Wort der Päpste

Papst Benedikt XVI. - Die verletzte Religionsfreiheit und das Schweigen des Westens

Geschrieben von (ksf) am 30.12.2010
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Rom (kath.net/as)

Am 16. Dezember 2010 veröffentlichte der Vatikan die Botschaft Benedikts XVI. zum Weltfriedenstag 2011, der am kommenden 1. Januar begangen wird. Der Papst stellte sein diesjähriges Schreiben unter das Thema der Religionsfreiheit.

Er erklärt: „Die Christen sind gegenwärtig die Religionsgruppe, welche die meisten Verfolgungen aufgrund ihres Glaubens erleidet. Viele erfahren tagtäglich Beleidigungen und leben oft in Angst wegen ihrer Suche nach der Wahrheit, wegen ihres Glaubens an Jesus Christus und wegen ihres offenen Aufrufs zur Anerkennung der Religionsfreiheit“.

Mit diesen Worten bricht Benedikt XVI. ein immer mehr festzustellendes Tabu im westlichen Kulturkreis, durch das zum einen eine relativistischen Anerkennung der Nichtexistenz von Wahrheit und der Intoleranz gegenüber jenen legitimiert wird, die diesem Anspruch aufgrund ihres Glaubens nicht genügen können und wollen.

Zum anderen besteht eine Folge dieser eingeforderten Gleichgültigkeit darin, dass gerade zum Problem der Gewalt gegen Christen, die aus religiösen Motiven vorangebracht wird, Schweigen herrscht.

Gerade die Ereignisse der Weihnachtszeit mit ihren Gewaltausbrüchen gegen Christen in Nigeria und auf den Philippinen mit Dutzenden von Toten und Verletzten bilden eine erschreckende Bestätigung der Feststellung des Papstes sowie eine weitere Demonstration der genannten Gleichgültigkeit und heuchlerischen Bekräftigung eines rein horizontal definierten Freiheitsbegriffs.

„Es ist schmerzlich festzustellen, dass es in einigen Regionen der Welt nicht möglich ist, den eigenen Glauben frei zu bekennen und zum Ausdruck zu bringen, ohne das Leben und die persönliche Freiheit aufs Spiel zu setzen“, so Benedikt XVI.

Doch „in anderen Gebieten existieren lautlosere und raffiniertere Formen von Vorurteil und Widerstand gegen die Gläubigen und gegen religiöse Symbole“.

Dieser Zwei-Fronten-Kampf für die Religionsfreiheit macht deutlich, dass dessen Gegenstand das physische und metaphysische Wohl der auf die Wirklichkeit Gottes ausgerichteten Person ist, die in ihrer transzendenten Dimension Sinn und Ziel ihres Daseins erkennt und sich nicht mit Verkürzungen und Einschränkungen ihres innersten Seins zufrieden geben kann.

Wird die öffentliche Rolle der Religion verdunkelt, so der Papst, sind die Folge eine ungerechte Gesellschaft, insofern sie nicht im rechten Verhältnis zur wahren Natur der menschlichen Person steht, sowie die Verunmöglichung der Durchsetzung eines echten und dauerhaften Friedens der ganzen Menschheitsfamilie.

Was den Westen betrifft: Mangelnde Religionsfreiheit, die „raffiniert“ und mit dem Mantel der Gleichgültigkeit daherkommt, ist Ausdruck des Selbsthasses und fehlenden Verständnisses seiner Kultur.

Die wahre Gefahr, welche die Freiheit bedroht, entsteht dort, wo die Flamme des Glaubens immer schwächer wird und zu verlöschen droht.

Die wahre Gefahr für die Freiheit ist die große Apostasie, die sich in der Gleichgültigkeit selbst verzehrt und die Tore für den Feind der Freiheit öffnet.

So ist es eigentlich kein Wunder, dass sich der fortschrittliche Westen mit seinen Freiheiten und materiellen Potentialitäten nicht auf die Seite der Verteidigung der Religionsfreiheit stellt und verbunden mit einer fiktiven Liberalität auch das Untolerierbare im Namen eine Pseudotoleranz toleriert.

Der kontinuierliche, schreckliche und die Menschenwürde verletzende Fluss von Christen, die Opfer von Gewalt, Hysterie und gegen sie geführte Kriege werden, wird verdrängt, erscheint nicht, kommt nicht in den Statistiken vor, macht keinen Eindruck auf das öffentliche Bewusstsein.

Das 20. Jahrhundert war mit rund 45 Millionen ob ihrer Religionszugehörigkeit gemarterten Christen das Zeitalter der größten Christenverfolgungen in der Geschichte. Auch die ersten Jahre des dritten Jahrtausends verzeichnen vor allem in Ländern großer islamischer Expansion (Ägypten, Sudan, Indonesien, Osttimor) ein rapides und immer weiter steigendes Anwachsen der Gewalt gegen Christen.

Dies stellt sich nicht selten als Gemetzel dar, während der freie Westen zusieht und eines nicht erkennt: Der von den Christen hinterlassene Leerraum wird unvermeidlich von der fortschreitenden Entwicklung des Islam besetzt – einer „heißen“ Religion, der eine „kalt“ gewordene Gesellschaft nichts entgegenzustellen hat.

Es fällt schwer, angesichts gerade auch der Vorfälle der letzten Tage zu meinen, es handle sich um einfache Ausbrüche absurder Gewalt an sich. Es geht um mehr: Dort, wo Christen ob ihres Bekenntnisses zum einen Herrn getötet werden, stirbt auch die Vernunft und die Möglichkeit eines Dialogs, dessen Mittelpunkt der Aufbau einer gerechten Gesellschaft ist.

Das Abendland wird sich entscheiden müssen, ob es sich es leisten kann, die Botschaft des Christentums, auf dessen Grundfesten es (immer noch) steht, abzulehnen und auf der Müllkippe der relativen Ideen zu entsorgen.

In der Zeit des untergehenden Römischen Reiches, so Benedikt XVI. in seiner Weihnachtsansprache an die Römische Kurie (20.12.2010), riefen einst die Christen: „Excita, Domine, potentiam tuam, et veni“: „Entfache deine Macht, o Herr, und komm“.

Denn angesichts des Verfalls spürten die Christen, dass allein die Macht Gottes imstande ist, zu retten und der Zerstörung zu widerstehen: „Die Auflösung der tragenden Ordnungen des Rechts und der moralischen Grundhaltungen, die ihnen Kraft gaben, ließ die Dämme zerbrechen, die bisher das friedliche Miteinander der Menschen geschützt hatten.

Eine Welt war im Untergang begriffen. Häufige Naturkatastrophen verstärkten noch diese Erfahrung der Ungeborgenheit. Es war keine Macht in Sicht, die dem hätte Einhalt gebieten können. Umso dringender war der Ruf nach Gottes eigener Macht: dass er komme und die Menschen gegen all diese Drohungen schütze“.

„Excita, Domine, potentiam tuam, et veni“: gerade in einer Zeit, da die Christen unter dem Schweigen der Welt hingemetzelt werden, in einer Zeit der Dekadenz, die jener des verlöschenden Römischen Reichs in wenig nachsteht.


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Letzte Änderung: 31.12.2010 um 17:28

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