Sonstiges
Johannes Tauler - 2 |
Geschrieben von (ksf) am 02.11.2011 |
Predigt 69
«Er lehrte täglich im Tempel»
Unser Herr selber lehrt uns, was wir tun müssen, damit unser Inneres zu einem Haus des Gebetes wird; denn der Mensch ist in Wahrheit ein Gott geweihter Tempel. Zunächst müssen wir die Händler daraus verjagen, also die Bilder und Vorstellungen der geschaffenen Güter, und alles, was Befriedigung in den Dingen dieser Welt verschafft und Genuss bei der Ausübung des eigenen Willens. Dann muss der Tempel mit Tränen gereinigt werden, damit er rein wird. Die Tempel sind nicht alle heilig, nur weil sie bewohnbare Behausungen sind...; es ist Gott, der sie heiligt.
Der Tempel, von dem hier die Rede ist, ist der liebenswerte Tempel Gottes, in dem Gott sich wahrhaftig mitteilt... wenn man in ihm Ordnung geschaffen hat. Wie könnte Gott in einer Seele Wohnung nehmen, die noch nicht die geringste Ahnung von Gott hat? Ist sie nicht oft vollgestopft mit vielen anderen Dingen?
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Predigt 71, zu Allerheiligen
«Du wirst ihm vergeben»
„Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden“ (Mt 5,7). Von der Barmherzigkeit Gottes sagt man, dass sie größer ist als alle seine Werke. Deshalb ist ein barmherziger Mensch ein wahrhaft göttlicher Mensch; denn das Erbarmen kommt aus der Nächstenliebe und aus der Güte. Darum sind die wahren Freunde Gottes überaus barmherzig und zu Sündern und Leidenden viel freundlicher als andere, die diese Liebe nicht haben. Und da die Barmherzigkeit aus der Liebe hervorgeht, die wir einander schulden..., werden wir, wenn wir sie nicht üben, am Tag des Gerichts vom Herrn dafür besonders zur Rechenschaft gezogen werden...
Dieses Erbarmen erweist sich nicht allein in der Mildtätigkeit, sondern beweist sich gerade in allen Leiden, die über deinen Nächsten hereinbrechen. Wer da zusehen kann, ohne seinen Brüdern in all ihren Leiden mit echter Liebe und tätigem Mitgefühl zu begegnen, und wer nicht aus Mitleid seine Augen vor ihren Fehlern verschließt, der hat Grund zur Befürchtung, dass Gott ihm seine Barmherzigkeit verweigert, denn „nach dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird euch zugeteilt werden“ (Mt 7,2).
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Das edelste und köstlichste Ding, von dem man sprechen kann, ist die Liebe; man kann nichts Nützlicheres lernen. Gott verlangt weder große Vernunft noch tiefe Gedanken, noch große Übungen der Frömmigkeit, wenn man auch gute Übungen nie aufgegeben soll. Aber allen Übungen gibt erst die Liebe Wert und Würde. Gott verlangt nur die Liebe, denn nach Paulus Lehre ist sie „ein Band aller Vollkommenheit“. Große Vernunft und Geschicklichkeit besitzen Juden und Heiden auch, große Werke tun Gerechte und Ungerechte, die Liebe allein trennt den Bösen von dem Guten: Denn Gott ist die Liebe, und die in der Liebe wohnen, wohnen in Gott und Gott in Ihnen. Und darum lernt vor allem wahre Liebe.
(aus Missio – Weiheiten des Christentums – Bonifatius Druck)
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Predigt 53, § 4-5 8
„Selig seid ihr, denn eure Augen sehen“
Unser Herr hat gesagt: „Viele Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen“. Mit Propheten sind hier die großen tiefgründigen Denker gemeint, die sich auf die Schärfe ihres angeborenen Verstandes berufen und sich etwas darauf einbilden. Solche Augen sind nicht selig. Unter Gerechten sind Menschen mit einer Herrennatur zu verstehen, Menschen von großer Tatkraft, die Herren sind ihrer selbst, ihrer Worte, ihrer Werke, ihrer Zunge, und die im Fasten, Nachtwachen und Gebet alles vermögen, was sie sich vornehmen. Aber sie machen davon viel Aufhebens, als handle es sich um etwas Außergewöhnliches, und verachten die Anderen. Das sind ebenso wenig Augen, die das sehen, was sie selig macht.
Sie alle wollten sehen und haben nicht gesehen. Sie wollten sehen und waren doch von ihrem eigenen Wollen bestimmt. Das eigene Wollen bedeckt wie Schuppen oder Schleier die leiblichen Augen und hindert sie daran zu sehen... solange du im Eigenwillen verharrst, bist du um die Freude gebracht, mit dem inneren Auge zu sehen. Denn alles wahre Glück kommt aus der Hingabe, aus der Loslösung vom eigenen Willen. All das entfaltet sich in der Tiefe der Demut... Je kleiner und demütiger man ist, desto weniger Eigenwillen hat man...
Wenn alles befriedet ist, nimmt die Seele ihr eigenes Wesen wahr und all ihre Fähigkeiten; sie erkennt sich als vernunftbegabtes Abbild Dessen, aus Dem sie hervorgegangen ist. Die Augen,... deren Blick so weit reicht, können aufgrund dessen, was sie sehen, zurecht selig genannt werden. Da entdeckt man das Wunder aller Wunder, das, was ganz rein und einem ganz sicher ist; was einem am wenigsten genommen werden kann... Könnten wir doch diesen Weg gehen und auf eine Weise sehen, dass unsere Augen selig sind. Gott helfe uns dabei!
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Predigt 17, zum Montag vor Christi Himmelfahrt:
«Gib uns heute das Brot, das wir brauchen» (Mt 6,11)
Wir müssen uns überlegen, warum und wie wir beten sollen. Wenn der Mensch sich dem Gebet überlassen will, muss er zuerst sein Herz in sich selbst zurückholen, es zurückrufen aus der Ruhelosigkeit und der Zerstreuung, in die es sich verirrt hat; dann muss er in tiefer Demut Gott zu Füßen fallen, ihn ausgiebig und innig bitten, an die Tür des Vaterherzens klopfen und um sein Brot betteln, also um Liebe zum Nächsten... Dann müssen wir darum bitten, dass Gott uns gnädig um das bitten lehrt, was ihm an unserem Gebet am besten gefällt und was uns am meisten nützt...
Nicht alle Menschen können im Geiste beten; es gibt welche, die auf das gesprochene Gebet zurückgreifen müssen. In diesem Fall wende dich an den Herrn mit den liebenswürdigsten, freundlichsten und zärtlichsten Worten, die dir einfallen. Das wird auch deine Liebe und dein Herz beleben. Bitte den himmlischen Vater, dass er durch seinen einzigen Sohn sich selbst als Ziel deines Gebets dir schenkt – auf möglichst angenehme Weise. Und wenn du eine Gebetsform gefunden hast, die dir mehr als alle anderen zusagt und deine Hingabe weckt..., dann behalte diese Gebetsform bei und ziehe sie den anderen vor... es gilt mit Eifer und Hartnäckigkeit an die Türe zu klopfen, denn „wer bis zum Ende standhaft bleibt, erhält den Siegeskranz“ (vgl. Mt 10,22; 2 Tim 2,5)... „Wenn nun schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn darum bitten“ (Lk 11,13).
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Letzte Änderung: 02.07.2012 um 13:56
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