Heilige
Heilige Walburga |
Lebensbeschreibung der hl. Äbtissin Walburga
und Geschichte des hl. Walburgis-Öles
I. Walburga, das heilige Kind heiliger Eltern
Die heilige Jungfrau und Äbtissin Walburga gehört zu jenen Heiligen, die mit dem großen Apostel der Germanen, dem hl. Bonifazius in aufopfernder Lebensarbeit unserem deutschen Vaterland den Segen des Christentums brachten. Sie ist ein herrlicher Stern am Himmel der Heiligen, der in den vielen Jahrhunderten, die seit ihrem Erdendasein verflossen sind, nichts von seiner ursprünglichen Leuchtkraft verloren hat. Nicht nur Deutschland, das ihr so viel verdankt, sondern fast alle Länder unserer Erde lieben und verehren in ihr eine mächtige mütterliche Fürbitterin und eine große Wundertäterin. St. Walburgas Leben und Wirken ist mit dem ihres heiligen Oheims Bonifazius und ihrer heiligen Brüder Willibald und Wunibald so eng verknüpft, daß wir beinahe ihren ganzen Lebenslauf nur in Verbindung mit dem der heiligen Glaubensboten verfolgen können.
Walburga war das heilige Kind heiliger Eltern, die durch ihr frommes Beispiel und gottseliges Leben ihre Tochter zu ihrem späteren großen Beruf als Ordensfrau und Glaubensbotin würdig vorbereiteten. Walburgas heiliger Vater war der angelsächsische Fürst Richard, in der Grafschaft Dorset ansäßig, ihre Mutter die selige Wuna, die der Kirche Gottes nicht nur eine heilige Tochter, sondern auch zwei heilige Söhne, Willibald und Wunibald schenkte, die einzigen Geschwister Walburgas, deren Namen uns die Geschichte überliefert hat. Walburgas Geburtsjahr wird um 710 angenommen. Sie muß noch ganz jung gewesen sein, als ihre zwei älteren Brüder, von Glaubensgeist und Verlangen nach einem heiligen Leben beseelt, ihren schon bejahrten Vater baten, eine Pilgerfahrt nach den heiligen Stätten mit ihnen anzutreten; es war im Jahr 720. Willibald war in der Benediktinerabtei Waltham in Essex erzogen worden und wahrscheinlich schon Mönch, als er mit dem begeisterten Plan einer Pilgerfahrt vor seinen Vater trat, um mit Erlaubnis seines Abtes die Reise zu unternehmen. Wunibald, der Jüngere und Zartere, Walburgas Lieblingsbruder und Spielgefährte, wuchs im elterlichen Hause auf. Vom heiligen Richard berichtet die Überlieferung weiter, daß dieser Mann nach dem Herzen Gottes vor der Fahrt ins Heilige Land auf den größten Teil seiner irdischen Güter verzichtete, für seine Familie väterlich sorgte und seine kleine, ihm so teure Walburga der Äbtissin Tetta im Kloster zu Wimborn in Dorset zur Erziehung übergab.
II. Walburga im Kloster zu Wimborn
Zu jener Zeit war Wimborn ein blühendes Doppelkloster von Benediktinermönchen und -nonnen, weit berühmt als Pflegestätte des Gotteslobes und der Wissenschaft, wo sich die gottgeweihten Jungfrauen auch der Erziehung der weiblichen Jugend widmeten. Tetta wird uns als eine gelehrte, an Herzens- und Geistesgaben hervorragende Frau geschildert; mit großer Klugheit leitete sie ihren zahlreichen Konvent von 500 Nonnen nach der Regel des heiligen Vaters Benediktus und wußte klösterliche Disziplin und Ordnung wohl aufrecht zu erhalten. Klein Walburgas Stimmung nach dem Abschied vom geliebten Vater mag wohl eine etwas furchtsam wehmütige gewesen sein; doch gar bald fand sie sich, als Fürstentochter an ein höfisches Leben gewöhnt, in den neuen Verhältnissen zurecht. Dazu verhalf ihr ganz besonders das liebreizende Wesen und Gemüt ihrer Tante, der heiligen Lioba, ihrer späteren Novizenmeisterin. Walburga wurde in allen ihrem Stande entsprechenden Wissenschaften und Künsten wohl unterrichtet, und ihre Biographen sagen, daß sie sowohl durch außergewöhnliche Begabung als auch durch ungemein anziehende, liebenswürdige Charaktereigenschaften unter den Klosterschülerinnen hervorragte und darum bald aller Herzen gewann. In Wimborn lernte Walburga auch die ganze Schönheit der Liturgie unserer heiligen Kirche kennen und lieben. Denn in der herrlichen Abteikirche, die vom Westsachsenkönig Ina erbaut war, entfaltete sich der Gottesdienst mit größtmöglicher Pracht und Freierlichkeit. Der Choralgesang wurde damals bereits von Orgenspiel begleitet und die reichen priesterlichen Gewänder wurden von den Nonnen selbst gearbeitet, die mit kunstgeübter Hand in Gold, Silber und buntfarbigen Seidenfäden die kostbarsten Stickereien fertigten; denn die angelsächsischen Frauen besaßen für diese Arbeiten besonders Talent und Geschick. So nahm denn Walburga in dieser Pflanzstätte christlichen und klösterlichen Lebens und Wirkens all das in reicher Fülle in sich auf, was sie zur späteren großen Glaubensbotin befähigte. Schon ihrem Vater hatte Walburga ihr Verlangen mitgeteilt, sich Gott ganz im Ordensstand zu weihen. Hier in Wimborn reifte mit Gottes Gnade während einer langen Reihe, in Gebet, Studium und Arbeit verbrachter Jahre, die Neigung zum festen Entschluß.
In diese Zeit fällt die Trauerbotschaft vom Tod des heiligen Richard. Dem frommen Fürsten war es nicht vergönnt gewesesen, das Ziel seiner Pilgerfahrt, das Heilige Land, zu schauen, ja nicht einmal die heiligen Stätten zu Rom. Die lange, beschwerliche Reise, die ungenügenden Herbergen, der Klima- und Witterungswechsel hatten zu große Anforderungen an den alternden Mann gestellt. Zu Lucca ereilte ihn ein heftiges Fieber, dem er trotz der liebevollsten Pflege seiner beiden Söhne in kurzem erlag. Dort wo er starb, wurde er auch in der Kirche des heiligen Frigidian begraben und von Gott durch viele Wunder verherrlicht. Sein Fest wird am 7. Februar begangen. Erst ein Jahr nachher oder später kam die Kunde nach Wimborn. Walburga, mit Herz und Sinn ganz auf Gott gerichtet, ertrug geduldig und ergeben den ersten großen Schmerz ihres Lebens. Auch Willibald und Wunibald hatten Krankheit und Mühsal genug zu bestehen und konnten erst nach längerer Zeit die heiligen Stätten aufsuchen. Willibald genas schneller und pilgerte 722 mit einigen Gefährten ins Heilige Land, während Wunibald, dessen Gesundheit schwächer war, zu Rom im Kloster des heiligen Andreas verblieb. Willibald ist wohl kaum noch einmal in sein Vaterland zurückgekehrt, sondern widmete sich nach siebenjähriger mühevoller Wallfahrt dem stillen Klosterleben auf Monte Cassino unter dem Abt Petronax.
Während all dieser Zeit hatte Wunibald im Kloster des heiligen Andreas zu Rom gelebt, war dann nochmals länger in England gewesen, wo er Familienangelegenheiten ordnete und eine Anzahl Freunde und Verwandte, auch einen jüngeren Bruder, für den Ordensberuf begeisterte und gewann. Mit diesen traf er spätestens 738 in Rom ein, wo der hl. Bonifazius in diesem Jahr schon zum drittenmal Missionare für das große Arbeitsfeld nördlich der Alpen sammelte. Auf Wunsch und Befehl des Papstes Gregor III. schloß Wunibald sich mit mehreren Gefährten dem Apostel der Germanen an. Wunibald wurde von ihm nach Thüringen gesandt und an die Spitze mehrerer Klöster gestellt. Im Jahre 740 wurde auch Willibald anläßlich eines Aufenthaltes in Rom vom gleichen Papst nach Deutschland gesandt, um dem hl. Bonifazius bei der Missionierung notwendige Hilfe zu leisten. Er wurde zum ersten Bischof von Eichstätt geweiht und bei dieser Gelegenheit erst war den frommen Brüdern nach so vieljähriger Trennung ein Wiedersehen beschieden. Die Namen und die Geschichte so vieler, zum Teil längst entschwundener, zum Teil noch blühender Klöster erzählen von der überaus fruchtbaren und segensreichen Wirksamkeit der beiden Heiligen.
III. Walburga wird nach Deutschland berufen;
ihr segensreiches Wirken in Heidenheim
Die Erntearbeit im Weinberg des Herrn war übergroß, der Arbeiter aber immer noch zu wenige. Namentlich machte sich das Bedürnis nach Hilfskräften geltend, die erfahren und geeignet waren, die Erziehung der weiblichen Jugend zu übernehmen. Mehrmals sandte der hl. Bonifazius Bittschriften nach England, besonders in das Kloster Wimborn, wo sich mehrere Verwandte des großen Apostels befanden. Seine Bitte fand Gehör und im Jahr 748 landete ein kleiner Zug angelsächsischer Benediktinernonnen in den Niederlanden, wo unsere Heilige heute noch vielerorts, so in Antwerpen, hoch verehrt wird.
St. Bonifazius und seine heilige Base Lioba hatten schon früher im Briefwechsel miteinander gestanden und sie war es auch, die auf besonderen Wunsch des Heiligen zur Führerin der kleinen Schar ernannt ward, von der nur einige Namen auf uns gekommen sind. Schon auf dieser beschwerlichen und gefahrvollen Reise leuchtet Walburga mit der Gabe der Wunder und stillt einen heftigen Meeressturm. Im Kloster St. Walburg wird am 4. August das Gedächtnis ihrer Ankunft in Deutschland gefeiert. In Mainz sah Walburga zum erstenmal ihren großen heiligen Verwandten Bonifazius und wurde von ihm nach Thüringen gesandt, wo ihr Bruder Wunibald wirkte. Dieser wies ihr zu fernerem Aufenthalt eines der Frauenklöster in Thüringen an, vielleicht Ochsenfurt oder Kissingen. wahrscheinlicher aber blieb sie während der nächsten Jahre in Bischofsheim ob der Tauber unter der Leitung der hl. Lioba, die dort Äbtissin geworden war. Im Jahr 750 war bereits der hl. Wunibald in den zur Diözese erhobenen Sprengel Eichstätt, auf das gleiche Arbeitsfeld zu seinem Bruder Willibald gezogen. Um die vollständige Bekehrung des neuen Bistums leichter zu ermöglichen und zu vollenden, legten die beiden Brüder auf dem sogenannten Sualafeld am Hahnenkamm den Grund zu dem Doppelkloster Heidenheim. Sobald die wüste, unbebaute Gegend einigermaßen urbar gemacht und mehrere Zellen erbaut waren, beriefen die heiligen Brüder ihre Schwester Walburga mit mehreren andren gottgeweihten Jungfrauen dorthin. Wunibald wurde als Abt des Mönchsklostes von nun an auch der geistliche Vater und Führer seiner frommen Schwester, die, zur Äbtissin ernannt, alsbald mit ihren Nonnen ein überaus gesegnetes Wirken begann. Um auch den kommenden Geschlechtern die Früchte des neu erblühten Christentums zu sichern, war ihr erstes Unternehmen die Errichtung einer Schule. Walburga war ganz im Geiste ihrer gelehrten heiligen Base Lioba herangewachsen und -gebildet und shcon durch ihre natürlichen Gaben außerordentlich befähigt, die Herzen der Jugend zu gewinnen. So zeitigte denn ihr opfervolles Wirken die schönsten Früchte. Weit im Umkreis von Heidenheim waren Wunibalds und Walburgas Klöster der Mittelpunkt des ganzen christlich-religiösen und karitativen Lebens. Denn schon damals vereinigten die Nonnen mit derVerstandes- und Herzensbildung der ihnen anvertrauten Jugend im Geist des Christentums auch jegliche Hilfe und Fürsorge in leiblicher Not und Krankheit. Der unermeßliche Segen, der sich nach außen hin kund tat, war die Wirkung des ganz in Gott gegründeten Glaubens- und Gehorsamslebens, das Walburga mit ihren Gefährtinnen aus Liebe zu den Seelen, fern der Heimat, auf sich genommen hatte.
In diese Jahre stillen, heiligen Wirkens fallen zwei wunderbare Begebenheiten, die besonders lieblich und hell das gottgeeinte Leben der hl. Walburga beleuchten. Eines Abends trieb sie die Nächstenliebe zu dem nahen Sitz eines Edelmannes, dessen Tochter, noch ein zartes Mägdlein, in schwerer Krankheit darniederlag. Als die scharfen Wachhunde der Heiligen den Eintritt wehrten, wurden die wild aufbellenden Tiere augenblicklich durch Walburgas Gebet beschwichtigt. Nach einer langen, in inbrünstigem Flehen am Krankenbette des Kindes verbrachten Nacht, konnten die beglückten Eltern ihr Töchterlein gesund und blühend, wie ehedem, in die Arme schließen. Walburga nahm die ihr angebotenen reichen Geschenke nicht an, sondern gab Gott die Ehre und den Dank für die erlangte Gnade.
Das Wunder betraf die Klostergemeinde selbst. Einst, da Walburga länger als gewöhnlich dem Gebete oblag und es bereits dunkel geworden war, bat sie ihren Kirchendiener Gomerandus um Licht. Der aber, des langen Wartens müde, weigerte sich zu gehorchen. Walburga, sanft und geduldig, tastete sich in stockfinsterer Nacht in ihr Kloster, wo die Nonnen wegen Mangel an Licht auch im Dunkeln ihr Abendbrot einnahmen. Walburga aber begab sich zum Beten in ihre stille Zelle. Da geschah das Wunderbare. Ein taghelles Licht durchflutete mit einem Male alle Räume des Klosters. Die freudig erschreckten Nonnen eilten, ihre Mutter aufzusuchen, die sie in tiefem Gebet mit Gott vereinigt fanden. Sogleich wußten sie, wem sie das wunderbare Licht zu verdanken hatten. Die heillige Äbtissin gab wiederum Gott allein die Ehre: "Dir, o Herr, dem zu dienen ich mich von Kindheit an entschlossen habe, danke ich für diese verliehene Gnade und preise dich." Das Licht erlosch nicht bis zum neuen Morgen. -
So verbrachte Walburga viele Jahre in frommem, gottinnigem Wandel und im Wohltun für den Nächsten. Im Jahre 754 ereilte die heiligen Geschwister zu Heidenheim die erschütternde Trauerkunde vom Martertod des heiligen Bonifazius und seiner 70 Gefährten auf Dokkum in Friesland. Die Schüler des großen heiligen Glaubensboten bedurften besonderer Gnade und starken Mutes, um diesen furchtbar harten Schlag in christlicher Geduld zu ertragen; denn sie verloren ja ihren Führer und Vater, den Begründer des Christentums in Germanien, den Felsen, auf dem es bis jetzt geruht. Nicht viele Jahre später sollte über Walburga eine noch größere Prüfung kommen, ihre Tugend noch härter erprobt weren. St. Wunibald, dessen Gesundheit von Kindheit an nicht sehr stark war, hatte seine ganze Kraft der Predigt des Evangeliums gewidmet und sie in diesem mühevollen Werk fast gänzlich verzehrt. Der furchtbare und gewaltame Tod des heiligen Bonifazius war der mittelbare Anlaß zu Wunibalds letztem Siechtum, dem er am 18. Dezember 761 erlag. Er verschied in den Armen des heiligen Willibald, der aber gleich nach der Bestattung seines Bruders zu seiner neubekehrten Herde zurückkehren mußte. Bei Wunibalds Leichenbegängnis sollen die Kirchenglocken von Heidenheim von selbst zu läuten angefangen und die Altarkerzen sich ohne menschliche Hilfe entzündet haben. So wurde schon damals das heilige Leben und Sterben diesees Gottesmannes bezeugt.
Walburgas Trauer um den Verlust ihres geliebten Bruders, ihres heiligen Führers und Beraters, an dessen Seite sie etwa ein Jahrzehnt segensreich gewirkt, war groß und schmerzlich und doch durfte sie sich der Trauer nicht allzusehr überlassen, denn ihrer wartete eine große Aufgabe. Bevor Willibald Heidenheim verließ, übertrug er seiner Schwester auch die Leitung des verwaisten Mönchsklosters. Sie schien ihm vermöge ihrer Tugenden und Geistesgaben mehr als alle übrigen befähigt, die neue Bürde und Würde auf sich zu nehmen. Walburga mag wohl die erste Äbtissin gewesen sein, die in Deutschland ein Doppekloster regierte. Nach ihr bringt die Geschichte noch mehrere solche Beispiele. Gestützt auf Gottes Gnade und die mächtige Fürsprache ihres seligen Bruders Wunibald, der von seinem Tode an allgemein als Heiliger verehrt wurde, stand Walburga mit Festigkeit und Milde, allen ein leuchtendes Vorbild, den beiden Klöstern zu Heidenheim vor.
IV. Walburgas heiliger Tod;
ihre Wunderkraft bis auf den heutigen Tag
Bis zum Jahre 779 wirkte die große Äbtissin und Glaubensbotin unermüdlich durch Gebet und Arbeit an der Christianisierung und Kultivierung des Bistums Eichtstätt. Über ihr seliges Hinscheiden berichtet die Geschichte nur Spärliches. Das Heidenbrünnlein ist noch ein alter stummer Zeuge vergangener Zeit. Könnte es reden, viel Wunderbares und Liebliches würden wir vom opfervollen Leben und Wirken der heiligen Walburga erfahen. So wissen wir nur, daß sie an einem Donnertag, dem 25. Februar 779, umgeben von den trauernden Klosterfrauen, für immer von den Ihrigen ging, um reichen Lohn in lang und heiß ersehnter ewiger Freude zu empfangen. Vielleicht kam der heilige Willibald noch vor ihrem Tode; vielleicht hatte sie den Trost, von ihm die heiligen Sterbesakramente zu empfangen. Walburga ershien nach ihrem Tode, noch vor dem Begräbnis, vielen, sowohl Ordensleuten als wie auch anderen, von einem wunderbaren Licht und Glorienschein umgeben. Von ihrem heiligen Leib ging ein lieblicher Wohlgeruch aus und erfüllte Kirche und Kloster. Willibald bestattete seine heilige Schwester neben dem heiligen Wunibald in der Klosterkirche zu Heidenheim. Obwohl die heilige Walburga von ihrem Tode an verehrt und in vielen Nöten des Leibes und der Seele angerufen wurde, geriet doch schon im folgenden Jahrhundert ihr Grab mehr und mehr in Vergessenheit. Bischof Otkar, auf eine wunderbare Erscheinung der hl. Walburga hin dazu veranlaßt, ließ die hl. Gebeine Wunibalds und Walburgas im Jahre 870 feierlich nach Eichstätt übertragen. Nach dreitägiger öffentlicher Verehrung wurde der Sarg mit St. Wunibalds Gebeinen wieder nach Heidenheim verbracht, die der hl. Walburga in der Kreuzkirche zu Eichstätt verwahrt. Bald darauf gründete die Heidenheimer Nonne Lioba oder Liobilla mit ihrem Vermögen auf den ihr gehörigen Gütern in Monheim ein Kloster für Benediktinerinnen, da in Heidenheim ihres Bleibens nicht länger war. Lioba hatte den sehnlichsten Wunsch, wenigstens einen Teil von Walburgas hl. Gebeinen zu besitzen, und nach vielen dringenden Bitten und Fürbitten verstand sich Bischof Erchanbold zu einer Teilung der Reliquien. Bei dieser Erhebung wurde zum erstenmal das sogenannte Walburgisöl wahrgenommen, welches nach Art großer Tautropfen die hl. Gebeine bedeckte. Man sammelte einiges davon und es erwies sich schon damals als heil- und wundertätig. In diese Zeit fällt auch Walburgas feierliche Heiligsprechung. Einige verlegen diese beiden Ereignisse auf den gleichen Tag, den 1. Mai 892, der bis heute in Eichstätt als Fest der Kanonisation der hl. Walburga mit feierlicher Oktav begangen wird. In Monheimv erblieben die dorthin übertragenen hl. Gebeine bis zum Jahre 1542, als auch dort die Religionserneuerung mit Gewalt eingeführt wurde. Seitdem verlor sich jede Spur dieser hl. Reliquien. Zur selben Zeit, da in Monheim Freude und Jubel über den neuerworbenen Reliquienschatz herrschte, brach unter den Eichstätter Bürgern Trauer und Unwille aus. Da diese nämlich im Glauben waren, alle Gebeine ihrer so hochverehrten heiligen Schutzfrau seien weggebracht worden, ließ Bischof Erchanbold den Schrein, der die hl. Reliquien enthielt, nochmals öffnen und dem versammelten Volk zur Beruhigung zeigen. Von da an nimmt die Verehrung der hl. Walburga beständig zu. -
Im Jahre 1035 wurde vermöge einer Stiftung des Eichstättischen Domherrn, Grafen Leodegar von Graisbach und Lechsgemünd, der Grund zur jetzigen Abtei St. Walburg gelegt. An Stelle der Kreuzkirche und des dazugehörigen, bereits verfallenen Klosters erbaute Bischof Heribert eine neue Kirche zu Ehren der hl. Walburga und daneben ein Kloster, in das er mehrere Benediktinerinnen aus dem Stift Nonnberg bei Salzburg berief. Die erste Äbtissin des neuen Klosters war Imma, eine Nichte des Stifters Leodegar. Bei dieser Gelegenheit wurden die Reliquien der hl. Walburga nochmals erhoben; dann wurden ihre Brustgebeine in einen steinernen Sarg gelegt und hinter dem Hochaltar beigesetzt, wo sie bis auf den heutigen Tag ruhen. Diese letzte Übertragung, die in das Jahr 1042 fällt, wird noch alljährlich von den Bewohnerinnen der Abtei am 12. Oktober gefeiert. Von da an erscheint auch der heilige sogenannte Ölfluß als öffentliches Wunder. Er dauerte fort durch alle folgenden Jahrhunderte, und zwar jedes Jahr vom 12. Oktober, dem Tag der Übertragung, bis zum 25. Februar, dem Todestag der hl. Walburga.
Das sogenannte Walburgisöl ist eine kristallhelle, farb-, geschmack- und geruchlose Flüssigkeit, die perlenartig unter dem Sargstein sich bildet. Wegen des langsamen Herabfließens in dicken Tropfen wurde sie von jeher mit Öl verglichen und daher Walburgisöl genannt. Der Sarg, der die Gebeine der hl. Walburga umschließt, ist aus weißgrauem Kalkstein, wie er in unmittelbarer Nähe der Stadt Eichstätt gebrochen wird. Er ruht mit beiden Enden auf ebensolchen Steinen und bildet so eine kleine Höhle, deren obere Decke der Boden des Sarges ist. Das niederträufelnd "Öl" wird durch silberne Rinnen in vergoldeten Schalen gesammelt. Die Klosterfrauen der Abtei füllen es in kleine Glasfläschchen, und so wird es den Gläubigen nach Verlangen abgegeben und in alle Teile der Erde versendet. Den übernatürlichen Ursprung des hl. Walburgisöles bezeugt neun Jahrhunderte hindurch eine ununterbrochene Kette wunderbarer Heilungen. Viel ist im Laufe der Zeit gesagt, untersucht und geschrieben worden, um das Auftreten des Walburgisöles auf natürliche Weise zu erklären. Weil aber nur gläubige Christen es in jeglicher Krankheit und Not Leibes und der Seele vertrauensvoll anwenden, so erübrigt es sich, in diesem Büchlein, das für andächtige Verehrer der hl. Walburga geschrieben ist, auf die verschiedenen Ansichten und Urteile gläubiger sowie ungläubiger Naturforscher einzugehen. Wunderbar ist auch der Umstand, daß das hl. Walburgisöl bei freudigen, das Kloster betreffenden Ereignissen reichlicher und zu ungewöhnlicher Zeit fließt, während bei traurigen Anlässen der Ölfluß gänzlich stillstand, so damals als über Eichstätt (wegen Mißhandlung des Bischofs Friedrich II.) der Kirchenbann verhängt war. Erst als das Interdikt aufgehoben wurde und Bischof und Volk einen gemeinsamen Bittgang zu St. Walburgas Heiligtum machten, zeigte sich der Ölfluß wieder. Andererseits floß das hl. Öl z.B. am 7. Juni 1835, also zu außergewöhnlicher Zeit; es war der Tag, an dem König Ludwig I. die Genehmigung zur Wiedereröffnung des Klosters und zur Aufnahme neuer Novizinnen unterzeichnet hatte; die Urkunde traf jedoch erst mehrere Tage später in Eichstätt ein. Für das außergewöhnliche Fließen des Walburgisöles könnten noch mehrere Beispiele aus neuerer Zeit angeführt werden. Den Hüterinnen des Heiligtums zu St. Walburg gereicht es zu großem Trost und zu heiliger Freude, daß die Verehrung ihrer geliebten heiligen Schutzpatronin und das Vertrauen auf ihre wundertätige Hilfe immer mehr zunimmt. Je weiter sich die Kunde von der wunderbaren Helferin ausbreitet, desto mehr Krankheit wurd geheilt, desto mehr Not und Schmerzen gelindert; heute wird ihr Name allüberall vertrauensvoll angerufen und ihr hl. Öl andächtig gebraucht.
"Wunderbar ist Gott in seinen Heiligen."
KaMiRa
(Quelle: www.altmuehltal-fuehrungen.de)
Letzte Änderung: 27.09.2010 um 22:19
Zurück