Zitate von Kirchenlehrern

Hl. Theresia von Lisieux - 2

Geschrieben von (ksf) am 09.02.2013
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Letzte Gespräche,15/07/1897

Die Gemeinschaft der Heiligen

 

Schwester Maria von der Eucharistie hatte vor, die Kerzen für eine Prozession anzuzünden. Sie hatte keine Zündholzer zur Hand, sah aber die kleine Lampe vor den Reliquien brennen und ging näher hin. Nun sah sie, dass sie Lampe am Erlöschen war; es war nur noch ein schwaches Glimmen auf dem verkohlten Docht übrig. Dennoch konnte sie ihr Kerze zum Brennen bringen, und durch diese brannten bald alle Kerzen der Gemeinschaft. Die kleine, halb erloschene Lampe hat also diese schönen Flammen hervorgebracht, und diese wiederum können zahllose andere zum Brennen bringen, ja, das Universum in Brand setzen. Wie könnten die schönen Flammen sich rühmen, eine derartige Feuersbrunst hervorgebracht zu haben, wo wie doch wussten, durch den Kontakt mit dem kleinen Funken zum Brennen gebracht worden zu sein...

So ist es auch mit der Gemeinschaft der Heiligen. Oft verdanken wir, ohne es zu wissen, empfangene Gnaden und Erleuchtungen einer uns verborgenen Seele. Der liebe Gott will ja, dass die Heiligen einander durch Gebet die Gnade mitteilen, damit sie im Himmel tiefe Liebe füreinander empfinden können, eine noch viel tiefere Liebe als in der Familie, selbst wenn diese die vollkommenste auf Erden wäre. Wie oft habe ich daran gedacht, dass ich alle empfangenen Gnaden den Gebeten einer Seele verdanken könnte, die sich beim lieben Gott für mich verwendet hat und die ich erst im Himmel kennenlernen würde. Ein winziger Funken kann tatsächlich in der ganzen Kirche viel Licht entstehen lassen – wie Kirchenlehrer und Märtyrer, die im Himmel sicherlich hoch erhoben sind über dem kleinen Funken. Aber wie sollte die Herrlichkeit, die ihnen zuteil wird, nicht auch dem kleinen Funken zuteil werden? Im Himmel begegnet man keinen teilnahmslosen Blicken; denn alle Erwählten erkennen, dass sie die Gnade, die ihnen die Himmelskrone verschafft hat, einander verdanken.

 

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Selbstbiographische Schriften C, 15-16

Die Feindesliebe

 

„Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen“ (Mt 5,43-44). Kein Zweifel, im Karmel trifft man nicht auf Feinde, Sympathien jedoch spielen durchaus eine Rolle. Von einer Schwester fühlt man sich angezogen, wegen einer anderen jedoch macht man einen weiten Umweg, um eine Begegnung zu vermeiden. So wird diese, ohne es zu wissen, zu einer Verfolgten. Jesus nun sagt mir, dass ich diese Schwester lieben soll, dass ich für sie beten soll, auch wenn ihr Verhalten mich zu der Annahme bringen sollte, dass sie mich nicht liebt: „Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner?“ Und lieben reicht nicht, man muss dafür den Beweis antreten. Normalerweise freut man sich darüber, wenn man einem Freund etwas schenken kann, vor allem Überraschungsgeschenke sind beliebt. Das jedoch ist keine Nächstenliebe, denn so verhalten sich auch die Sünder. Dazu gibt mir Jesus noch folgende Lehre: „Gebt jeden, der euch bittet. Und wenn man euch etwas wegnimmt, was euch gehört, verlangt es nicht zurück“. Gebt allen, die euch bitten: das ist weniger angenehm als wenn man aus einer Herzensregung heraus selbst ein Angebot macht... Wenn es schon schwer ist, jedem Bittsteller etwas zu geben, so ist es noch viel schwerer, sich wegnehmen zu lassen, was einem gehört, ohne es zurückzuverlangen. Liebe Mutter, ich sage, dass es schwer ist; ich sollte besser sagen, dass es schwer zu sein scheint; denn das Joch des Herrn drückt nicht, und seine Last ist leicht (Mt 11,30). Sobald man das Joch annimmt, spürt man, wie leicht es ist, und man ruft mit dem Psalmisten aus: „Ich eile voran auf dem Weg deiner Gebote, denn mein Herz machst du weit“ (Ps 118,32). Seitdem dieses friedliche Feuer mein Herz verzehrt, laufe ich voll Freude auf dem Weg deines neuen Gebotes (Joh 13,34).

 

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Selbstbiographie

„Sie hat alles gegeben“

 

„Ich will dich im Buch des Lebens lesen lassen, das die Wissenschaft der Liebe enthält“. Die Wissenschaft der Liebe, o ja, dies Wort tönt süß im Ohr meiner Seele; nur diese Wissenschaft begehre ich. Nachdem ich alle meine Schätze für sie dahingab, habe ich, wie die Braut des Hohenliedes (vgl. Hld 8,7), die Empfindung, nichts gegeben zu haben... Ich begreife so gut, dass nur die Liebe uns dem lieben Gott wohlgefällig zu machen vermag, und so ist diese Liebe das einzige Gut, das ich begehre.

Jesus gefällt es, mir den einzigen Weg zu zeigen, der zu diesem göttlichen Glutofen führt; dieser Weg ist die Hingabe des kleinen Kindes, das angstlos in den Armen seines Vaters einschläft... „Wer unerfahren ist, kehre hier ein“ (Spr 9,4), hat der Heilige Geist durch den Mund Salomos gesagt, und derselbe Geist der Liebe hat ferner gesagt: „Der Geringe erfährt Nachsicht und Erbarmen“ (Weish 6,6) In seinem Namen verkündet uns der Prophet Jesaja, dass am letzten Tage der Herr „wie ein Hirt seine Herde zur Weide führt und die Lämmer auf dem Arm trägt“ (Jes 40,11)...

Ach! Fühlten doch alle schwachen und unvollkommenen Seelen, was die kleinste aller Seelen empfindet, die Seele Ihrer kleinen Therese; so würde keine einzige daran verzweifeln, den Gipfel des Berges der Liebe zu erreichen; denn Jesus fordert keine großen Taten, sondern nur Hingabe und Dankbarkeit. Sagt er doch im Psalm 50: „Ich nehme von dir Stiere nicht an noch Böcke aus deinen Hürden. Denn mir gehört alles Getier des Waldes, das Wild auf den Bergen zu Tausenden. Ich kenne alle Vögel des Himmels... Hätte ich Hunger, ich brauchte es dir nicht zu sagen, denn mein ist die Welt und was sie erfüllt. Soll ich denn das Fleisch von Stieren essen und das Blut von Böcken trinken? Bring Gott als Opfer dein Lob“ (Ps 50,9-13). Das ist alles, was Jesus von uns fordert. Er bedarf unserer Werke nicht, sondern nur unserer Liebe; denn derselbe Gott, der erklärt, er brauche es uns nicht zu sagen, wenn er hungere, hat sich nicht gescheut, von der Samariterin ein wenig Wasser zu erbitten (Joh 4,7). Ihn dürstete... Er hatte Durst nach Liebe. Ach! Mehr denn je fühle ich: Jesus dürstet. Er trifft nur auf Undankbare und Gleichgültige unter den Jüngern der Welt, und unter seinen eigenen Jüngern findet er – ach! – so wenig Herzen, die sich ihm ohne Rückhalt hingeben und die ganze Zärtlichkeit seiner unendlichen Liebe verstehen.

 

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Brief 135

„Bittet den Herrn der Ernte, Arbeiter auszusenden.“

 

Als ich eines Tages darüber nachdachte, was ich tun könnte, um die Seelen zu retten, hat mir ein Wort des Evangeliums ein helles Licht gezeigt. Einst sagte Jesus zu seinen Jüngern, als er ihnen ein Feld mit reifem Weizen zeigte: „Blickt umher und seht, dass die Felder weiß sind, reif zur Ernte.“ (Joh 4,35), und ein wenig später: „Die Ernte ist groß, doch es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet den Herrn der Ernte, Arbeiter zu senden“. Was für ein Geheimnis! Ist Jesus nicht allmächtig? Gehören die Geschöpfe nicht dem, der sie gemacht hat? Warum sagt Jesus dann: „Bittet den Herrn der Ernte, Arbeiter zu senden“? Warum nur?

Ah! Weil Jesus uns mit einer so unbegreiflichen Liebe liebt, dass er uns teilnehmen lassen möchte mit ihm am Heil der Seelen. Er möchte nichts ohne uns machen. Der Schöpfer des Alls wartet auf das Gebet einer kleinen armen Seele, um andere Seelen zu erretten, die losgekauft sind wie sie um den Preis seines Blutes. Unsere Berufung ist nicht, in den Feldern mit reifem Weizen die Ernte einzubringen. Jesus sagt uns nicht: „Schaut auf die Erde, seht die Felder an und geht, um sie abzuernten.“ Unsere Mission (als Karmelitinnen) ist erhabener. Hier die Worte unseres Jesus: „Blickt umher und seht. Seht, wie es in meinem Himmel leere Plätze gibt. Euch kommt es zu, sie zu füllen. Ihr seid mein auf dem Berg betender Moses (vgl. Ex 17,8 ff). Bittet mich um Arbeiter und ich werde sie senden; ich warte nur auf ein Gebet, eine Bitte, einen Seufzer eures Herzens!“

 

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Autobiographisches Manuskript A, 75 v° - 76 r°

„Jesus aber lag hinten im Boot auf einem Kissen und schlief.“

 

Meine liebe Mutter, ich hätte Ihnen berichten sollen von den Exerzitien, die meiner Profess vorangingen. Sie haben mich in keinerlei Weise getröstet; eine vollständige geistliche Trockenheit und beinahe Gottverlassenheit hatte mich heimgesucht. Jesus schlief wieder wie gewöhnlich in meinem kleinen Boot. Ja, ja, ich sehe schon, dass die Seelen ihn sehr selten ruhig bei sich schlafen lassen. Jesus ist so erschöpft durch das ständige Tun und die Bitten, dass er die Erholung, die ich ihm anbiete, unbedingt annimmt. Zweifellos wird er nicht vor den großen Exerzitien der Ewigkeit aufwachen; doch anstatt Pein erfüllt mich das mit ungeheurer Freude.

Ich bin wahrhaftig weit davon entfernt, eine Heilige zu sein, das allein ist schon Beweis genug. Anstatt mich über meine geistliche Trockenheit zu freuen, sollte ich sie vielmehr meinem Mangel an Eifer und Treue zuschreiben; ich sollte traurig darüber sein, (seit sieben Jahren) während des inneren Gebets und der Danksagung einzuschlafen. Und trotzdem bin ich nicht traurig: Ich denke vielmehr, dass die kleinen Kinder ihren Eltern genauso gefallen, wenn sie schlafen, wie wenn sie wach sind. Und die Ärzte, so will ich meinen, lassen ihre Kranken einschlafen, um sie zu operieren. Und schließlich meine ich, dass „der Herr weiß, was wir für Geschöpfe sind; er denkt daran, dass wir Staub sind.“ (Ps 102,14)

Meine Professexerzitien waren also, wie alle folgenden übrigens, Exerzitien in großer geistlicher Dürre. Und doch zeigte mir der gute Gott ganz klar, jedoch ohne, dass ich es gemerkt habe, wie ich ihm gefallen und mich in erhabenen Tugenden üben konnte. Ich durfte oft feststellen, dass Jesus mir keine Vorräte geben will. Er gibt mir jeden Augenblick neu eine ganz neue Nahrung zu essen. Ich finde sie in mir, ohne dass ich weiß, wie sie dahin kommt. Ich glaube ganz einfach, dass Jesus selbst, verborgen in meinem Herzen, mir die Gnade schenkt, in mir zu wirken, und mich daran denken lässt, was ich im gegenwärtigen Augenblick zu tun habe.

 

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Ich fühle, dass meine Mission beginnt: meine Mission, den lieben Gott so lieben zu lehren, wie ich Ihn liebe, und den Seelen meinen „kleinen Weg“ zu geben. Wenn meine Wünsche erfüllt werden, dann verbringe ich meinen Himmel bis zum Ende der Welt auf Erden. Ja, ich will meinen Himmel damit verbringen, auf Erden gutes zu tun.

 

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Selbstbiografische Schriften C, 25 r.-v.

«So sollt ihr beten: Vater unser»

 

Abgesehen vom Brevier, das zu rezitieren ich doch so unwürdig bin, kann ich mich nicht dazu aufraffen, in Büchern nach schönen Gebeten zu suchen; davon bekomme ich Kopfschmerzen; es gibt ja so viele! Und dann ist eines immer noch schöner als das andere...

Ich möchte jedoch nicht, geliebte Mutter, dass Sie glauben, ich sei bei den gemeinsamen Gebeten im Chor oder allein in meinem Zimmer unandächtig. Ich mag die gemeinsamen Gebete nämlich sehr; Jesus hat ja verheißen, dass er mitten unter denen ist, die sich in seinem Namen versammeln. (Mt 18,19-20). Ich habe dann das Gefühl, dass der Eifer meiner Schwestern meinen mangelnden Einsatz ersetzt. Aber wenn ich ganz allein bin – und ich schäme mich, das eingestehen zu müssen – macht mir das Aufsagen des Rosenkranzes so viel Mühe, dass ich in ihm eher ein Werkzeug der Buße sehe. Ich spüre, dass ich es nur schlecht in Worte fassen kann. Ich bemühe mich vergeblich, die Geheimnisse des Rosenkranzes zu meditieren; es gelingt mir nicht mich zu konzentrieren. Lange Zeit war ich tieftraurig über diesen befremdlichen Mangel an Eifer. Ich liebe doch die heilige Jungfrau so sehr, dass es mir leicht fallen sollte, ihr zu Ehren Gebete zu beten, die ihr gefallen. Jetzt rege ich mich nicht mehr so auf; ich glaube, dass die Himmelskönigin, die ja meine Mutter ist, meinen guten Willen schon sieht und sich damit begnügt.

Wenn mein Geist sich in einer so großen Trockenheit befindet, dass ich keinen einzigen Gedanken fassen kann, um mich mit dem lieben Gott zu vereinen, dann bete ich manchmal ganz langsam ein Vaterunser und den Gruß des Engels [Gegrüßet seist du, Maria; LK 1,28]. Die Gebete reißen mich dann mit, sie geben meiner Seele viel mehr Nahrung, als wenn ich sie hundertmal schnell aufsagen würde.

 

 


Letzte Änderung: 10.02.2013 um 03:39

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