Wort der Päpste
hl. Papst Gregor der Große - 3 |
Geschrieben von (ksf) am 09.02.2013 |
Homilien zum Evangelium, Nr. 19
«Warum steht ihr hier den ganzen Tag untätig herum?»
Wir können die einzelnen Stunden des Tages mit den einzelnen Lebensstufen eines Menschen gleichsetzten. Der junge Tag ist die Kindheit unseres Verstandes. Die dritte Stunde kann als die Jugendzeit gesehen werden; denn die Sonne gewinnt da sozusagen schon an Höhe, und die Glut der Jugend baut sich langsam auf. Die sechste Stunde ist das Alter der Reife, die Sonne steht im Zenit, der Mensch hat seine volle Kraft erreicht. Die neunte Stunde steht für das beginnende Alter, die Sonne kommt aus den Himmelshöhen herab, die Glut des reiferen Lebensalters erkaltet. Die elfte Stunde schließlich ist die Zeit, die als hohes Alter bezeichnet wird... Da die einen schon als Kinder den Weg zum rechtschaffenen Leben einschlagen, Andere in der Zeit in der Zeit der Reife, Andere erst um Alter, und schließlich welche, wenn das Leben zu Ende geht – dann ist es so, als würden sie zu verschiedenen Tageszeiten in den Weinberg des Herrn gerufen.
Prüft also euren Lebensstil, Brüder, und findet heraus, ob ihr schon wie die Arbeiter im Weinberg handelt. Denkt gründlich darüber nach. Wer es bis ins hohe Alter versäumt hat, für Gott zu leben, gleicht dem Arbeiter, der bis zur elften Stunde untätig geblieben ist... „Warum steht ihr den ganzen Tag untätig herum?“ Man kann es auch deutlicher sagen: „Wenn ihr in eurer Jugend und als Erwachsene nicht für Gott habt arbeiten wollen, so zeigt wenigstens jetzt, in der letzten Phase eures Lebens, Reue... und betretet die Pfade, die zum Leben führen“...
Ist nicht auch der Schächer in der elften Stunde gekommen? (Lk 23,39f) Er sah sich nicht aufgrund eines hohen Alters, sondern infolge der Todesstrafe an seinem Lebensabend angekommen. Am Kreuz bekannte er Gott seine Schuld und hauchte sein Leben aus, beinahe im selben Moment, da der Herr sein Urteil sprach. Und der Herr des Weinbergs hat den Schächer ins Paradies aufgenommen – noch vor Petrus. Er hat den Lohn gerecht ausbezahlt und beim Letzten damit begonnen.
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Homilien zum Evangelium, Nr. 35
«Ihr werdet meinen Kelch trinken»
Da wir heute, liebe Brüder, das Fest eines Märtyrers feiern, müssen wir uns von der Art des Leidens, dem er sich unterzog, auch betroffen fühlen. Denn wenn wir, mit Hilfe des Herrn, mit aller Kraft an dieser Tugend festhalten, werden wir gewiss die Palme des Martyriums erlangen, obwohl wir im Frieden der Kirche leben. Es gibt ja zwei Arten von Martyrium: das eine besteht in einer geistigen Haltung, das andere besteht zusätzlich dazu in einer Einwirkung von außen. Daher können wir Märtyrer sein, ohne durch das Schwert des Scharfrichters zu sterben. Durch die Hände von Verfolgern das Leben zu verlieren, ist ein Martyrium der Tat und den Sinnen zugänglich. Verunglimpft zu werden und dabei den zu lieben, der uns hasst, ist ein Martyrium des Geistes und vollzieht sich im Verborgenen.
Dass es zwei Arten des Martyriums gibt, ein verborgenes und ein sozusagen öffentliches, das bezeugt die „Wahrheit selber“ mit ihrer an die Söhne des Zebedäus gerichteten Frage: „Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde?“ Als sie darauf sagen: „Wir können es“, antwortet es ihnen: „Ihr werdet meinen Kelch trinken“. Was sollen wir unter diesem Kelch anderes verstehen als die Leiden der Passion, von der er an anderer Stelle sagt: „Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mit vorüber“? (Mt 26,39) Die Söhne des Zebedäus, nämlich Jakobus und Johannes, starben nicht beide eines Martertods, und das, obwohl er zu beiden gesagt hatte, sie würden den Kelch trinken. Obwohl Johannes nicht als Märtyrer starb, war er dennoch ein Märtyrer; denn die Leiden, von denen sein Leib verschont blieb, musste er in seinem Geist erfahren. Aus diesem Beispiel müssen wir den Schluss ziehen, dass wir, sofern wir in unserer Seele die Geduld bewahren, auch dann Märtyrer sein können, wenn wir nicht durch das Schwert umkommen.
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Homilien zu den Evangelien, Nr. 16, 5
Vierzig Tage, um in der Gottes- und Menschenliebe zu wachsen
Wenn wir die heiligen vierzig Tage der Fastenzeit beginnen, müssen wir sorgfältig untersuchen, was der Grund für diese vierzig Tage währende Enthaltsamkeit ist. Moses hat, bevor er ein zweites Mal die Gebote empfing, vierzig Tage gefastet (Gen 34,28). Elias hat in der Wüste vierzig Tage nichts gegessen (1 Kön 19,8). Der Schöpfer der Menschen selber hat, als er unter den Menschen weilte, vierzig Tage lang keine Nahrung zu sich genommen (Mt 4,2). Bemühen auch wir uns, so weit möglich, unseren Leib während dieser heiligen vierzig Tage im Jahr durch Enthaltsamkeit zu zügeln... , um, wie Paulus sagt, „ein lebendiges, heiliges Opfer“ (Röm 12,1) zu werden. Der Mensch ist eine lebendige Opfergabe, (vgl. Apg 5,6), wenn er noch in diesem Leben die Begierden dieser Welt in sich absterben lässt.
Die fleischliche Befriedigung hat uns zur Sünde verleitet (Gen 3,6), die Abtötung des Fleisches muss uns wieder Vergebung erlangen. Adam hat die Frucht des Baumes gegessen, die zu essen verboten war, und so gegen die Gebote des Lebens verstoßen. Also müssen wir, die wir uns durch Nahrungsaufnahme die Freuden des Paradieses verwirkt haben, uns bemühen, sie durch Enthaltsamkeit wiederzuerlangen.
Es soll aber keiner glauben, dass diese Enthaltsamkeit allein ausreicht. Durch den Mund des Propheten sagt der Herr vielmehr: „Das ist ein Fasten wie ich es liebe: An die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen in dein Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen“ (Jes 58, 6-7). Das ist das Fasten, das der Herr gutheißt...: Fasten aus Liebe zum Nächsten, voller Güte. Schenke also den Anderen, was du dir selbst entziehst; so kann die Buße deines Leibes dem körperlichen Wohlergehen deines Nächsten, der in Not ist, aufhelfen.
Letzte Änderung: 10.02.2013 um 05:33
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