, auf dass es mit seinem Gebet und Willen geschehe. Denn was ohne Erlaubnis des geistlichen Vaters geschieht, wird als Überhebung und eitle Ruhmsucht, nicht als Verdienst zugerechnet" (Kap. 49). Eine fruchtbare Gewissenseröffnung ist nur dort möglich, wo der Mönch in lebendigem Glauben in seinem Oberen den Stellvertreter Gottes erkennt und deshalb seine Leitung erwartet. "Offenbare dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn" (Kap 7, 5. Stufe; Ps 36, 5). Von diesem Glauben beseelt unterwirft er sich ihm in kindlicher Einfalt, um als Schüler für sein geistliches Leben zu lernen, und ebenso mit dem vollen Vertrauen, dass Gott, dem er in seinem Stellvertreter folgt, ihm sicher führen werde: "Bekennet dem Herrn, denn er ist gut; in Ewigkeit währt sein Erbarmen" (Kap 7, 5. Stufe; Ps 105, 1).
Die Gewissenseröffnung geschieht regelmäßig einmal im Monat. In besonderen Fällen steht jedoch der Zugang zum Oberen stets offen, da nach der heiligen Regel die Sorge für die Seelen die ständige erste Aufgabe des Oberen ist. Noch mehr als von andern Übungen des klösterlichen Lebens gilt von dieser, dass sie nur dann für die Seele fruchtbar ist, wenn sie aus innerem Antrieb und in gläubiger Auffassung der Stellung des Oberen als Stellvertreter Christi geschieht. Darum wehrt die heilige Kirche gerade hier mit Recht alle Nötigend ab und muntert zu freiwilliger Eröffnung auf (vgl, C.J.C. can. 530). Folgende Gesichtspunkte mögen dir helfen, dein Inneres in gewisser Ordnung zu eröffnen: Bist du nach der ersten Stufe der Demut in ernster Gottesfurcht von der Wirklichkeit Gottes ergriffen?
-Ist der göttliche Heiland wirklich die große Liebe deines Lebens (Kap. 5)?
– Schätzest du die Berufsgnade über alles?
-- Dankst du täglich dafür? Oder hast du die erste Liebe irgendwie eingebüßt?
-- Nimmst du es noch ernst mit den Hauptmerkmalen des Berufes, dem dreifachen Eifer zum Gottesdienst, zum Gehorsam, zum Ertragen von Demütigung (Kap. 58)?
-- Mit welchem Eifer obliegst du den Werken der Frömmigkeit: der heiligen Messe, Kommunion, regelmäßigen heiligen Beichte, Betrachtung, geistlichen Lesung, inneren Sammlung?
-- Nimmst du es in heiliger Gottesfurcht ernst mit den heiligen Gelübden?
--Erkennst du im Gemeinschaftsleben ein vorzügliches Mittel zur Heiligung?
-- Nimmst du von Herzen Anteil an allem, was deine klösterliche Familie betrifft?
-- Hast du in der brüderlichen Liebe besondere Schwierigkeiten?
-- Zu welchen Fehlern neigst du besonders? Welche Versuchungen machen dir am meisten zu schaffen?
-- Welche Mittel wendest du zu ihre Bekämpfung an?
-- Wie geht es mit deinen Arbeiten, mit deiner Gesundheit? Glaubst du Ausnahmen zu benötigen oder auf solche verzichten zu können?
Die Gewissensbildung
Unter der weisen Führung der heiligen Regel, der geistlichen Obern, wie des Lebens in einer wohlgeordneten klösterlichen Gemeinschaft kann es nicht ausbleiben, dass die Seele mehr und mehr an Klarheit, Sicherheit und Ruhe des Gewissens gewinnt. Zugleich bleibt sie vor jener falschen Selbstsicherheit bewahrt, vor der der hl. Benedikt (Kap. 7, 1. Stufe) warnt: "Es gibt Wege, die den Menschen richtig scheinen, deren Ende aber in die Tiefe der Hölle hinabführt" (Spr 16, 25). Gerade die erleuchtete Maßhaltung des hl. Benedikt und seiner Regel ist ein besonderer Schutz gegen unkluge Einseitigkeiten und unreifen Eifer; Gefahren, die zumal dem Anfänger auch bei gutem Willen nicht immer fernliegen. Dazu kommt als weiteres Hilfsmittel für gesunde Gewissensbildung der erziehende Einfluss des Lebens aus der heiligen Liturgie. In ihr folgen wir dem Weg der heiligen Kirche, der kein anderer ist als der Weg Christi. Wir gehen ihn an den Festen und Festzeiten des Kirchenjahres betend mit im steten Aufblick zu Christus, zu seiner Lehre und seinem Beispiel und vor allem zu seiner Gnade, deren Quellen eben die Festgeheimnisse sind (Pius XII., Mediator dei).
Dadurch wird wie von selbst das Gewissen geklärt und vertieft und vor allem im steten Aufblick zur Wirklichkeit und Fülle unserer Erlösung mit frohem Mut und heiligem Schwung erfüllt. Hierin liegt ein sicheres Heilmittel gegen alle ungesunde Ängstlichkeit und Verkrampfung. Außer dem gehorsamen Eingehen auf die dargebotene geistliche Leitung ist es aber auch Aufgabe jedes einzelnen, durch ernste Sorge um die Reinheit des Herzens sein Gewissen wach und fügsam zu erhalten für die Einsprechungen und Mahnungen des Hl. Geistes. Hierfür ist die tägliche Gewissenserforschung geboten. Durch ihre treue Übung erlangt man eine tiefere Selbsterkenntnis und größere Wachheit des Gewissens, ohne die ein intensiveres Arbeiten an sich kaum möglich ist.
Wie soll man Fehler bessern, die man nicht kennt, oder wie auf dem Weg der Vollkommenheit voranstreben, ohne dass man seine Aufgaben klar sieht? Daher hat unser großer Lehrmeister , der Hl. Benedikt, dies wichtige Werkzeug der geistlichen Kunst (vgl. Kap. 4) selbst so eifrig gehandhabt, wie der hl. Gregor uns vom jungen Einsiedler in Subiaco berichtet: "Er wohnte bei sich selbst, indem er allzeit auf Bewahrung seines Innern bedacht war, vor den Augen seines Schöpfers immer sich beschaute und erforschte, und das Auge seines Geistes nicht außer sich umherschweifen ließ" (Dial. 2, 3). Man pflegt eine zweifache Gewissenserforschung zu unterscheiden, eine allgemeine, die man gewöhnlich abends zur Komplet über den vergangenen Tag anstellt, und eine besondere, die auf eine gestimmte Aufgabe des geistlichen Lebens gerichtet ist. Willst du dein Gewissen erforschen, so tue es, wie es vom hl. Benedikt heißt, unter den Augen Gottes.
Stelle dich nach Anleitung der zwölften Stufe der Demut (Kap. 7) im Geist vor den Richterstuhl Gottes und prüfe dich in heiliger Gottesfurcht über die Fehler des Tages. Achte dabei besonders darauf, wie du deine Vorsätze beobachtet hast. Übersieh nicht die Unterlassungssünden in den täglichen Pflichten wie in der Benutzung der Gnaden des Berufes und prüfe auch die guten Werke auf den inneren Wert, namentlich auf die Reinheit der Gedanken und die Lauterkeit der Motive deines Handelns. Die Richtschnur deines Lebens, an der du alles messen musst, ist außer den Geboten Gottes und der Kirche die heilige Regel mit den Satzungen, auf die du dich in der heiligen Profess vor Gott und allen Heiligen verpflichtest und wonach du einmal gerichtet wirst.
Die besondere Gewissenserforschung ist dort am Platz, wo ein konsequentes Arbeiten am inneren Fortschritt ernst genommen wird. Da wächst von selbst das Interesse wie das Bedürfnis, über Erfolg und Misserfolg dieser Arbeit Klarheit zu gewinnen. Da braucht es aber auch eine ständige Achtsamkeit auf den wirklichen Stand des inneren Lebens. Ohne diese läge gerade bei uns Ordensleuten die Gefahr der Verblendung nahe, vor der der Herr in der Geheimen Offenbarung den Engel von Laodizea warnt: "Du sagst: "Ich bin reich, ich habe Überfluss und brauche nichts mehr". Und du weißt nicht, dass du elend und erbärmlich bist und arm und blind und nackt. Ich rate dir, kaufe Salbe von mir, um sehend zu werden" (3, 17). Die Erforschung gilt hier vornehmlich der Aufgabe des Fortschrittes, dem Kampf gegen eine Leidenschaft, der Besserung einer Schwäche, dem Mühen um eine besondere Tugend.
Frucht dieser Erforschung ist ein waches, zielbewußteres und damit erfolgreicheres inneres Arbeiten. Darum ist sie dem Mönch, dessen Berufsaufgabe nach der Lehre der Altväter (vgl. Cassian, Coll. 1) und der hl. Regel (Kap. 7) das Ringen um die Vollkommenheit, insbesondere um die Reinheit von Fehlern ist, gewiss zu empfehlen. Sie ist auch im alten Mönchtum eifrig geübt worden. Diese besondere Erforschung wird außer bei der abendlichen auch untertags kurz geübt, um sich im inneren Arbeiten wach zu halten. Ziel und Frucht der allgemeinen wie der besonderen Gewissenserforschung sollte allerdings mehr und mehr ein ständiges Wachsein gegenüber allem werden, was die Reinheit des Herzens trüben könnte, so daß ein Fehler möglichst rasch erkannt und entsprechend durch Reue und Buße gesühnt wird. Das meint der heilige Vater Benedictus wohl auch, wenn er mahnt: "Die Handlungen seines Lebens zu jeder Stunde überwachen" (Kap. 4), und wenn er auf der ersten Stufe der Demut die Furcht vor der Sünde immer und überall beim Mönch lebendig voraussetzt.
Zu einer kurzen Innenschau mit einem Akt der Reue regt jeweils die Statio vor dem heiligen Offizium an, um die von der heiligen Regel anempfohlene Reinheit und Zerknirschung des Herzens als wichtigste Bereitung für das Gebet zu gewinnen (vgl. Kap. 20).
Die Beichte
Der Mönch, der um die Reinheit des Herzens als heiliges Ideal seines Berufes ringt, begrüßt das hl. Bußsakrament dankbar als eines der vorzüglichsten Gnadenmitte. hierfür und folgt willig dem Gebot der Kirche und unserer Konstitutionen, es wenigstens allwöchentlich zu empfangen. Pius XII. mahnt in der Enzyclika "Mystici Corporis": "Zum täglich eifrigeren Fortschritt auf dem Wege der Tugend möchten Wir angelegentlichst den frommen Brauch der häufigen Beichte anempfohlen wissen, der nicht ohne Antrieb des Heiligen Geistes in der Kirche eingeführt wurde. Wird doch durch sie die Selbsterkenntnis gefördert, die christliche Demut vertieft, die sittliche Schwäche an der Wurzel gefasst, die geistliche Nachlässigkeit und Lauheit bekämpft, das Gewissen gereinigt, der Wille gestärkt, eine heilsame Seelenleitung ermöglicht und kraft des Sakramentes die Gnade vermehrt."
Die Gewissenserforschung stelle nach den Weisungen des vorangehenden Kapitels an. Bei wöchentlicher hl. Beichte werden schwerere Fehler nicht leicht unterlaufen; und wenn, so werden sie kaum zu übersehen sein. Darum hüte dich vor übertriebener Ängstlichkeit, die ein Hemmnis für den freien Aufschwung der Seele zu Gott ist. Wo sie vorläge, wäre Selbsterziehung zu nüchternem Denken sowie eine kindliche Unterwerfung unter das Urteil des Beichtvaters das beste Mittel davon frei zu werden.
Letzte Änderung: 13.12.2011 um 01:13
Zurück