Zitate von Kirchenlehrern
Hl. Theresia von Lisieux - 1 |
Geschrieben von (ksf) am 03.12.2010 |
Autobiographie Ms. C, 35:
„Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zu mir führt“ (Joh 6, 44)
Meine Mutter, ich glaube, es ist nötig, dass ich Ihnen noch ein paar Erläuterungen über folgende Stelle im Hohenlied der Liebe gebe: „Zieh mich hin zu dir, lass uns eilen im Duft deiner Salben“ (Hld 1, 4 LXX)... „Niemand“, hat Jesus gesagt, „kann zu mir kommen, wenn der Vater, der mich gesandt hat, ihn nicht zu mir führt.“ Dann... sagt er uns, dass es genügt anzuklopfen, damit uns geöffnet wird, zu suchen, damit wir finden, und in Demut die Hand auszustrecken, damit wir bekommen, um was wir bitten (Lk 11, 9f). Er sagt auch, dass der Vater uns das geben wird, was wir in seinem Namen erbitten werden (Joh 16, 23)...
Was bedeutet denn die Bitte, hingezogen zu werden, anderes, als sich mit dem innig zu vereinen, was das Herz erobert hat? Wenn Feuer und Eisen Verstand hätten, und das Eisen zum Feuer sagen würde: „Zieh mich hin zu dir“: würde das nicht beweisen, dass das Eisen mit dem Feuer so ganz gleich werden möchte, dass es von ihm durchdrungen, von seiner Glut aufgesaugt und scheinbar mit ihm eins wird? Geliebte Mutter, das ist also mein Gebet: ich bitte Jesus, mich in die Flammen seiner Liebe hineinzuziehen, mich so innig mit ihm zu vereinen, dass er in mir lebt und handelt.
Ich spüre es: je stärker das Feuer der Liebe mein Herzu in Brand setzt, je mehr ich sage: „Zieh mich an dich“, um so eher werden die Seelen, die sich mir nähern (es wären arme, kleine, unnütze Eisenspäne, wenn ich mich von der göttlichen Feuersglut entfernen würde), vom Duft ihres Geliebten angezogen; denn eine Seele, die in Liebe entbrannt ist, kann nicht in Untätigkeit verharren. Ohne Zweifel sitzt sie, wie Magdalena, dem Herrn zu Füßen und hört sein sanftes und feuriges Wort. Sie scheint nichts zu geben, und gibt doch weit mehr als Marta (Lk 39f).
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MS A, 2r. - v. Das Geheimnis der Berufung
Ich tue nur eines: ich fange an, von „den Taten deiner Huld“ (Ps 89, 1) zu singen und werde es tun in Ewigkeit. Als ich das heilige Evangelium aufschlug, fiel mein Blick auf folgende Worte: „Jesus stieg auf einen Berg und rief die zu sich, die er erwählt hatte; und sie kamen zu ihm“ (Mk 3, 13). Das ist genau das Geheimnis meiner Berufung, meines ganzen Lebens und vor allem das Geheimnis der Privilegien, die Jesus meiner Seele zuteil werden lässt. Er ruft nicht die, die dessen würdig sind, sondern die, die er berufen will; der hl. Paulus formuliert es so: „Gott schenkt Erbarmen, wem er will, und erweist Gnade, wem er will. Also kommt es nicht auf das Wollen und Streben des Menschen an, sondern auf das Erbarmen Gottes“ (Röm 9, 15-16).
Lange Zeit fragte ich mich, warum der gute Gott gewisse Menschen bevorzugt, warum nicht alle Seelen gleichviel Gnade bekommen. Da entdeckte ich mit Erstaunen, dass er Heiligen, wie dem heiligen Paulus und dem heiligen Augustinus, die gegen ihn gesündigt hatten, außerordentliche Gunst erwies, ja sie geradezu zwang, seine Gnadenerweise anzunehmen. Ich las aber auch von Heiligen, deren Leben Unser Herr liebevoll begleitete, von der Wiege bis zum Grab, und denen er alle Hindernisse aus dem Weg räumte, die sie hätten daran hindern können, zu ihm sich zu erheben... In seiner Güte hat Jesus dieses Geheimnis für mich gelüftet. Er hat vor mir das Buch der Natur aufgeschlagen und ich habe entdeckt, dass alle Blumen, die er geschaffen hat, schön sind... Er hat die großen Heiligen erschaffen wollen, die man mit den Lilien und Rosen vergleichen kann; aber er hat auch kleinere Heilige erschaffen, die sich damit bescheiden müssen, Gänseblümchen oder Veilchen zu sein, dazu bestimmt, den lieben Gott zu erfreuen, wenn er sie zu seinen Füßen wachsen sieht. Vollkommenheit besteht darin, seinen Willen zu tun, das zu sein, was er will, dass wir sind.
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„Pourquoi je t'aime, ô Marie“ – Gedicht, Strophen 4-7
Ja, ich liebe Dich, Maria, die Du Dich Dienerin nennst,
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„Man weiß, dass die heilige Jungfrau die Königin des Himmels und der Erde ist, aber sie ist mehr Mutter als Königin, und man sollte nicht ihrer Vorzüge wegen sagen, sie verdunkele die Herrlichkeit sämtlicher Heiligen, wie die Sonne bei ihrem Aufgang die Sterne zum Verschwinden bringt. Mein Gott, ist das merkwürdig. Eine Mutter, die den Glanz ihrer Kinder zum Verschwinden bringt! Ich denke, genau das Gegenteil. Ich glaube, sie wird den Glanz der Auserwählten noch stark erhöhen.“
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Brief 142
„Wer den Willen meines Vaters erfüllt..., der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.“
„Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, sagt der Herr.“ (vgl. Jes 55,8) Das Verdienst besteht nicht darin, viel zu tun oder zu geben, sondern vielmehr darin, viel zu empfangen, zu lieben. Es wird gesagt, dass geben seliger ist als nehmen (vgl. Apg 20,35), und das stimmt, doch wenn Jesus für sich die Seligkeit in Anspruch nehmen möchte zu geben, dann wäre es nicht dankbar, es zurückzuweisen. Lassen wir ihn alles nehmen und geben, so wie er will. Die Vollkommenheit besteht darin, seinen Willen zu tun. Und die Seele, die sich ihm ganz ausliefert, wird von Jesus selbst „seine Mutter, seine Schwester“ und seine ganze Familie genannt. Anderswo heißt es: „Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten“ (das heißt, dann wird er meinen Willen tun) „und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen.“ (Joh 14,23). Wie einfach ist es doch, Jesus zu gefallen und sein Herz zu erfreuen! Man braucht ihn nur zu lieben, ohne auf sich selber zu schauen, ohne groß die eigenen Fehler zu erwägen...
Die Seelenführer lassen in der Vollkommenheit voranschreiten, indem sie auftragen, eine große Zahl von Tugendakten zu erfüllen, und sie haben recht. Doch mein Seelenführer, der Jesus selbst ist, lehrt mich nicht, meine Tugendakte zu zählen. Er lehrt mich, alles aus Liebe zu tun, ihm nichts abzuschlagen, damit zufrieden zu sein, wenn er mir Gelegenheit gibt, ihm zu beweisen, dass ich ihn liebe. Doch das alles geschieht im Frieden, in der Hingabe. Jesus ist es, der alles macht, ich hingegen mache nichts.
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„Warum ich dich liebe, Maria“ (Gedicht, §20-25)
«Frau, siehe, dein Sohn»
Eines Tages hörten Sünder ihm zu, wie er lehrte,
Er, der sie aufnehmen wollte in den Himmel.
Dort auf dem Hügel traf ich dich, Maria; du warst unter ihnen.
Einer sagte zu Jesus, du wollest mit ihm sprechen.
Da tat dein göttlicher Sohn vor allen Leuten kund,
Wie unermesslich groß seine Liebe zu uns Menschen ist.
Er sprach: „Wer ist mein Bruder, meine Schwester, meine Mutter?
Nur der, der meinen Willen erfüllt“ (Mt 12,46-50).
Du Jungfrau ohne Makel, zärtlichste aller Mütter,
Was Jesus sagt, stimmt dich nicht traurig.
Nein, du freust dich, dass er uns wissen lässt:
Wir Menschen hier auf Erden werden seine Familie.
Ja, du freust dich, dass er uns sein Leben schenkt,
Den grenzenlosen Reichtum seiner Gottheit!
Wie sollt' ich dich nicht lieben, meine Mutter,
Wenn ich die Größe deiner Liebe, deiner Demut seh'...
Du liebst uns wirklich so, wie Jesus uns liebt,
Du willigst ein, dass du ihm fern bist unsretwillen.
Lieben heißt ja alles geben und sich selbst verschenken:
Dies wolltest du uns zeigen, indem du unsre Hilfe bliebst.
Der Retter wusste ja von deiner übergroßen Zärtlichkeit,
Wusste, was du in deinem Mutterherzen verbargst.
Dir, du Zuflucht der Sünder, hat er uns überlassen,
Als er das Kreuz verließ, um uns im Himmel zu erwarten...
Allein im Haus des heiligen Johannes fandst du Unterkunft,
Der Sohn des Zebedäus musste dir Ersatz für Jesus sein.
Dies ist es, was das Evangelium zuletzt von dir berichtet:
Von der Königin des Himmels spricht es fortan nicht mehr.
In seinem tiefen Schweigen aber, liebe Mutter,
Offenbart es uns da nicht: das ewige Wort selber
Will singen von Geheimnissen deines Lebens,
Um deine Kinder, die Erwählten des Himmels, zu bezaubern?
Bald will ich diesen süßen Wohlklang vernehmen,
Werde bald im Schönen Himmel dich besuchen.
Du kamst am Morgen meines Lebens, um mir zuzulächeln,
Komm und lächle noch einmal mir zu... Mutter, schon ist´s Abend!
Ich fürcht' nicht mehr den Glanz deiner hehren Glorie.
Mit dir hab ich gelitten, und nun, o Jungfrau,
Will ich auf deinen Knien singen, warum ich dich liebe,
In Ewigkeit sagen: Ich bin dein Kind!
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Selbstbiographische Schriften A, 45-46
«Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen»
In dieser Nacht des Lichts (der Weihnacht, im Alter von 14 Jahren) hat mein dritter Lebensabschnitt begonnen, der schönste von allen, der reichste an himmlischen Gnaden... Mit seinen Aposteln konnte ich sagen: „Meister, ich habe die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen.“ Noch barmherziger als mit seinen Jüngern verfuhr Jesus mit mir: er selber griff zum Netz, warf es aus und zog das Netz voller Fische an Land. Er machte aus mir einen Seelenfischer; ich verspürte großes Verlangen, an der Bekehrung der Sünder zu arbeiten... Jesu Schrei widerhallte unaufhörlich in meinem Herzen: „Mich dürstet!“ (Joh 19,28) Dieses Wort entfachte in mir ein bislang unbekanntes, überaus lebendiges Feuer. Ich wollte meinem Geliebten zu trinken geben und fühlte mich selbst verzehrt vom Durst der Seelen...
Um meinen Eifer anzustacheln, zeigte mir Gott, dass er mit meinen Wünschen einverstanden war. Ich hörte von einem Schwerverbrecher, auf den wegen scheußlicher Untaten das Todesurteil wartete; dabei deutete alles darauf hin, dass er unbußfertig sterben würde. Ich wollte ihn um jeden Preis am Sturz in die Hölle hindern... Ich verspürte tief im Herzen die Gewissheit, dass diese Wünsche erfüllt würden; aber um den Mut zu bekommen, weiterhin für die Sünder zu beten, sagte ich dem lieben Gott, dass ich mir sicher sei, dass er dem armen unglückseligen Pranzini verzeihen würde; dass ich daran glaubte, selbst wenn er nicht beichten und kein Wort der Reue von sich geben würde. So sehr vertraute ich der unbegrenzten Barmherzigkeit Jesu, bat ihn aber um „ein Zeichen“ der Reue, einfach nur um mir Trost zu spenden. Mein Gebet wurde wortgetreu erhört!...
Ja, nach diesem einzigartigen Gnadenerweis wuchs mein Verlangen, Seelen zu retten, von Tag zu Tag. Es schien mir, als sagte Jesus zu mir, was er zur Samariterin gesagt hatte: „Gib mir zu trinken!“ (Joh 4,7) Das war ein echter Liebestausch. Den Seelen gab ich das Blut Jesu, Jesus schenkte ich die durch seinen göttlichen Tau erfrischten Seelen. Es schien mir, als würde so sein Durst gestillt, und je mehr ich ihm zu trinken gab, umso größer wurde der Durst meiner kleinen Seele. Und dieser brennende Durst kredenzte mir gleichsam den allerköstlichsten Trank seiner Liebe.
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145. Brief
Ein verborgener Schatz
Die Braut des Hohenliedes sagt..., dass sie sich von ihrem Lager erhebt, um ihren Vielgeliebten in der Stadt zu suchen, doch vergeblich. Nachdem sie die Stadt verlassen hatte, fand sie den, den ihre Seele liebte (Hld 3,1-4). Jesus möchte nicht, dass wir, uns ausruhend, seine anbetungswürdige Gegenwart erfahren, und so verbirgt er sich... Oh! Welche Melodie für mein Herz hat dieses Schweigen Jesu. Er wird arm, damit wir ihm unsere Liebe beweisen können; er streckt uns die Hand entgegen wie ein Bettler, damit er uns am strahlenden Tag des Gerichts, wenn er in seiner Herrlichkeit erscheint, diese süßen Worte hören lassen kann: „Kommt ihr Gesegneten meines Vaters, denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben, ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben, ich war obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen, ich war im Gefängnis und krank, und ihr habt mir geholfen.“ (vgl. Mt 25,34-36). Jesus selbst hat diese Worte gesprochen und ihn selbst verlangt nach unserer Liebe, er bettelt darum, er verläßt sich, um es so zu sagen, gleichsam auf unsere Wohltätigkeit, er möchte nichts nehmen, wenn wir es ihm nicht geben...
Jesus ist ein verborgener Schatz, ein unschätzbares Gut, das nur wenige Seelen zu finden wissen, denn es ist verborgen, und die Welt liebt das, was glänzt. Ah! Wenn Jesus sich allen Seelen hätte zeigen wollen mit seinen unglaublichen Geschenken, so hätte es zweifelsohne keine einzige gegeben, die ihn verachtet hätte. Doch er will nicht, dass wir ihn seiner Geschenke wegen lieben – er selbst soll unser Lohn sein.
Um eine verborgene Sache zu finden, muss man sich selbst verbergen. Unser Leben muss also ein Geheimnis sein, wir müssen Jesus ähnlich werden, diesem Jesus, dessen Antlitz verhüllt war (vgl. Jes 53,3)... Jesus liebt dich mit einer Liebe, die so groß ist, dass du bei ihrem Anblick vor Glück verzückt wärest..., doch du siehst ihn nicht und leidest. Bald schon wird Jesus „sich ... erheben, um allen Sanftmütigen und Gebeugten auf der Erde zu helfen.“ (vgl. Ps 76,10).
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Letzte Änderung: 10.02.2013 um 03:37
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