Lehre der Kirche

Wenn manche Leute den Satz "Lehre der Kirche" hören, dann verdrehen sie die Augen und stellen auf Durchzug! Dabei keinen sie kaum oder gar nicht die offizielle Lehre der römisch katholischen Kirche. Sie hören, lesen und sehen das, was viele Medien aus ihr machen.

Möchten sie wissen, was die Kirche durch ihr Lehramt wirklich sagt?

Dann nutzen sie die Unterpunkte, um das nachzulesen, was sie  schon immer interessiert hat.

Viel Freude und vor allem viel Heiligen Geist dabei!

Noch etwas, für alle Texte der Päpste gilt selbstverständlich:

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Das katholische Glaubensbekenntnis 91

Posted by ksf (ksf) on 03.11.2010
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2) DER SINN DES LEIDENS

a) Das Leiden als Läuterung

Das Christentum weist uns auch auf manche positiven Seiten des Leidens hin. Das Leid ist vor allem eine unersetzliche Schule für die innere Läuterung des Menschen. Das Leid macht den Menschen innerlich sensibel: Er fühlt seine eigene Schwäche und wird so verständnisvoll für die Schwäche seiner Mitmenschen; er leidet an seinem eigenen Versagen und wird dadurch gütig beim Versagen der anderen; er stößt schmerzlich an seine eigenen Grenzen und versteht so auch leichter die Grenzen seiner Mitarbeiter; er muss seine eigenen Unvollkommenheiten ertragen und ist so auch bereit, die Fehler der anderen zu ertragen. Das Leid ist eine Schule der Demut, des Verstehens, des Erbarmens, der Güte und der Geduld. Es lehrt den Menschen das Wesentliche zu erkennen und verleiht ihm so eine tiefe Weisheit. Es lehrt ihn aber auch, schwierigste Situationen zu meistern und lässt ihn verborgendste Kräfte der Seele entdecken. Es zeigt ihm schließlich auch, wer und was ihm in diesen fürchterlichen Zeiten einen inneren Halt gibt: der treue Ehepartner, der gute Freund, der Glaube, das Gebet. Viele große Menschen sind erst durch das Leid gereift und zu wahrer Menschlichkeit emporgewachsen. Es gibt wohl keinen reifen Menschen, der nicht auch durch das Leid zu seiner Reife gefunden hat. Das Leid eröffnet uns die tiefste Schau des Lebens: Es blickt tiefer als der klarste Verstand, es ahnt mehr als die reinste Liebe. Das Leid ist das tiefste Lied unseres Lebens!

b) Das Leid als Herausforderung

Aus christlicher Sicht können wir auch sagen, dass das Leid eine ungeheuere Herausforderung an die Liebe darstellt. Immer wieder zeigt es sich, dass das Leid größte Kräfte der Liebe freisetzt. Denken wir nur daran, wie viele Menschen sich in den vergangenen Jahren für Menschen in Not eingesetzt haben: Für die Opfer von Naturkatastrophen, für die Hungernden, für die Flüchtlinge, für die Opfer von Krieg und Gewalt... Wie viele Menschen setzen sich aber auch im privaten Bereich für leidende Mitmenschen ein: für die Kinder, die ihre Mutter verloren haben; für den alten Mann, dessen Frau gestorben ist; für die Nachbarin, die einen Autounfall gehabt hat; für den Sportkameraden, der eine Querschnittlähmung erlitten hat. Das Leid ist wirklich eine mächtige Herausforderung der Liebe!

Das Leid kann aber auch eine Herausforderung zur Versöhnung sein. Wie oft kommt es vor, dass das Leid verfeindete Menschen wieder zusammen führt: Zwei verfeindete Brüder treffen sich am Sterbebett ihrer Mutter und schließen nach langer Zeit endlich Frieden. Zwei getrennte Ehepartner kommen nach der schweren Operation ihres Kindes zusammen und beginnen wieder miteinander zu reden. Die jahrelang zerstrittenen Nachbarn begegnen sich nach einer Unwetterkatastrophe und geben einander die Hand. Die politischen Gegner versuchen nach zermürbenden Kämpfen wieder einen konstruktiven Dialog zu führen. Die verschiedenen Parteien sind nach einem blutigen Bürgerkrieg bereit, miteinander Frieden zu schließen. Je unerträglicher das Leid wird, desto unüberhörbarer wird auch seine Herausforderung zur Versöhnung!

Das Leid kann aber auch eine geistige Herausforderung sein. Viele Menschen werden durch die Erfahrung von Leid sehr intensiv dazu angeregt, über die geistigen Ursachen dieses Leidens nachzudenken. Bei den meisten modernen Menschen ist es vor allem das Leid an der Sinnlosigkeit des eigenen Lebens, das sie zum Nachdenken führt. Zu allen Zeiten aber war das Leid für viele große Menschen der Anstoß zu neuen Gedanken, Wertvorstellungen, Kunstwerken, Erfindungen. Denken wir nur an Beethoven, Kierkegaard, Heidegger, Jaspers, Kafka, Musil, Camus, Kollwitz, Sauerbruch, Braille, Frankl - sie alle wurden auf verschiedensten Gebieten durch die Konfrontation mit dem Leid zu größten geistigen Leistungen herausgefordert!

Das Leid kann schließlich auch Berufungen herausfordern. Oft haben Menschen erst durch die intensive Begegnung mit dem Leid zu ihrer eigentlichen Berufung gefunden. Sie haben plötzlich die Berufung verspürt, sich für ganz bestimmte Menschen oder für eine ganz bestimmte Sache einzusetzen und damit einem großen Leid abzuhelfen. Denken wir an Henri Dunant, den Gründer des "Roten Kreuzes", an Albert Schweitzer, den Urwalddoktor von Lambarene, an Mahatma Gandhi, den Vater des unabhängigen Indien, an Martin Luther King, den Vorkämpfer der Farbigen in den USA, an Mutter Teresa von Kalkutta und Schwester Emmanuelle von Kairo, die alle durch ein besonderes Leid so betroffen waren, dass ihnen aus diesem Leid ihre Lebensberufung erwuchs. So wird das Leid oft gerade für die Besten zuw. Anlass ihrer eigentlichen Berufung!

c) Das Leid als Sühne

Aus christlicher Sicht kann das Leid auch eine Sühne für andere Menschen sein. Die Sühne ist ein freiwilliges Leid für andere, das viele Menschen retten kann. Wer z.B. einen Trinker erträgt, sorgt dafür, dass er nicht zugrunde geht. Wer ein schwieriges Kind aushält, gibt ihm eine Chance, dass es nicht verloren geht. Wer einen Depressiven geduldig behandelt, kann ihm über eine schwere Krise hinweghelfen. Wer einen schwachen Mitarbeiter nicht fallen lässt, bewahrt ihn und seine Familie vor dem Absturz. Wenn ein Mensch bereit ist, die Schwäche eines anderen zu ertragen, wird diese Schwäche abgetragen. Wenn einer bereit ist, das Böse eines anderen auf sich zu nehmen, wird dieses Böse überwunden. Auf diese Weise werden die Schwächen und das Böse vieler Menschen abgefangen und abgeleitet. Sie können diesen Menschen dann keinen Schaden mehr zufügen. So aber wird das Leid des einen zum Segen für den anderen. So wird das Leid der Sühne zum Ausgleich für das Schwache und Böse. Das Leid der Sühne hält die Welt im Gleichgewicht!

Der sühnende Mensch ist vielleicht der einzige, der die heutige Welt noch retten kann: er allein ist imstande, den anderen die Waffen des Bösen gewaltlos aus der Hand zu nehmen. Der sühnende Mensch ist aber auch ein unüberhörbarer Aufruf zur Umkehr: seine Bereitschaft zum wehrlosen Leid wird für viele zur unwiderstehlichen Aufforderung, sich endlich zu bekehren. So ist das Leid der Sühne etwas vom Gewaltigsten, das das Christentum der Welt von heute zu verkünden hat: es ist die einzige Macht, die die heutige Welt noch heilen kann!

d) Das Mit-Leid Gottes

Alle diese Deutungen des Leidens aus christlicher Sicht sind von beachtlicher Tiefe. Aber sie sind dennoch nicht imstande, die entsetzlichen Abgründe des Leidens auszuloten. Wir alle spüren, dass das Leid tiefer reicht als die tiefste Theologie. Und auch die Theologie selbst weiß, dass sie das Leid oft nicht erklären kann. Bedeutet diese theologische Verlegenheit nun aber, dass das Christentum gerade beim Leid mit seiner Weisheit am Ende ist? Hat das Christentum im Grunde auf diese entscheidende Frage auch keine Antwort?

Doch, das Christentum hat eine Antwort! Aber diese Antwort ist so ganz anders, als wir sie uns je erwartet hätten. Erst jetzt, da alle theologischen Erklärungen sich als unzulänglich erweisen, ist für das Christentum der Augenblick gekommen, um seine tiefste Offenbarung über das Leid mitzuteilen. Es verkündet uns, dass Gott selbst in Christus auf die Welt gekommen ist, um das Leid persönlich auf sich zu nehmen. Es verkündet uns, dass Gott Mensch geworden ist, um sich des menschlichen Leidens annehmen zu können. Gott hat sich in Christus ganz und gar dem Leid ausgeliefert und hat das Leid seelisch und körperlich in seinen grausamsten Formen erfahren. Er wurde in Christus in fürchterlichster Weise vom Leid heimgesucht: er wurde verfolgt, gequält, gefoltert, gemartert und schließlich gekreuzigt! Dieser Gott hat sich in Christus zutiefst mit dem leidenden Menschen solidarisch erklärt, er hat allen menschlichen Schmerz, alles Dunkel und Verzweifelte des Leidens mit dem Menschen geteilt. Das Leid des Menschen war diesem Gott nicht gleichgültig, sondern war für ihn Anlass genug, selbst Menschengestalt anzunehmen.

Nach dieser Offenbarung des Christentums hilft Gott dem Menschen also "nicht mit seiner Allmacht, sondern mit seiner Schwäche." (Dietrich Bonhöffer) Die Antwort Gottes auf das Leid des Menschen ist also weder eine umfassende Erklärung, noch ein spektakuläres Wunder, sondern Christus, der Gekreuzigte! Diese Offenbarung des Christentums sagt uns letztlich, dass Gott das Leid des Menschen zu seiner ganz persönlichen Angelegenheit gemacht hat. Damit aber beseitigt das Christentum "den Skandal eines tyrannischen Gottes, der sich am Leid seiner Geschöpfe erfreut, schafft aber dafür einen noch größeren Skandal." (Jacques Natanson)

In keiner anderen Religion wird das Leid so persönlich von Gott getragen, wie im Christentum. Der christliche Gott hat sich den Menschen gleichgemacht und trägt gemeinsam mit ihnen das viele Leid, das durch die Schwäche, das Böse und das Übel verursacht wird. Durch sein Beispiel lehrt er die Menschen, wie sie das Leid tragen sollen. Er schenkt ihnen auch die Kraft, das Leid in Geduld zu ertragen. Gott ist dem Menschen nirgends so nahe wie im Leid. So können wir schließlich sagen: Gott hat in Christus "das Leid nicht unterdrückt; er wollte auch nicht sein volles Geheimnis enthüllen: er hat es auf sich genommen und das genügt, dass wir seinen vollen "Wert begreifen." (II. Vatikanum, Schlusserklärung)

 

ZUSAMMENFASSUNG:

DAS LEID

1) Mögliche Erklärungen für das Leid

a) Das schuldige Leid

b) Das unschuldige Leid

c) Das absurde Leid

d) Die Begrenztheit der Welt

2) Der Sinn des Leidens

a) Das Leid als Läuterung

b) Das Leid als Herausforderung

c) Das Leid als Sühne

d) Das Mit-Leid Gottes

Last changed: 04.11.2010 at 11:09

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