Zitate von Kirchenlehrern

Hl. Johannes Chrysostomus - 3

Geschrieben von (ksf) am 09.02.2013
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Homilien über das Evangelium nach Matthäus, Nr. 7, 5

Folgen wir den Sterndeutern aus dem Osten

 

Machen wir uns auf den Weg wie die Sterndeuter. Mag die ganze Welt außer sich geraten: wir wollen freudig hineilen zum Kind. Mögen auch Könige oder Völker sich uns in den Weg stellen, so wollen wir in unserem Eifer nicht erlahmen; wir wollen allem drohenden Unheil entgegentreten. Hätten sie das Kind nicht gesehen, wären sie der Gefahr, die ihnen von König Herodes drohte, nicht entkommen. Bevor ihnen das Glück widerfuhr, waren sie zutiefst verunsichert. Nachdem sie das Kind angebetet hatten, zogen Friede und Sicherheit in ihr Herz ein.

Lassen also auch wir eine liederliche Stadt, einen blutrünstigen Despoten, allen Reichtum dieser Welt hinter uns und ziehen wir nach Bethlehem, dem geistigen „Haus des Brotes“. Wenn du ein Hirte bist, dann komm ganz einfach, und du wirst das Kind im Stall sehen. Wenn du ein König bist, dann nützen dir nichts deine prächtigen Kleider, nichts dein würdevolles Auftreten, wenn du nicht kommst. Wenn du ein Weiser bist wie die Sterndeuter, dann rettet dich all dein Wissen nicht, wenn du nicht kommst, um deine Ehrfurcht zu bekunden. Wenn du ein Fremder bist oder gar ein Barbar, du wirst in den Hofstaat dieses Königs aufgenommen... Es reicht, wenn du mit Beklommenheit und Freude kommst, also mit Gefühlen, die in einem wirklich christlichen Herzen wohnen...

Bevor du dieses Kind anbetest, lass alles fallen, was dich belastet. Leg ihm dein Gold zu Füßen: gib es den Armen, wenn du reich bist. Diese Männer aus dem fremden Land sind von so weither gekommen, um das Neugeborene zu sehen: wie wolltest du da nicht ein paar Schritte tun, um einen Kranken oder einen Gefangenen zu besuchen?... Die Sterndeuter haben Jesus ihre Schätze geschenkt – und du hast nicht einmal ein Stück Brot für ihn? (Mt 25,36f) Als sie den Stern sahen, waren ihre Herzen voller Freude; du siehst Christus in den Armen, denen alles fehlt – und du setzt dich darüber hinweg, bist nicht betroffen?

 

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Homilien zum Evangelium nach Matthäus, Nr. 49, 1-3

Die Brotvermehrung

 

Beachten wir doch einmal, wie vertrauensvoll die Jünger auch in Dingen, die ganz unentbehrlich zum Leben sind, sich auf die Vorsehung Gottes verlassen und auf ein üppiges Leben verzichtet haben: Sie waren zu zwölft und hatten nur fünf Brote und zwei Fische. Über die Belange des Leibes verloren sie keinen Gedanken, ihr Eifer galt ausschließlich den Belangen der Seele. Den Proviant behielten sie zudem nicht für sich, sie überließen ihn sogleich dem Retter, als er sie darum bat. Lernen wir doch aus diesem Beispiel, das, was wir haben, mit denen zu teilen, die bedürftig sind, auch wenn wir nur wenig haben. Als Jesus sie bat, ihm die fünf Brote zu bringen, sagten sie nicht: „Was bleibt uns dann für später? Woher bekommen wir, was wir für uns brauchen?“ Sie gehorchten sofort...

Der Herr nahm also die Brote, brach sie, und überließ den Jüngern die Ehre, sie auszuteilen. Er wollte ihnen durch diesen heiligen Dienst nicht nur Ehre erweisen; er wollte sie an dem Wunder beteiligen, damit sie davon sicher Zeugnis geben könnten und nicht vergäßen, was sich vor ihren Augen abgespielt hatte... Durch sie heißt er die Leute sich setzen, und durch sie teilt er das Brot aus, damit jeder von ihnen das Wunder bezeugen könne, das sich unter ihnen ereignet hat...

Alles an diesem Ereignis – der einsame Ort, der nackte Erdboden, die geringe Menge Brot und Fisch, deren gleichmäßige Verteilung an alle, wobei jeder genauso viel hatte wie sein Nachbar – all das lehrt und Demut, Genügsamkeit und Bruderliebe. Alle Brüder in gleicher Weise zu lieben und mit denen, die ein und demselben Gott dienen, alles gemeinsam zu haben: das ist es, was unser Retter uns hier lehrt.

 

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Homilien zum Evangelium nach Johannes, Nr. 12; PG 57, 201

„Der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab“

 

Lasst uns das große Wunder betrachten, das nach der Taufe des Retters geschehen ist. Es ist der Anfang dessen, was sich bald ereignen sollte. Es öffnete sich nicht das alte Paradies, sondern der Himmel selber: „Kaum war Jesus getauft,... da öffnete sich der Himmel“ (Mt 3,16). Warum öffnet sich der Himmel, als Jesus getauft wird? Damit wir erkennen, dass dasselbe in unsichtbarer Weise bei unserer Taufe geschieht: Gott ruft uns in unser Vaterland, in den Himmel, und fordert uns dazu auf, nichts mehr mit der Erde gemein zu haben... Auch wenn wir jetzt nicht mehr die gleichen Zeichen sehen, erhalten wir doch die gleichen Gnaden, deren Symbol diese Zeichen waren.

Damals sah man eine Taube herabkommen: sie war für Johannes den Täufer und die Juden das Zeichen dafür, dass Jesus Gottes Sohn ist. Sie sollte darüber hinaus einem jeden klarmachen, dass im Augenblick der Taufe der Heilige Geist auf unsere Seelen herabkommt. Er kommt nicht mehr in sichtbarer Gestalt, weil wir das nicht mehr nötig haben. Jetzt genügt der Glaube.

Warum erscheint der Heilige Geist in Gestalt einer Taube? Deshalb, weil Tauben sanft sind und lauter, und weil der Heilige Geist ein Geist der Sanftmut und des Friedens ist. Die Taube erinnert uns auch an ein Ereignis im Alten Testament: als die Erde in der Sintflut versank und die menschliche Rasse in Gefahr war umzukommen, da erschien eine Taube, um das Ende der Flut anzukündigen. Sie hatte einen Olivenzweig im Schnabel und brachte so die gute Nachricht: der Friede in der Welt ist wieder hergestellt. Das alles nun war eine Vorabbildung dessen, was noch kommen sollte...

Als alles verloren war, da geschah Befreiung und Erneuerung. Was damals sich durch Wasserfluten ereignete, das ereignet sich heute durch eine Flut von Gnade und Barmherzigkeit... Die Taube ruft nicht mehr einen einzigen Menschen auf, die Arche zu verlassen und die Erde neu zu bevölkern; sie möchte alle Menschen für den Himmel gewinnen. An Stelle eines Olivenzweiges bringt sie den Menschen die Würde, von Gott an Kindes Statt angenommen zu sein.

 

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Homilie zum Evangelium nach Matthäus

„Bis das Ganze durchsäuert war“

 

Der Herr erzählt dann das Gleichnis vom Sauerteig. „Wie der Sauerteig seine unsichtbare Kraft an die ganze Teigmasse weitergibt, so formt die Kraft des Evangeliums durch Vermittlung meiner Apostel die ganze Welt um... Sagt nicht zu mir: ‚Was können wir zwölf armseligen Sünder angesichts der ganzen Welt ausrichten?' Genau darin besteht der enorme Unterschied zwischen Ursache und Wirkung: eine kleine Anzahl Männer erringen angesichts einer Unzahl von Menschen den Sieg – und das wird aufzeigen, wie glanzvoll eure Macht ist. Formt der Sauerteig das Ganze nicht dadurch um, dass man ihn – wie das Evangelium sagt – der Teigmasse beimischt, ihn darin geradezu versteckt? So werdet ihr, meine Apostel, indem ihr euch unter die Völkermassen mengt, diese mit eurem Geist durchdringen und über eure Gegner triumphieren. Der Sauerteig verschwindet in der Masse, verliert dabei aber nicht seine Kraft. Im Gegenteil, er verändert die Natur des ganzen Teiges. So wird eure Verkündigung alle Völker verändern. Seid also voller Zuversicht“...

Es ist Christus, der dem Sauerteig solche Kraft gibt... Macht ihm also nicht zum Vorwurf, seine Jünger seien zu gering an Zahl: die Kraft der Botschaft ist es, die groß ist... Ein Funke genügt, um einige trockene Holzscheite in eine Feuersbrunst zu verwandeln. Und diese setzt dann sogar das grüne Holz ringsum in Flammen.

 

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Homilie gegen die Anomeer, 8, 6; PG 48, 776

„Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben“

 

Meiner Meinung nach wollten die beiden Brüder Jakobus und Johannes, als sie nach den ersten Plätzen, den höchsten Ämtern und größten Ehren strebten, Macht über die Anderen bekommen. Deshalb widersetzt sich Jesus ihrem Anspruch, legt ihre geheimen Gedanken bloß und sagt zu ihnen: „Wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein“. Mit anderen Worten: „Wenn ihr die ersten Plätze und die höchsten Ehren anstrebt, dann bemüht euch um den letzten Platz, verwendet eure Anstrengung darauf, die Einfachsten, Bescheidensten und Kleinsten von allen zu werden. Stellt euch hinter die Anderen. Diese Tugend wird euch die Ehre verschaffen, die ihr anstrebt. Dafür habt ihr ein leuchtendes Beispiel unter euch; denn auch „der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45). So werden euch Ehre und Ruhm zuteil. Schaut euch mein Verhalten an: ich strebe nicht nach Ruhm und Ehre, und doch ist das Gute, das ich auf diese Weise bewirke, unendlich groß.“

Wir wissen es: vor der Menschwerdung Christi, vor seiner Verdemütigung war alles verloren und kaputt; als er sich aber verdemütigte, richtete er alles wieder auf. Er hat Flüche außer Kraft gesetzt, den Tod vernichtet, das Paradies erschlossen, die Sünde getötet, die Riegel der Himmelspforten gelöst, um den Erstlingen unserer Menschheit wieder Zugang zu verschaffen. Er hat den Glauben auf der ganzen Welt verbreitet, den Irrtum vertrieben und die Wahrheit wieder eingesetzt. Die Erstlinge unserer Menschheit hat er auf einen königlichen Thron gesetzt. Christus ist der Urheber unendlich vieler Wohltaten, die weder ich noch irgendein anderer Mensch recht darstellen könnte. Vor seiner Erniedrigung kannten ihn nur die Engel, aber nach seiner Selbstverdemütigung hat ihn die ganze Menschheit erkannt.

 

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4. Homilie zum 1. Korintherbrief;

„Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge schaffst du dir Lob“ (Ps 8,3)

 

Das Kreuz hat die Seelen der Menschen durch unwissende Verkünder für sich gewonnen, und zwar auf der ganzen Welt. Es ging nicht um banale Probleme, sondern um Gott und den wahren Glauben, um das Leben nach dem Evangelium und um das kommende Gericht. So hat also das Kreuz einfache, ungebildete Leute in Philosophen verwandelt, so ist „das Törichte an Gott weiser als die Menschen und das Schwache an Gott stärker als die Menschen“ (1 Kor 1,25).

Worin zeigt sich seine Überlegenheit? Es hat sich über die ganze Erde verbreitet; es hat alle Menschen seiner Macht unterworfen; es hat unzähligen Gegnern getrotzt, die den Namen des Gekreuzigten auslöschen wollten. Die Kraft dieses Namens hat sich vielmehr entfaltet und ausgebreitet; seine Feinde sind umgekommen und verschwunden; die Lebenden, die einen Toten bekämpften, waren zur Ohnmacht verurteilt... Was den Zöllnern und Sündern durch die Gnade Gottes gelang, das konnten sich Philosophen, Redner, Könige, ja das ganze weite Erdenrund nicht einmal vorstellen... Daran hat der Apostel Paulus gedacht, wenn sagte: „Die Schwäche Gottes ist stärker als alle Menschen“. Wie hätten auch diese zwölf armen, ungebildeten Fischer sich eine derartige Unternehmung ausdenken können?

 

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Homilie über die kanaanäische Frau (nach seiner Rückkehr aus der Verbannung)

Der Sämann sät aus, ohne zu zählen

 

Ich habe heute meinen Hörer nicht überzeugen können, doch vielleicht kann ich es morgen, vielleicht in drei oder vier Tagen oder nach einiger Zeit. Der Fischer, der seine Netze unnützerweise einen ganzen Tag lang ausgeworfen hat, fängt manchmal gegen Abend, wenn er dabei ist aufzubrechen, den Fisch, den er tagsüber nicht hat fangen können. Der Landwirt hört nicht auf, seine Ländereien zu bewirtschaften, selbst wenn er mehrere Jahre lang keine guten Ernten hatte. Am Ende jedoch macht ein einziges Jahr oft und überreich allen vorherigen Verlust wieder gut.

Gott erwartet von uns nicht, dass wir erfolgreich sind, sondern dass wir arbeiten. Doch wird unsere Arbeit nicht weniger belohnt, weil man nicht auf uns gehört hat... Christus wusste genau, dass Judas sich nicht bekehren würde, und versuchte dennoch bis zum Schluss, ihn zu bekehren, wenn er ihm seine Sünde in anrührenden Worten vorhielt: „Freund, dazu bist du gekommen?“ (Mt 26,50 im griech. Text). Aber wenn schon Christus, das Vorbild der Hirten, bis zum Ende an der Bekehrung eines hoffnungslosen Menschen gearbeitet hat, was müssen wir dann nicht für die tun, denen gegenüber wir immer die Hoffnung hochhalten sollen?

 

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Homilien über das Evangelium nach Matthäus, Nr. 78, 2-3; PG 58, 713-714

Die erhaltenen Gaben fruchtbringend verwalten

 

Das Gleichnis von den Talenten betrifft alle, die nur für sich selber leben, anstatt mit ihrem Besitz, ihrem Rat oder auf andere Weise ihren Brüdern zu helfen... In diesem Gleichnis möchte uns Jesus die große Geduld unseres Herrn vor Augen stellen, aber meiner Meinung nach ist es auch eine Anspielung auf die Auferstehung von den Toten. Zunächst machen die Diener in ihrem Rechenschaftsbericht ohne Umschweife deutlich, was Gabe ihres Herrn und was Ergebnis ihres Wirtschaftens ist. Der Erste sagt: „Herr, du hast mir fünf Talente anvertraut“, und der zweite: „Herr, du hast mir zwei Talente anvertraut“. So anerkennen sie, dass sie das Kapitel, das sie zu ihrem Profit eingesetzt haben, der Güte ihres Herrn zu verdanken haben. Ihre Dankbarkeit geht so weit, dass sie allen Verdienst und Ruhm, den ihnen ihr Erfolg verschafft, dem Vertrauen ihres Herrn zuschreiben. Was sagt der Herr darauf? „Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener.“ Ist es nicht tatsächlich ein Zeichen der Güte, wenn man sich bemüht, seinen Brüdern Gutes zu tun? „Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn“: dabei handelt es sich um die Glückseligkeit des ewigen Lebens.

Dem schlechten Diener ergeht es anders... Denn was antwortet der Herr da? „Du bist ein schlechter und fauler Diener. Hättest du mein Geld wenigstens auf die Bank gebracht“: er hätte also reden, seine Brüder ermutigen, ihnen raten sollen. „Du hättest mein Geld wenigstens auf die Bank bringen können, dann hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen zurückerhalten.“ Unter diesen Zinsen sind die guten Werke zu verstehen, die vom Hören auf das Wort Gottes kommen, das wir weitersagen sollen. „Du hättest den leichteren Teil der Arbeit tun und mir den schwierigeren überlassen können“... Was soll das heißen? Wem zum Wohl des Nächsten die Gnade des Wortes und der Lehre zuteilgeworden ist, er aber von dieser Gnade nicht Gebrauch macht, der wird sie verlieren. Wer die empfangene Gnadengabe aber eifrig und weise verwendet, erhält eine noch viel größere.

 

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11. Homilie zum 2. Brief an die Korinther

«Schließlich blieb ihm nur noch einer: sein geliebter Sohn»

 

„Christus hat uns den Dienst der Versöhnung aufgetragen“ (2 Kor 5,18). Paulus betont die Größe der Apostel dadurch, dass er uns zeigt, welcher Dienst ihnen anvertraut worden ist, und stellt zur gleichen Zeit dar, wie sehr uns Gott geliebt hat. Als die Menschen sich weigerten, auf den zu hören, den Gott ihnen gesandt hatte, entbrannte er nicht in Zorn und verstieß sie nicht. Sein Ruf ergeht weiterhin an sie, auch durch die Apostel...

„Gott hat uns das Wort der Versöhnung (zur Verkündigung) anvertraut“ (5,19). Wir sind also nicht gekommen, um ein mühseliges Werk zu verrichten, sondern um alle Menschen zu Freunden Gottes zu machen. Da sie nicht gehört haben, sagt uns der Herr, hört nicht auf sie zu mahnen, bis sie zum Glauben kommen. Deshalb fügt Paulus hinzu: „Wir sind Gesandte an Christi statt, und Gott ist es, der durch uns mahnt. Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!“...

Womit könnte man eine so große Liebe vergleichen? Nachdem wir seine Wohltaten mit Hohn quittiert haben, dachte er nicht im Entferntesten daran, uns zu bestrafen, sondern schenkte uns seinen Sohn, um uns mit sich zu versöhnen. Die Menschen wollten sich aber nicht versöhnen, sie brachten seinen Sohn um. Gott sandte andere Botschafter aus, um sie zu ermahnen und wurde selber zum Bittsteller für sie. Es war immer er, der bat: „Versöhnt euch mit Gott“. Er sagt nicht: „Versöhnt Gott mit euch“. Nicht er verstößt uns, ihr seid es, die nicht Freundschaft mit ihm schließen wollen. Kann Gott Hass empfinden?

 

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Predigten zum Matthäusevangelium, Nr. 38, 1

«Du hast es den Unmündigen offenbart»

 

„Ich preise dich“, sagt Jesus, „weil du all das den Weisen und Klugen verborgen hast“. Wie? Freut er sich über die Einbuße derer, die nicht an ihn glauben? Ganz und gar nicht. Wenn sie sich der Wahrheit widersetzen, sich weigern sie anzunehmen, zwingt Gott sie nie, er lässt sie gewähren. Ihr Irrtum drängt sie dazu, auf den rechten Weg zurückzufinden. Sie gehen in sich und jagen eifrig der Gnade nach, zum Glauben gerufen zu werden, den sie zunächst gering geschätzt haben. Der Eifer derer, die dem Glauben die Treue gehalten haben, erweist sich auf diese Weise als noch größer. Christus freut sich zwar, dass dies manchen klar geworden ist; aber er ist traurig, dass es Anderen verborgen bleibt. Das wird deutlich, wenn er über die Stadt weint (Lk 19,41). Im gleichen Sinn schreibt der hl. Paulus: „Gott sei Dank; denn ihr wart Sklaven der Sünde, seid jedoch von Herzen der Lehre des Evangeliums gehorsam geworden“ (Röm 6,17)...

Von welchen „Weisen“ spricht Jesus hier? Von den Schriftgelehrten und den Pharisäern. Das sagt er zur Ermutigung seiner Jünger, indem er ihnen die Privilegien aufzeigt, derer sie für würdig erachtet worden sind. Sie, die einfachen Fischer, haben Erkenntnisse gewonnen, die die Weisen und Klugen verschmäht haben. Letztere sind nur dem Namen nach Weise, sie glauben, es zu sein, sind aber falsch gewickelte Gelehrte. Deshalb sagt Christus nicht: „Du hast es den ‚Unvernünftigen' offenbart“, sondern „den Unmündigen“, also einfachen Leuten, die nicht verbogen sind... So lehrt er uns, alle Großmannssucht zu lassen und die Einfachheit zu suchen. Der hl. Paulus geht noch weiter: „Wenn einer meint, er sei weise in dieser Welt, dann werde er töricht, um weise zu werden“ (1 Kor 3,18).

 

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24. Homilie zum 1. Brief an die Korinther, 2; PG 61, 199

«Das ist mein Blut..., das für viele vergossen wird»

 

Die Liebenden dieser Welt beweisen ihre Großherzigkeit dadurch, dass sie Geld schenken, Kleider und anderes; niemand aber schenkt sein Blut. Das tut Christus. So beweist er uns, wie zärtlich er uns liebt und wie innig. Im Alten Bund nahm Gott das Blut der Opfertiere an, aber nur um sein Volk daran zu hindern, es den Götzen zu opfern – und das war schon der Beweis einer sehr großen Liebe! Christus aber hat diesen Ritus verändert... das Opfer ist nicht mehr das gleiche: er selber bietet sich als Opfer dar.

„Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe am Leib Christi?“ (1 Kor 10,16)... Woraus besteht dann dieses Brot? Aus dem Leib Christi. Was wird aus denen, die zur Kommunion gehen? Der Leib Christi: nicht viele Leiber, sondern ein einziger. So wie das Brot, das aus Weizenkörnern gemacht ist, nur ein Brot ist, worin das einzelne Korn nicht mehr auszumachen ist; und so wie die Körner in ihrer Substanz im Brot immer noch vorhanden sind, aber in der dichten Masse nicht mehr zu unterscheiden – so sind wir alle, zusammen mit Christus, nur ein einziges Ganzes... Wenn wir nun alle teilhaben am gleichen Brot und wenn wir alle in Christus vereint sind, warum haben wir dann nicht das gleiche Maß an Liebe? Warum werden wir nicht auch darin eins?

Das hat man in den Anfängen erlebt: „Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele“ (Apg 4,32)... Christus ist gekommen, um dich, der so fern von ihm war, zu suchen, um mit dir eins zu werden: und du willst nicht eins sein mit deinem Bruder? Du hast vom Herrn einen so großen Liebesbeweis erhalten, und dazu noch das Leben – und hältst dich gewaltsam von ihm fern! Er hat nicht nur seinen Leib gegeben. Da unser Fleisch, das von der Welt stammt, durch die Sünde das Leben verloren hatte und tot war, fügte er obendrein sozusagen eine andere Substanz hinzu: sein Fleisch, das zwar von gleicher Natur wie unser Fleisch ist, aber von der Sünde verschont und voll von Leben. Und er hat es uns allen gegeben, damit wir Festmahl halten und dieses neue Fleisch zu uns nehmen, und so gestärkt, ins ewige Leben eintreten können.

 

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Homilie 63 über Matthäus; PG 58,603f

„Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“

 

Das war keine gewöhnliche Beflissenheit, die der junge Mann an den Tag gelegt hatte. Er benahm sich wie ein Verliebter. Während sich die anderen an Christus wandten, um ihn auf die Probe zu stellen oder um ihn wegen ihrer Krankheiten oder der Krankheiten ihrer Verwandten oder noch andrer Leute anzusprechen, sucht der junge Mann ihn auf, um mit ihm über das ewige Leben zu sprechen. Der Boden war reich und fruchtbar, aber voller Dornen, die die Saat zu ersticken drohten (Mt 13,7). Schau nur, wie bereit er war, die Gebote zu befolgen: „Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen? ... Kein Pharisäer hat je derlei Empfindungen gezeigt. Sie waren vielmehr wütend darüber, dass sie zum Schweigen gebracht worden waren. Unser junger Mann aber ging traurig weg, ein unübersehbares Zeichen dafür, dass er nicht mit bösen Absichten gekommen war. Er war nur zu schwach. In ihm war die Sehnsucht nach dem „Leben“, aber eine sehr schwer zu bezähmende Leidenschaft hielt ihn zurück…

„Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen; so wirst du einen bleibenden Schatz im Himmel haben, dann komm und folge mir nach. Als der junge Mann das hörte, ging er traurig weg.“ Der Evangelist zeigt den Grund dieser Traurigkeit auf: „denn er hatte ein großes Vermögen“. Diejenigen, die wenig haben, und diejenigen die im Überfluss schwimmen, besitzen ihre Habe nicht auf die gleiche Art. Bei letzteren kann der Geiz zu einer tyrannischen Leidenschaft werden. Jeder neu hinzukommende Besitz entfacht die Flamme noch mehr, und die davon Betroffenen sind nachher ärmer als vorher. Ihre Begehrlichkeit ist noch größer, und dennoch verspüren sie ihre vermeintliche Bedürftigkeit noch stärker. Beachte jedenfalls, wie hier die Leidenschaft ihre Kraft zeigt ... „Wie schwer ist es für einen Reichen, in das Himmelreich zu gelangen!“ Nicht dass Christus den Reichtum verurteilte; aber doch die, die ihn besitzen .

 

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Homilie zum Matthäusevangelium, Nr. 82; PG 58, 743

«Meine Worte sind Geist und Leben»

 

„Nehmt und esst“, sagte Jesus, „das ist mein Leib für euch“ (vgl. 1 Kor 11,24). Wie ist es zu erklären, dass die Jünger bei diesen Worten nicht in Verwirrung gerieten? Weil ihnen Christus darüber schon viel Bedeutsames gesagt hatte (Joh 6)... So wollen auch wir Jesus ganz vertrauen. Selbst wenn das, was er sagt, dem, was wir sehen und verstehen, zuwider läuft – lasst uns keine Einwände erheben! Vielmehr soll sein Wort unserem Verstand und unserer Sichtweise gebieten. Das sei unsere Einstellung gegenüber den heiligen Geheimnissen: Wir nehmen nicht nur das wahr, was wir mit unseren Sinnen erfassen; vor allem ziehen wir das Wort Gottes in Erwägung. Sein Wort kann uns nicht täuschen, unsere Sinne hingegen führen uns leicht in die Irre. Sie versagen sehr häufig, das Wort Gottes aber gilt für alle Zeit. Wenn der Logos sagt: „Das ist mein Leib“, dann wollen wir ihm vertrauen, ihm glauben und diesen Leib mit den Augen des Geistes betrachten...

Wie viele Leute sagen heutzutage: „Ich möchte Christus gern selbst sehen, sein Angesicht, sein Gewand, seine Schuhe“. Nun, in der Eucharistie siehst du ihn, berührst ihn, empfängst ihn! Du möchtest sein Gewand sehen; dabei schenkt er sich dir selbst, damit du ihn nicht nur sehen, sondern ihn berühren, in deinen Körper aufnehmen, ihn in deinem Herzen empfangen kannst. Dass sich ihm also niemand gleichgültig oder lässig nähere! Alle, die zu ihm kommen, müssen von glühender Liebe erfüllt sein.

 

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Homilien über das Matthäusevangelium, Nr. 52, § 2; PG 58, 520

«Auch für die Hunde unter dem Tisch fällt etwas von dem Brot ab, das die Kinder essen»

 

Eine kanaanäische Frau kam zu Jesus und rief nur: „Hab Erbarmen mit mir!“ (Mt 15,22) Ihr Rufen wurde immer lauter und lockte eine Menge Leute an. Es war eine ergreifende Szene, wie da eine Mutter in großer Erregung für ihre Tochter flehte, ein Kind, dem ein Dämon böse zusetzte... Die Frau rief nicht: „Hab Erbarmen mit meiner Tochter!“ sondern: „Hab Erbarmen mit mir!“ „Meine Tochter ist sich ihres Unglücks nicht bewusst; ich dagegen leide tausend Qualen; ich bin krank, sie in einem solchen Zustand sehen zu müssen; ich werde beinahe verrückt bei ihrem Anblick“...

Jesus antwortete ihr: „Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt“ (Mt 15,24). Und wie reagiert die Kanaanäerin auf diese Worte? Geht sie weg und hält den Mund? Verlässt sie der Mut? Ganz und gar nicht! Sie dringt weiter auf Jesus ein. Das ist nicht das, was wir tun: Wenn wir nicht erhört werden, ziehen wir uns entmutigt zurück, wo wir doch mit noch größerem Nachdruck bitten sollten. Wer freilich wäre bei dieser Antwort Jesu nicht entmutigt gewesen? Sein Schweigen schon hätte genügt, um alle Hoffnung aufzugeben... Aber diese Frau verliert den Mut nicht; im Gegenteil, sie tritt noch näher an Jesus heran, wirft sich zu Boden und sagt: „Herr, hilf mir!... Wenn ich ein Hündchen in diesem Haus bin, dann bin ich keine Fremde mehr. Ich weiß sehr wohl, dass Kinder Brot brauchen... aber es muss doch nicht verboten sein, die Krümel herzuschenken. Man darf sie mir doch nicht vorenthalten... denn ich bin das Hündchen, das man nicht abweisen kann.“

Weil Christus die Entgegnung der Frau schon voraussah, ließ er sich Zeit, ihre Bitte zu erfüllen... Seine Erwiderungen hatten nicht den Zweck, der Frau Kummer zu machen, sondern diesen verborgenen Schatz zu heben.

 

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Homilien über des Evangelium des Johannes, Nr. 19

«Wir haben den Messias gefunden»

 

Nachdem Andreas bei Jesus geblieben war und vieles von ihm erfahren hatte, behielt er diesen Schatz nicht für sich: er machte sich eilends auf zu seinem Bruder, um ihn teilhaben zu lassen an den Gütern, die er empfangen hatte... Bemerkenswert, wie folgsam und gehorsam Petrus von Anfang an war..., denn er eilte unverzüglich herbei: Andreas „führte ihn zu Jesus“, sagt der Evangelist. Niemand aber klage ihn (Petrus) der Unbesonnenheit an, so als hätte er blind der Einladung seines Bruders Folge geleistet. Wahrscheinlich hat Andreas lang und ausführlich mit ihm gesprochen. Aber die Evangelisten übergehen vieles in einer knappen Zusammenfassung. Übrigens heißt es nicht, dass Petrus sofort geglaubt hat, sondern dass ihn sein Bruder „zu Jesus geführt hat“, um ihn Jesus anzuvertrauen, damit er von ihm umfassend belehrt werde.

Als Johannes der Täufer sagte: „Seht, das Lamm Gottes“ und „Er ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft“, übertrug er Christus selbst die Sorge um eine eingehendere Darlegung seiner Lehre. Mit umso größerem Recht tat Andreas dasselbe, denn er maßte sich nicht an, alles erklären zu können. Er führt seinen Bruder an die Quelle des Lichts selbst, und das eilig und freudig; und dieser zögerte keinen Augenblick, sich dorthin zu begeben.

 

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Homilien über die Bekehrung Nr. 3, über das Almosen

Christus erfahren

 

Die Armen vor der Kirche bitten um ein Almosen. Wie viel soll man geben? Das müsst ihr selber entscheiden. Ich schlage keinen Betrag vor, um euch nicht in Verlegenheit zu bringen. Kauft nach euren Möglichkeiten. Habt ihr ein Geldstück? Dann kauft euch den Himmel! Nicht, dass der Himmel billig zu haben wäre, es ist aber die Güte des Herrn, die es euch erlaubt. Ihr habt kein Geld? Gebt einen Becher frisches Wasser (Mt 10,42)...

Wir können uns den Himmel erkaufen und tun es! Für ein Stück Brot, das ihr hergebt, bekommt ihr das Paradies zurück. Ihr könnt Dinge von geringem Wert geben und bekommt Schätze; schenkt, was vergeht, und euch wird Unsterblichkeit zuteil. Gebt verderbliches Gut und nehmt dafür unverderbliches... Wenn es sich um verderbliche Güter handelt, beweist ihr großen Scharfblick; warum zeigt ihr euch derartig gleichgültig, wenn es um das ewige Leben geht? ... Übrigens lässt sich ein Vergleich ziehen zwischen den Wassergefäßen an den Kirchentüren, die zur Reinigung der Hände dienen, und den Armen vor der Kirche, mit denen ihr eure Seele reinigen könnt. Ihr habt eure Hände im Wasser gewaschen, wascht eure Seele durch Almosen...

Eine Witwe, die in äußerster Armut lebte, hat Elija Gastfreundschaft erwiesen (1 Kön 17,9f). Ihre Not hat sie nicht daran gehindert, ihn freudig aufzunehmen. Und anschließend hat sie als Zeichen der Anerkennung zahlreiche Geschenke erhalten als symbolische Früchte ihrer guten Tat. Dieses Beispiel weckt in euch vielleicht den Wunsch, einen Elija bei euch aufzunehmen. Warum muss es Elija sein? Ich schlage euch den Herrn des Elija vor – und ihr bietet ihm keine Gastfreundschaft an!? Hört, was uns Christus, der Herr des Universums sagt: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40).

 

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Homilien zur Unergründlichkeit Gottes, Nr. 5

«Bittet, dann wird euch gegeben»

 

Das Gebet ist eine mächtige Waffe, ein unvergänglicher Schatz, ein nicht versiegender Reichtum, ein vor Stürmen sicherer Hafen, ein erholsamer Ort der Ruhe. Das Gebet ist Wurzel, Quelle und Mutter zahlloser Güter... Das Gebet, von dem ich spreche, ist aber weder dürftig noch unachtsam gesprochen, sondern leidenschaftlich; es entspringt seelischer Bedrängnis und geistiger Anstrengung. So beschaffen ist das Gebet, das zum Himmel emporsteigt... Höre, was der Psalmist sagt: „Ich rief zum Herrn in meiner Not und er hat mich erhört“ (Ps 120,1). Wer in seiner Pein so betet, wird am Ende des Gebetes eine tiefe innere Freude empfinden...

Unter Gebet verstehe ich nicht nur das gesprochene Gebet, sondern das Gebet, das aus der Tiefe des Herzens kommt. Wie tief verwurzelte Bäume, selbst wenn Stürme sie tausendfach angreifen, sich nicht knicken oder entwurzeln lassen, so steigen auch Gebete, die aus tiefstem Herzen kommen und tief verwurzelt sind, sicher zum Himmel auf und werden nicht durch irgendeinen Mangel an Zuversicht oder Verdienst abgelenkt. Deshalb sagt der Psalmist: „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir“ (Ps 130,1)...

Wenn es dich schon erleichtert, wenn du dein eigenes Missgeschick und die dir auferlegten Prüfungen Menschen mitteilen kannst – ganz so, als käme durch Worte eine erfrischende Brise auf – umso mehr wird es dich trösten und stärken, wenn du den Herrn an den Qualen deiner Seele teilhaben lässt. Freilich fällt es uns oft schwer, Menschen zu ertragen, die sich bei uns über andere beklagen und ausweinen. Wir gehen ihnen aus dem Weg und weisen sie zurück. Gott aber macht es nicht so. Im Gegenteil, er lässt dich näher kommen und zieht dich an sich. Auch wenn du den ganzen Tag damit zubringst, ihm dein Elend darzulegen, hat er dich deswegen noch lieber und erhört noch bereitwilliger deine Bitten.

 

 


Letzte Änderung: 27.03.2013 um 18:08

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