Wort der Päpste
Papst Benedikt XVI. - Gedanken zum Sel. John Henry Newman |
Geschrieben von (ksf) am 05.01.2011 |
Rom (kath.net/as)
Warum wurde John Henry Newman seliggesprochen? Was hat er den Gläubigen zu sagen? Ausgehend von diesen Fragen erläuterte Benedikt XVI. in seiner Ansprache an die Römische Kurie zwei Aspekte, die wesentlich zusammengehören: den Weg der Bekehrung Newmans sowie dessen Lehre vom Gewissen.
Die Bekehrungen Newmans gäben eine Lehre, so der Papst, „weil sie Schritte eines geistigen Weges sind, der uns alle angeht“. Bis zu seiner ersten Bekehrung zum Glauben an den lebendigen Gott habe Newman wie der Durchschnitt der Menschen seiner Zeit und wie auch der Durchschnitt der Menschen von heute gedacht, „die Gottes Existenz nicht einfach ausschließen, aber sie doch als etwas Unsicheres ansehen, das im eigenen Leben keine wesentliche Rolle spielt. Als das eigentlich Reale erschien ihm wie den Menschen seiner und unserer Zeit das Empirische, das materiell Fassbare“.
In seiner Bekehrung erkenne Newman, dass genau das Umgekehrte der Dall sei: „dass Gott und die Seele, das geistige Selbstsein des Menschen, das eigentlich Wirkliche sind, worauf es ankommt. Dass sie viel wirklicher sind als die fassbaren Gegenstände“.
„Diese Bekehrung bedeutet eine kopernikanische Wende. Was bisher unwirklich und unwesentlich erschien, erweist sich als das eigentlich Entscheidende. Wo eine solche Bekehrung geschieht, ändert sich nicht eine Theorie, sondern die Grundgestalt des Lebens wird anders. Dieser Bekehrung bedürfen wir alle immer wieder: Dann sind wir auf dem richtigen Weg.“
Als zweites ging Benedikt XVI. auf das Gewissen als die treibende Kraft der Bekehrung Newmans ein und stellte dabei die moderne Sicht des Gewissens seiner eigentlichen Dimension entgegen:
„Im modernen Denken bedeutet das Wort Gewissen, dass in Sachen Moral und Religion das Subjektive, das Individuum die letzte Entscheidungsinstanz darstellt. Die Welt wird in die Bereiche des Objektiven und des Subjektiven geschieden. Das Objektive sind die Dinge, die man berechnen und im Experiment überprüfen kann. Religion und Moral entziehen sich diesen Methoden und gelten daher als der Bereich des Subjektiven. Da gebe es letztlich keine objektiven Maßstäbe. Die letzte Instanz, die hier entscheiden kann, sei daher nur das Subjekt, und mit dem Wort „Gewissen“ wird dann eben dies ausgesagt: In diesem Bereich kann nur der einzelne, das Individuum mit seinen Einsichten und Erfahrungen entscheiden.“
Dieser Sicht sei das Konzept Newmans diametral entgegengesetzt: Gewissen bedeute für ihn die Wahrheitsfähigkeit des Menschen: „die Fähigkeit, gerade in den entscheidenden Bereichen seiner Existenz – Religion und Moral – Wahrheit, die Wahrheit zu erkennen“. Das Gewissen als die Fähigkeit des Menschen zum Erkennen der Wahrheit lege Newman zugleich die Verpflichtung auf, „sich auf den Weg zur Wahrheit zu begeben, nach ihr zu suchen und sich ihr zu unterwerfen, wo er ihr begegnet.“
„Gewissen ist Fähigkeit zur Wahrheit und Gehorsam gegenüber der Wahrheit, die sich dem offenen Herzens suchenden Menschen zeigt. Der Weg der Bekehrungen Newmans ist ein Weg des Gewissens – nicht der sich behauptenden Subjektivität, sondern gerade umgekehrt des Gehorsams gegenüber der Wahrheit, die sich ihm Schritt um Schritt öffnete.“
Die Bekehrung Newmans zum Katholizismus verlange von ihm, fast alles aufzugeben, was ihm lieb und teuer war, so Benedikt XVI.: „Besitz und Beruf, seinen akademischen Rang, Familienbande und viele Freunde“. Aber der Verzicht, den ihm der Gehorsam gegenüber der Wahrheit, sein Gewissen, abverlangte, sei noch weiter gegangen: „Newman hatte immer gewusst, dass er eine Sendung für England habe. Aber in der katholischen Theologie seiner Zeit konnte seine Stimme kaum gehört werden. Sie war zu fremd gegenüber der herrschenden Form des theologischen Denkens und auch der Frömmigkeit.“
„Im Januar 1863 schrieb er in sein Tagebuch die erschütternden Sätze: ‚Als Protestant empfand ich meine Religion kümmerlich, aber nicht mein Leben. Und nun, als Katholik, ist mein Leben kümmerlich, aber nicht meine Religion.“ Newman habe erst noch in der Demut und im Dunkel des Gehorsams warten müssen, bis seine Botschaft gebraucht und verstanden wurde.
„Um Newmans Gewissensbegriff mit dem modernen subjektiven Verständnis des Gewissens identifizieren zu können, verweist man gern auf sein Wort, dass er – falls es angebracht wäre, einen Trinkspruch auszubringen – zuerst auf das Gewissen und dann auf den Papst anstoßen werde. Aber in dieser Aussage bedeutet das Gewissen nicht die letzte Verbindlichkeit des subjektiven Empfindens. Es ist Ausdruck für die Zugänglichkeit und für die verpflichtende Kraft der Wahrheit: Darin ist sein Primat begründet. Dem Papst kann der zweite Trinkspruch gelten, weil es sein Auftrag ist, den Gehorsam gegenüber der Wahrheit einzufordern.“
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Letzte Änderung: 06.01.2011 um 09:48
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