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Eine griechische Homilie

Geschrieben von (ksf) am 30.10.2011
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Eine griechische Homilie aus dem 4. Jahrhundert

 

Über das heilige Pfingstfest; PG 59, 743

«Niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen außer dem, der vom Himmel herabgestiegen ist»

 

Für mich ist der Kreuzesbaum der Baum des ewigen Heils. Er ernährt mich und ist meine Wonne. Ich verwurzle mich durch seine Wurzeln, und strecke mich aus durch seine Äste. Sein Tau reinigt mich und sein Geist, einem erfrischenden Luftzug gleich, macht mich fruchtbar. In seinem Schatten stelle ich mein Zelt auf; ich fliehe die große Hitze und finde dort einen kühlen Zufluchtsort. Seine Blüten lassen mich erblühen, und aus seinen Früchten gewinne ich meine großen Wonnen. Diese Früchte waren von Anfang an für mich bestimmt, unbegrenzt kann ich mich ihrer erfreuen... Wenn ich erzittere vor Gott, schützt mich der Baum; wenn ich schwanke, stützt er mich; er ist mein Kampfpreis und meine Siegestrophäe. Er ist für mich der schmale Weg, der steile Pfad, die Jakobsleiter, auf der die Engel auf und nieder steigen und der Herr oben steht (Mt 7,14; Gen 28,12).

Dieser Baum von himmlischen Ausmaßen reicht von der Erde bis in den Himmel, ein unsterbliches Gewächs, das mitten zwischen Himmel und Erde steht. Er trägt alles, stützt das Universum, ist Rückhalt der bewohnten Welt, umfasst den Kosmos, vereint die verschiedenen Elemente der menschlichen Natur. Er wird durch die unsichtbaren Klammern des Geistes zusammengehalten. So passt er sich ans Göttliche an und kann niemals von diesem getrennt werden. Er berührt mit seinem Wipfel den höchsten Himmel, verfestigt mit seinen Wurzeln die Erde und umschlingt mit seinen gewaltigen Armen die zahllosen Zwischenräume der Atmosphäre. So ist er unversehrt und ganz in Allem und überall...

Es fehlte nur wenig, und das Universum wäre zerstört worden, wäre angesichts der Passion Christi vor Schrecken zerfallen, wenn Jesus in seiner Größe ihm nicht den göttlichen Geist eingegossen hätte und, an den Vater gewandt, gesagt hätte: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist“ (Lk 23,46)... Alles war ins Wanken geraten; als jedoch der göttliche Geist wieder zum Himmel aufstieg, wurde das Universum irgendwie wiederbelebt, verlebendigt und fand zurück zur alten Stabilität. Gott war überall in allem, und die Kreuzigung erstreckte sich über alles und jedes.

 

 


Letzte Änderung: 31.10.2011 um 15:33

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