Wort der Päpste

Papst Benedikt XVI. - Johanna von Orléans: ein Beispiel für das politische Wirken der Laien

Geschrieben von (ksf) am 26.01.2011
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Rom (kath.net/as)

In Fortsetzung seiner Katechesenreihe über große Frauengestalten der Kirchengeschichte beschäftigte sich Benedikt XVI. bei der heutigen Generalaudienz in der „Aula Paolo VI“ vor rund 3.500 Pilgern und Besuchern mit der französischen Nationalheiligen Johanna von Orléans (Jeanne d'Arc; * 6. Januar 1412 (?) in Domrémy, dem heutigen Domrémy-la-Pucelle in Lothringen in Frankreich ; † 30. Mai 1431 in Rouen in Frankreich).

Der Papst betonte zusammenfassend, dass das Leben Johannas ein „schönes Beispiel der Heiligkeit für Laien ist, die sich vor allem in schwierigen Situationen im politischen Leben engagieren“. Der Glaube sei das Licht einer jeden ihrer Entscheidungen, wie dies 100 Jahre nach Johanna auch der große englische Heilige Thomas Morus bezeuge. Johanna, die im Alter von nur 19 Jahren gestorben sei und mehrmals im „Katechismus der Katholischen Kirche“ zitiert werde, sei der heiligen Patronin von Italien Katharina von Siena besonders nahe gestanden. Katharina und Johanna „sind zwei junge Frauen aus dem Volk, Laien und der Jungfräulichkeit geweiht; zwei Mystikerinnen, die nicht im Kloster arbeiteten, sondern mitten in den dramatischsten Wirklichkeiten der Kirche und der Welt ihrer Zeit“. Beide seien die „vielleicht charakteristischsten Gestalten, die am Ende des Mittelalters als ‚starke Frauen stehen und furchtlos das große Licht des Evangeliums in die komplexen Umstände der Geschichte hi
neintrugen“. Benedikt XVI. verglich die beiden Heiligen auch mit Maria sowie mit jenen heiligen Frauen, die auf Golgotha bei Jesus blieben, während die Apostel geflohen waren und selbst Petrus ihn dreimal verleugnet hatte.

Auf die Lebensgeschichte Johannas eingehend erklärte Benedikt XVI., dass die Kirche zu jener Zeit die tiefe Krise des großen, fast 40jährigen abendländischen Schismas erlebt habe: „Als Katharina von Siena 1380 stirbt, gibt es einen Papst und einen Gegenpapst; als Johanna 1412 geboren wird, gibt es einen Papst und einen Gegenpapst“. Jenseits dieser inneren Zerrissenheit der Kirche habe es ständige Bruderkriege unter den christlichen Völkern Europas gegeben, dessen dramatischster der „100jährige Krieg“ zwischen Frankreich und England gewesen sei.

In dieser Situation des Krieges habe Johanna von Kindheit auf große Nächstenliebe und großes Mitleid mit den Ärmsten, den Kranken und allen Leidenden an den Tag gelegt. Seit ihrem 14. Lebensjahr habe sie sich vom Herrn dazu berufen gefühlt, ihr christliches Leben zu stärken und sich auch selbst für die Befreiung ihres Volkes einzusetzen. Das Mitleid und das Engagement der jungen französischen Bäuerin gegenüber den Leiden ihres Volkes seien durch die mystische Beziehung zu Gott noch intensiver geworden. Einer der originellsten Aspekte der Heiligkeit Johannas sei gerade diese Verbindung zwischen mystischer Erfahrung und politischer Sendung gewesen, so Benedikt XVI.

Nach den Jahren der inneren Reifung sei es zu einer kurzen, aber intensiven Zeit ihres öffentlichen Lebens gekommen: „Ein Jahr der Aktion und ein Jahr des Leidens“. Das Bild der politischen Sendung Johannas, das sie auf ihre Standarte malen lassen habe, sei das des Herrn gewesen, der die Welt erhält. Sie betrachte Jesus als den König des Himmels und der Erde. Die Befreiung ihres Volkes sei ein Werk der menschlichen Gerechtigkeit, das die Heilige in der Liebe zu Jesus erfülle.

Johanna nehme auch die Wirklichkeit der ganzen Kirche in Betracht: der „ecclesia triumphans“ im Himmel und der „ecclesia militans“ auf Erden. Die Kirche und Jesus bildeten eine Einheit, so Johanna. Diese ihre Aussage, die auch in den Katechismus des Katholischen Kirche aufgenommen worden sei, hat für den Papst „im Zusammenhang des Prozesses, durch den sie verurteilt wurde, einen wirklich heroischen Charakter: gegenüber ihren Richtern, Männern der Kirche, die sie verfolgt und verurteilt hatten“. In der Liebe zu Jesus finde Johanna die Kraft, die Kirche bis zum Ende zu lieben.

Den Prozess, der zur Verurteilung zum Tod auf dem Scheiterhaufen geführt hatte und 25 Jahre später annulliert worden ist, bezeichnete der Papst als eine „erschütternde Seite der Geschichte der Heiligkeit, die auch ein Licht auf das Geheimnis der Kirche wirft, die gleichzeitig heilig ist und immer der Reinigung bedarf“.

Theologen, denen es an Liebe und Demut mangelte, in Johanna das Wirken Gottes zu sehen, hätten ihr Urteil gesprochen. Die Richter der Heiligen „sind völlig unfähig, sie zu verstehen, die Schönheit ihrer Seele zu sehen: sie wussten nicht, dass sie eine Heilige verurteilten“. Für Johanna sei die Jungfräulichkeit der Seele der Stand der Gnade und höchster Wert gewesen, der ihr kostbarer gewesen sei als ihr Leben. Ihre Jungfräulichkeit „ist ein Geschenk Gottes, das entgegengenommen werden und demütig und vertrauensvoll bewahrt werden muss“.

Der Papst rief den Einfluss in Erinnerung, den Johanna auf die heilige Therese von Lisieux gehabt habe, „eine junge Heilige der modernen Zeit“, die zusammen mit ihr Patronin Frankreichs sei. „In einem völlig anderen, in der Klausur zugebrachten Leben fühlte sie sich Johanna sehr nahe: sie lebte im Herzen der Kirche und nahm Anteil an den Leiden Christi für das Heil der Welt“.

Johanna von Orléans, so Benedikt XVI. seine Katechese abschließend, lade die Christen von heute zu einem hohen Maß christlichen Lebens ein. Dieses bestehe darin, „das Gebet zum Leitfaden unserer Tage zu machen; die Nächstenliebe ohne Bevorzugungen und Grenzen zu leben und dabei wie sie aus Jesus eine tiefe Liebe zur Kirche zu schöpfen“.

Die Pilger aus dem deutschen Sprachraum begrüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Gerne grüße ich alle Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache. Die heilige Jeanne d’Arc gibt uns ein hohes Beispiel für ein Leben aus dem Glauben. Das Gebet möge der Leitfaden auch in unserem Alltag sein, ebenso das Vertrauen in Gottes Güte, die Liebe zum Nächsten, in dem wir Christus erkennen. Um so mehr werden wir lebendige Glieder der Kirche und machen sichtbar, daß Christus und die Kirche eins sind (vgl. KKK 795). Der Herr segne euch alle.

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Letzte Änderung: 27.01.2011 um 09:47

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