Spiritualitätsformen

Benediktinische Familie

Geschrieben von (ksf) am 12.12.2011
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6. Die Zurückgezogenheit

 

Abkehr von der Welt ist dem Mönchtum von seinem Ursprung an eigen. Als zweite Taufe nimmt es das Taufgelöbnis, in dem der Täufling dem Teufel und seinem Reich, der Welt, abgesagt, wirklich ernst. Die äußere Trennung von der Welt durch die Klausur des Klosters soll die innere Scheidung vom Weltgeist erleichtern und sichern.

 

Die Weltflucht will zur Weltüberwindung führen. Darum lehnt der hl. Benedikt so entschieden ein Mönchtum ab, das die Zurückhaltung von der Welt nicht kennt und übt. Denn "draußen umherzuschweifen tut den Seelen durchaus nicht gut" (Kap. 66). Das weltabgeschlossene Kloster ist den Mönchen wahrhaft "ein ruhiger Port, eine gesicherte Burg, eine heilige Gottesstadt; gleichsam die Arche in der Sintflut. Deshalb sind die Brüder eifrig bestrebt, die Welt, der sie den Rücken gekehrt, zu fliehen und den gefährlichen Verkehr mit ihr zu meiden. Die heilige Abgeschiedenheit des Klosters und der Zelle sei ihre Wonne. Sich selbst misstrauend setzen sie den Fuß nicht über die Schwelle der Klausur außer im heiligen Gehorsam und genießen froh die Sicherheit, die ihnen das Kloster gewährt. Müssen sie draußen sein, verdoppeln sie die heilige Wachsamkeit.

 

Ohne ausdrückliche Erlaubnis besuchen sie keine weltlichen Vorführungen. Überall benehmen sie sich so, dass sie dem Ansehen des Ordensstandes nicht nur keinen Eintrag tun, sondern sich und ihrem Berufe Achtung und Verehrung erwerben" (Constitutiones Congregationis Beuronensis zu Kap. 66 u. 67 der hl. Regel).

 

Schweigen und Reden

 

Schweigsamkeit ist nach der heiligen Regel (Kap. 6) eine wesentliche Haltung des Mönches. Ohne sie fehlt ihm der für seinen beruf unbedingt notwendige Ernst. Wie sollte er ohne Verständnis und Liebe für das Schweigen in der Einsamkeit des Klosters sich heimisch fühlen? Wie könnte er es ernst nehmen im Streben nach Reinheit von Sünde, wenn er sich nicht um das Schweigen mühte, da es doch "bei vielem Reden ohne Sünde nicht abgeht?" (Spr 10, 19). Und wie wäre es ihm möglich, die für das Gebetsleben notwendige Sammlung zu gewinnen und zu bewahren ohne gewissenhafte Beobachtung des Schweigens?

 

"Daher sollen die Mönche allezeit des Stillschweigens sich befleißigen" (Kap. 42) und nur reden, wo es notwendig oder nützlich erscheint, und wo die Liebe den Gebrauch der Zunge adelt und leitet. Wirst du um eitle Dinge angesprochen, so zeige wohl eine bescheiden freundliche Miene, lass dich aber in kein längeres Gespräch ein. Hast du untertags länger zu sprechen, so darf es --- außer es handle sich um Angelegenheiten deines Amtes --- nur mit Erlaubnis des Oberen geschehen. Ebenso betreten wir ohne Erlaubnis keine fremde Zelle.

 

Überdies gibt es bestimmte Orte und Zeiten die durch Schweigen besonders ausgezeichnet sind. In Kirche, Sakristei, Kapitel darf nur das für eine dort zu erledigende Arbeit Nötige gesprochen werden, und zwar leise und bescheiden. Im Refektorium "soll tiefstes Schweigen beobachtet werden, so dass kein Laut und keine Stimme gehört werde als nur die des Lesers" (Kap. 38).

 

"Daher sollen die Mönche allezeit des Stillschweigens sich befleißigen" (Kap. 42) und nur reden, wo es notwendig oder nützlich erscheint, und wo die Liebe den Gebrauch der Zunge adelt und leitet. Wirst du um eitle Dinge angesprochen, so zeige wohl eine bescheiden freundliche Miene, lass dich aber in kein längeres Gespräch ein. Hast du untertags länger zu sprechen, so darf es --- außer es handle sich um Angelegenheiten deines Amtes --- nur mit Erlaubnis des Oberen geschehen. Ebenso betreten wir ohne Erlaubnis keine fremde Zelle.

 

Überdies gibt es bestimmte Orte und Zeiten die durch Schweigen besonders ausgezeichnet sind. In Kirche, Sakristei, Kapitel darf nur das für eine dort zu erledigende Arbeit Nötige gesprochen werden, und zwar leise und bescheiden. Im Refektorium "soll tiefstes Schweigen beobachtet werden, so dass kein Laut und keine Stimme gehört werde als nur die des Lesers" (Kap. 38).

 

In den Zellengängen gehen wir, wenn etwas zu sprechen ist, in die Fensternischen. Im ganzen Kloster meide jeden Lärm im Sprechen, gehen, Arbeiten, Handhaben von Türen und Fenstern, so dass überall Ruhe, Friede, edler Anstand herrscht, wodurch der Charakter des Klosters als Haus Gottes und Stätte des Gebetes gewahrt wird.

 

Der heilige Benedikt schärft das Schweigen ganz besonders für die Nachtzeit ein (Kap. 42). Vom Schluss der Komplet bis zur Prim des folgenden Tage ist das Schweigen so streng zu nehmen, dass nur in den Fällen wirklicher Not, und da möglichst leise und sparsam, gesprochen wird. Dieses nächtliche Schweigen hat einen zweifachen Sinn: einmal soll die Nachtruhe der Brüder nicht gestört werden, dann aber laden diese stillen Nachtstunden von selbst zu tieferer Sammlung ein. Sie waren von jeher im Mönchtum neben der Ruhe dem Gebet und der Beschauung geweiht, wie uns das Beispiel des heiligen Vaters Benedictus lehrt (Dial. 2. 35).

 

Der Sinn des klösterlichen Schweigens ist mit der bloßen Enthaltung vom Reden nicht erschöpft. Wir schweigen den Menschen gegenüber, um den inneren Verkehr mit Gott, dem "Süßen Gast der Seele" (Pfingstsequenz), umso ungestörter und eifriger zu pflegen. Gerade dieser Gebetsverkehr mit dem dreifaltigen Gott, der in uns als seinem heiligen Tempel wohnt und wirkt, gibt dem klösterlichen Schweigen inneren Reichtum, Freude, Fruchtbarkeit und macht die Klausur des Klosters, wie es der heilige Vater Benedictus wünscht, zur Werkstädter Heiligkeit (vgl. Kap. 4).

 

Dem Mönch steht das Schweigen an, aber als Glied der klösterlichen Familie schuldet er seinen Mitbrüdern auch "ein gutes Wort" (Kap. 31). Die erste Vorbedingung für die Kunst, recht zu reden ist allerdings die treue Übung des Schweigens. Nur durch den Zügel des Schweigens lernt man die Beherrschung der Zunge. Überdies bleibt im heiligen Schweigen der Geist mit Gott geeint, so dass alles, was ein solch gottverbundener Mensch im Reden äußert, eine heilige Weihe an sich trägt: "Aus der Fülle des Herzens spricht der Mund" (Mt 12, 34).

 

So heißt es vom hl. Abt Hugo von Cluny: "Im Schweigen war er immer mit dem Herrn verbunden, beim Reden aber sprach er im Herrn oder vom Herrn".

 

Sprich wahr: "Ein Mund, der lügt, tötet die Seele" (Weish 1, 11). Sprich liebevoll (Kap. 72). Verletze weder Anwesende noch Abwesende mit der Zunge. Meide alles Murren, unberechtigtes Aburteilen, Ehrabschneiden. Wer durch lieblose Redereien den Frieden des Klosters stört, ist wie der feindliche Mensch im Evangelium (Mt 13, 25), der im Verborgenen den Samen der Zwietracht aussät, und so der göttlichen Gnade wie den Bemühungen der Obern entgegenarbeitet.

 

Mit besonderer Sorgfalt enthalte dich Fremden gegenüber jedweder abfälligen Bemerkung über deine klösterliche Familie. Wo immer du verkehrst, sollen alle deine Liebe zum heiligen Beruf und zu deinem Kloster herausfühlen.

 

Sprich sanft und bescheiden (Kap. 7), ohne zu streiten und zu lärmen. Ahme den Herrn nach, von dem der Prophet sagt: "Er wird nicht zanken noch lärmen, noch wird jemand seine Stimme auf der Gasse hören (Is 42, 2 vgl. Mt 12, 19). Sprich demütig (Kap. 7), ohne Geringschätzung anderer. Suche nicht schulmeisterlich andere zu belehren. Sprich grundsätzlich wenig von dir selbst. Sei demütig vornehmlich im Verkehr mit Vorgesetzten. Und wenn auch dem geistlichen Vater gegenüber Vertrauen und Ungezwungenheit am Platze ist, so vermeide doch alle Anmaßungen und Unehrerbietigkeit (vgl. Kap. 6). Sprich mit monastischem Ernst (Kap. 7). Betrachte nicht neugierig Gesicht oder Kleid der Personen, mit denen du redest; noch weniger berühre sie. Bewahre vielmehr angemessene Zurückhaltung namentlich dem anderen Geschlecht gegenüber. Im Verkehr mit Weltleuten hüte dich, Unerbauliches vorzubringen oder in solche Gespräche einzustimmen.

 

Hüte dich namentlich vor freien, geschmacklosen Witzen (Kap. 6). Sprich nicht leicht von den Schwierigkeiten des monastischen Lebens. Wenn im Sprechzimmer ohne Grund die Unterhaltung zu lange sich hinzieht oder auf weltliche Eitelkeiten abgleitet, suche höflich das Gespräch zu beenden. Sprich überlegt (a.a.O.), so wie es deinem Beruf und den Verhältnissen der Zuhörer, ihrem Alter, ihrem Stand, ihrer Bildung entspricht. Sprich weniges und kurz (a.a.O.). Wenig reden wird, wenn es in Bescheidenheit geschieht, immer erbauen. Wer viel redet, wird sich dabei kaum von Fehlern frei halten. Denn "bei vielem Reden geht es nicht ohne Sünde ab" (Sp 10, 19).

 

Was hier vom mündlichen Verkehr gesagt ist, gilt ebenso und noch mehr vom brieflichen Verkehr, da das geschriebene Wort länger und fester haftet als das gesprochene. Überdies verlangt die Achtung, mit der wir anderen zuvorkommen sollen (Kap. 72), dass man sauber und ordentlich schreibe. Die Sprache sei etwas gewählter als in der Unterhaltung, aber doch einfach und ohne Geschraubtheit. Aus den Briefen einer gottgeweihten Ordensperson sei alles Leichtfertige verbannt. Irgendeine Beziehung zu Gott und Göttlichem fehle nie, außer die Briefe seien rein geschäftlicher Art. Nach der heiligen Regel (Kap. 54) unterliegen alle Briefe, die ein- und ausgehen, der Zensur des Obern, ausgenommen die an höhere kirchliche Obern.

 

Vom Umgang mit den Menschen

 

Das Vorbild hierfür ist in besonderer Weise unser göttlicher Heiland, der ja dazu Mensch geworden ist, um Emmanuel, Gott mit uns, zu sein. In ihm "ist die Güte und Menschenfreundlichkeit unseres Gottes und Heilandes erschienen" (Tit 3, 4), wie die Weihnachtsepistel sagt. Der hl. Benedikt versucht dieses Idealbild in einem Schlusskapitel seiner Regel (Kap. 72) in schlichten, konkreten Zügen nachzuzeichnen und stellt uns darin eine Aufgabe, die er "mit glühendstem Eifer" verwirklicht sehen möchte.

 

"In Achtung und Ehrerbietung einander zuvorkommen" (Kap. 72). Wer im Glauben dem Mitmenschen begegnet, findet in ihm Christus, der gesagt hat: "Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan" (Mt 25, 40). So dachte der Glaube der alten Kirche: "Hast du deinen Bruder gesehen, so hast du deinen Herrn gesehen". Darum grüße bei der Begegnung bescheiden und ehrfürchtig. Deine Höflichkeit sei nicht äußerer Firnis, sondern ungezwungener Ausdruck innerer Haltung. Der hl. Benedikt will, dass in jedem Gast, der ins Kloster aufgenommen wird, Christus angebetet werde. Bei gegenseitiger Begegnung sollen sich die Brüder den Segensgruß erbitten und geben. Denn die Begegnung mit Christus, wenn gläubig erlebt, bringt immer Segen.

 

"Die gegenseitigen Schwächen, seien es körperliche, seien es seelische, mit größter Geduld ertragen" (Kap. 72). Christliche Liebe wird vor allem an der Geduld erkannt. Gerade hierin, in der geduldig ertragenden Liebe, ist Christus das unerreichte Vorbild der Liebe. Er ist "das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt auf sich genommen" und "an seinem Leib auf das Kreuzesholz hinauf getragen hat ... Durch seine Wunden wurdet ihr geheilt" (Jo 1, 29; 1 Petr 2,24). "Barmherzigkeit will ich und nicht Opfer. Ich bin nicht gekommen, die Gerechten zu rufen, sondern die Sünder" (Mt 9, 13). Diese geduldig ertragende Liebe erwartet der hl. Benedikt vor allem vom Oberen.

 

"Er wisse, dass er die sorge für kranke Seelen, nicht eine Gewaltherrschaft über gesunde übernommen hat. Er ahme das Beispiel des guten Hirten nach, der die neunundneunzig Schafe in den Bergen zurückließ und hinging, das eine verirrte Schaf zu suchen. Mit seiner Schwäche hatte er solches Mitleid, dass er sich würdigte, es auf seine heiligen Schultern zu nehmen und es zur Herde zurückzutragen" (Kap. 27).

 

Im Wetteifer sich gegenseitig gehorchen" (Kap. 72). Der heilige Benedikt verlangt nicht nur den pflichtmäßigen Gehorsam gegen die Oberen.

 

Er kennt und wünscht auch Gehorsam untereinander, eben aus der Überzeugung vom Wert und von der Kraft des Gehorsams für das geistliche Leben. Darum "sollen die Jünger das kostbare Gut des Gehorsams auch einander erweisen" (Kap. 71). Zu diesem gegenseitigen Gehorsam gehört insbesondere die feine taktvolle Rücksichtnahme auf die Wünsche und Schwächen der anderen. Hierzu bietet das gemeinsame Leben ungezählte kleine Gelegenheiten, die aber durch innere Liebe und Demut geadelt und geheiligt werden.

 

Dies demütig dienende sich Anpassen an die Eigenart anderer erzieht zur Selbstlosigkeit, die "nicht sucht, was einem selbst nützt, sondern was dem anderen frommt" (Kap. 72). Solch selbstlose Güte und Hilfsbereitschaft könnte die klösterliche Gemeinschaft zu einem Paradies auf Erden machen. Wer sich darum müht, dient nicht nur dem einzelnen Mitbruder, sondern der ganzen Gemeinschaft, die dadurch gehoben und verklärt wird. Selbstlos gütige Menschen sind der Sonnenschein des Klosters und tragen nicht wenig dazu bei, dass alle ihres Berufes froh und dankbar werden. Darum zählen sie zu denen, die zum inneren Aufbau der Gemeinschaft am meisten beitragen.

 

Dass die gegenseitige Liebe nicht in die Niederungen natürlicher oder gar sinnlicher Neigung herabsinke, mahnt der hl. Benedikt: "Die brüderliche Zuneigung in reiner Liebe sich schenken" (Kap. 72). Jede ungeordnete Liebe würde das Herz zwischen Gott und den Menschen teilen und damit "den Frieden des Herzens stören, zu Privatfreundschaften führen, welch die gemeinsame Liebe hindern, die Autorität der Obern und die Einheit des Klosters gefährden. Edle brüderliche Liebe ist ein höheres Gut als die beste Freundschaft" (Constit. Conge. Beur. in Cap. 69 S. Reg.). Eine besondere Liebe dürfen nach dem hl. Benedikt die Oberen erwarten. Sie tragen mit am schwersten die Lasten der klösterlichen Gemeinschaft und verdienen deshalb von deren Seite eine "aufrichtige demütige Liebe" (Kap. 72), zu der es jeden edlen Mönch von selbst drängen wird.

 

 


Letzte Änderung: 13.12.2011 um 01:12

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