Wort der Päpste
Papst Benedikt XVI. - Kulturelle Tendenzen betäuben das Gewissen |
Geschrieben von (ksf) am 17.12.2010 |
Rom (kath.ner/as)
„Es gibt kulturelle Tendenzen, die versuchen, die Gewissen mit angeblichen Gründen zu betäube.“ So äußerte sich Papst Benedikt XVI. in seiner Predigt zur Feier der ersten Vesper des 1. Advents am Samstag Nachmittag im Petersdom. Der Papst hatte gewollt, dass dieses Jahr in der ganzen Welt die Feier mit einer Gebetsvigil für das ungeborene Leben eingeleitet wird.
Benedikt XVI. zitierte die These, nach der der menschliche Embryo nur ein „Haufen von biologischem Material“ wäre, während die Wissenschaft selbst jedoch seine mit der Mutter zusammenwirkende Autonomie, die Koordinierung der biologischen Prozesse, die Kontinuität der Entwicklung sowie die wachsende Komplexität des Organismus hervorhebe. Es handle sich, so der Papst eindringlich, „um ein neues, dynamisches und wunderbar geordnetes Lebewesen, um ein neues Individuum der menschliche Spezies“:
„So ist Jesus im Schoß Mariens gewesen; so ist es für einen jeden von uns im Schoß der Mutter gewesen“. Den Kirchenschriftsteller Tertullian zitierend erklärte der Papst: „Es ist schon Mensch, der es sein wird“. Somit gebe es keinen Grund, den Menschen nicht ab seiner Empfängnis als Person zu betrachten.
Die Erfahrung und die rechte Vernunft bezeugten, dass der Mensch ein zu Verstand und Willen fähiges Subjekt sei, das seiner selbst bewusst und frei, unwiederholbar und unersetzlich sei, „der Höhepunkt aller irdischen Wirklichkeiten, der fordert, als Wert in sich selbst anerkannt zu werden, und der es verdient, mit Achtung und Liebe angenommen zu werden“.
Der Embryo habe das Recht, nicht wie ein Gegenstand behandelt zu werden, den es zu besitzen gelte, oder wie eine Sache, die nach Belieben manipuliert und auf ein reines Instrument zum Vorteil anderer und ihrer Interessen reduziert werden könne.
„Ich ermahne die Akteure in der Politik, in der Wirtschaft und in den sozialen Kommunikationsmitteln, alles in ihrer Möglichkeit stehende zu tun, um eine dem Leben gegenüber immer respektvolle Kultur zu fördern, um günstige Bedingungen und Netzwerke zur Unterstützung der Aufnahme und Entfaltung des Lebens zu schaffen!“
Der Papst betonte, dass die Kirche stets das wiederhole, was das II. Vatikanische Konzil gegen die Abtreibung und jedwede Verletzung des entstehenden Lebens gesagt habe: „Das Leben ist daher von der Empfängnis an mit höchster Sorgfalt zu schützen“ (Gaudium et spes, 51). Die Person sei ein Gut in sich selbst, dessen ganzheitliche Entwicklung stets zu suchen sei. „Die Liebe zu allen strebt dann, so sie aufrichtig ist, spontan danach, vorzügliche Aufmerksamkeit gegenüber den Schwächsten und Ärmsten zu werden.“
In der Welt von heute jedoch sei es so, das leider auch nach der Geburt das Leben der Kinder der Gefahr der Verlassenheit, des Hungers, des Elends, der Krankheit, der Missbräuche, der Gewalt und der Ausbeutung ausgesetzt sei. Die vielfältigen Verletzungen ihrer Rechte „verletzen auf schmerzhafte Weise das Gewissen eines jeden Menschen guten Willens“.
Angesichts des traurigen Panoramas von Ungerechtigkeiten, die gegen das Leben des Menschen begangen werden, wiederholte Benedikt XVI. den leidenschaftlichen Aufruf seines Vorgängers Johannes Paul II. zur Verantwortung gegenüber allen und jedem einzelnen: „Achte, verteidige, liebe das Leben, jedes menschliche Leben und diene ihm! Nur auf diesem Weg wirst du Gerechtigkeit, Entwicklung, echte Freiheit, Frieden und Glück finden! “ (Evangelium vitae, 5).
Dem entsprechend sorge sich die Kirche um das entstehende Leben. Dieses sei „das Gebrechlichste, das am meisten vom Egoismus der Erwachsenen und von der Verfinsterung der Gewissen bedroht ist“. In der christlichen Sicht präsentiere der Mensch „eine unverwechselbare Originalität gegenüber allen anderen Lebewesen auf der Erde“, so der Papst. Der Mensch präsentiere sich als ein einzigartiges Subjekt, das jenseits seiner Materialität mit Intelligenz und freiem Willen begabt sei. Der Mensch lebe gleichzeitig und untrennbar in der geistlichen und leiblichen Dimension.
Abschließend dankte der Papst allen, die sich der Gebetsvigil angeschlossen hatten, sowie all denen, die sich der Annahme und der Bewahrung des menschlichen Lebens widmen, verharrte dann kniend vor dem auf dem Confessio-Altar ausgesetzten Allerheiligsten und betete das zu diesem Anlass verfasste Gebet, auf dass sich alle – Politiker, Parlamente, Wissenschaftler, Ärzte und die in der Wirtschaft Verantwortung Tragenden – für das werdende Leben einsetzen.
„Erziehe alle dazu, sich für die Sorge um verwaiste oder verlassene Kinder einzusetzen, damit sie die Wärme Deiner Liebe erfahren können.“
Die Predigt im Wortlaut in einer Arbeitsübersetzung von "Radio Vatikan":
Liebe Brüder und Schwestern !
Mit dieser Feier der Vesper schenkt uns der Herr die Gnade und die Freude, das neue Liturgische Jahr zu eröffnen, das mit seiner ersten Station beginnt: Dem Advent.
Einer Zeit, die an die Ankunft Gottes des Herrn mitten unter uns erinnert. Jeder Anfang bringt eine ganz besondere Gnade mit sich, weil er vom Herrn gesegnet ist. In diesem Advent ist uns noch einmal bestimmt, die Erfahrung der Nähe dessen zu machen, der die Welt erschaffen hat, dessen, nachdem sich die Geschichte richtet, und der sich um uns gesorgt hat bis zum Ende, auf dem Gipfel seines Entgegenkommens, das er dem Menschen gegenüber gezeigt hat.
Das große und faszinierende Mysterium Gottes mit uns, mehr noch des Gottes, der zu einem von uns macht, ist es, was wir in den kommenden Wochen feiern, indem wir der Heiligen Weihnacht entgegengehen.
Während der Zeit des Advents fühlen wir die Kirche, die uns bei der Hand nimmt und uns vor dem Bilde der allerseeligsten Jungfrau Maria ihre Mutterschaft zu uns ausdrücken lässt.
Sie lässt uns gleichsam die freudige Erwartung der Ankunft des Herrn ausprobieren, der uns alle mit seiner Liebe umarmt, die erlöst und tröstet.
Während sich unsere Herzen auf die jährliche Feier der Geburt Christi vorbereiten; lenkt die Liturgie der Kirche unseren Blick auf das endgültige Ziel: Die Vereinigung mit dem Herrn, der da kommen wird, im Glanz seiner Herrlichkeit. Deshalb beten wir in jeder Feier der Heiligen Eucharistie: „Deinen Tod, Oh Herr verkünden wir, Deine Auferstehung preisen wir, bis Du kommst in Herrlichkeit.“ Die Liturgie wird nicht müde, uns zu ermutigen und uns dabei zu unterstützen, in den Tagen des Advents den Ruf auf unsere Lippen zu nehmen, mit dem die ganze Heilige Schrift auf der letzten Seite der Apokalypse des Heiligen Evangelisten Johannes schließt: „Komm, Herr Jesus !“
Liebe Brüder und Schwestern, die wir heute Abend hier versammelt sind, um den Weg des Advents zu beginnen: Wir werden bereichert, durch ein anderes wichtiges Bild: Mit der ganzen Kirche wollen wir festlich eine Gebets-Vigil für das ungeborene Leben feiern.
Ich möchte meinen Dank an alle diejenigen ausdrücken, die dieser Einladung gefolgt sind und an die vielen, die sich in besonderer Weise dafür einsetzen, das menschliche Leben in seinen unterschiedlichen verletzlichen Situationen zu beschützen und anzunehmen; besonders an seinem Beginn und bei seinen ersten Schritten.
Am Beginn des liturgischen Jahres erleben wir neu die Erwartung Gottes, der im Schoß der Jungfrau Maria Fleisch annimmt, eines Gottes, der sich klein macht, der ein Kind wird.
Der Beginn des liturgischen Jahres spricht von der Ankunft eines nahen Gottes, der sich auf das Leben des Menschen von Beginn an einlassen wollte und es dadurch in Fülle ganz erlöst.
So ist das Geheimnis der Fleischwerdung des Herrn und der Beginn des menschlichen Lebens eng und harmonisch miteinander verbunden, im einzigen Heilsplan Gottes, des Herrn des Lebens und eines jeden von uns.
Die Menschwerdung zeigt uns in hellem Licht und überraschend, dass jedes menschliche Leben eine höchste Würde hat und unvergleichlich ist. Der Mensch stellt eine unverwechselbare einzigartige Persönlichkeit dar, mit Respekt vor allen anderen menschlichen Lebewesen, die die Erde bewohnen. Er stellt ein einzigartiges und individuelles Subjekt dar, beschenkt mit Intelligenz und einem freien Willen, und mehr noch: Teil einer materiellen Wirklichkeit. Er lebt zugleich und untrennbar in der geistlichen und in der körperlichen Dimension.
Das suggeriert auch das Zeugnis aus dem Ersten Brief des Apostels Paulus an die Tessalonicher, wo geschrieben steht: „Der Gott des Friedens heilige Euch ganz und gar, und bewahre Euren Geist, Eure Seele und Euren Leib unversehrt, damit Ihr ohne Tadel seid, wenn Jesus Christus, unser Herr, kommt.“
Wir sind also Geist, Seele und Körper. Wir sind Teil dieser Welt, verbunden mit den Möglichkeiten und den Grenzen der materiellen Welt; und zur selben Zeit sind wir offen für einen unendlichen Horizont und fähig, in einen Dialog mit Gott zu treten und ihn in uns aufnehmen. Wir wirken ein auf die Wirklichkeiten dieser Erde und durch das Sein können wir die Gegenwart Gottes wahrnehmen und uns an ihn, die Wahrheit, Güte und absolute Schönheit wenden. Wir kosten Splitter des Lebens und des Glücks und sehnen uns nach der ganzen Fülle.
Gott liebt uns in einer tiefen, all-umfassenden Weise, ohne Einschränkungen. Er ruft uns zur Freundschaft mit ihm auf, er lässt uns teilhaben an einer Wirklichkeit, die höher ist, als alle Vorstellungskraft und höher als alle Gedanken und Worte: Sein göttliches Leben selbst.
Mit Ergriffenheit , Rührung und Dankbarkeit nehmen wir Kenntnis von dem Wert, der unvergleichlichen Würde jeder menschlichen Person und von der großen Verantwortung, die wir gegenüber allen Menschen haben.
„Christus, der der neue Adam ist, so bestätigt das Zweite Vatikanische Konzil in seiner Pastoral-Konstitution „Gaudium et spes“, „….macht eben in der Offenbarung des Geheimnisses des Vaters und seiner Liebe dem Menschen den Menschen selbst voll kund und erschließt ihm seine höchste Berufung….Denn er, der Sohn Gottes, hat sich in seiner Menschwerdung gewissermaßen mit jedem Menschen vereinigt.“
Der Glaube an Jesus Christus enthält auch eine Blick auf den neuen Menschen, einen Blick des Vertrauens, der Hoffnung. Im Übrigen bestätigen die Erfahrung selbst und die rechte Vernunft, dass das menschliche Leben ein Subjekt ist, fähig zu verstehen und zu wollen, selbsterkennend und frei, unwiederholbar und unersetzlich, Höhepunkt der gesamten irdischen Welt, der danach verlangt, als Wert in sich selbst erkannt zu werden und mit Respekt und Liebe angenommen zu werden.
Er hat das Recht, nicht als zu besitzendes Objekt behandelt zu werden oder als Sache, die man nach Gutdünken manipulieren kann, nicht reduziert auf ein reines Instrument für Andere und ihre Interessen. Die Person ist ein Gut in sich selbst und erfordert immer seine volle Entwicklung. Die Liebe zu allen wird deswegen, wenn sie echt ist, immer zu einer bevorzugenden Aufmerksamkeit für die Schwächsten und die Ärmsten. Hier findet sich auch die Sorge der Kirche für das ungeborene Leben, für das Zerbrechlichste, gefährdet durch den Egoismus der Erwachsenen und das Verdunkeln der Gewissen.
Die Kirche pocht unaufhörlich auf das, was das Zweite Vatikanische Konzil gegen die Abtreibung und gegen jede Gewalt gegen das ungeborene Leben gesagt hat: „ Das Leben, einmal gezeugt, muss mit größten Anstrengungen geschützt werden.“
Es gibt kulturelle Tendenzen, die Gewissen mit Ausreden zu beruhigen. Beim Embryo im Mutterleib spricht die Wissenschaft selbst von der autonomen Fähigkeit der Interaktion mit der Mutter, der Koordination der biologischen Prozesse, der Kontinuität der Entwicklung und der wachsenden Komplexität des Organismus.
Es handelt sich nicht um eine Ansammlung von biologischem Material, sondern um ein neues lebendiges Sein, dynamisch und wunderbar geordnet, ein neues Individuum der menschlichen Spezies. So war es bei Jesus im Leib Mariens; so war es bei jedem einzelnen von uns, im Leib unserer Mütter. Mit dem antiken christlichen Autor Tertullian können wir sagen: „Es ist ein Mensch, was ich sein werde.“ Es gibt keinen Grund, dieses nicht von der Empfängnis an als Leben zu betrachten.
Leider bleibt das Leben der Kinder auch nach der Geburt der Gefahr des Verlassenwerdens, des Hungers, der Not, der Krankheit, des Missbrauchs, der Gewalt und der Ausbeutung ausgesetzt. Die vielen Verletzungen ihrer Rechte in der ganzen Welt verwunden schmerzhaft das Gewissen jedes Menschen guten Willens. Vor dem traurigen Anblick der Ungerechtigkeiten gegen das menschliche Leben, vor und nach der Geburt, mache ich mir den leidenschaftlichen Appell Papst Johannes Pauls II. zur Verantwortung aller zu eigen: „Respektiert, verteidigt, liebt und dient dem Leben, jedem menschlichen Leben! Nur auf diesem Weg finden sich Gerechtigkeit, Entwicklung, echte Freiheit, Frieden und Glück“ (Evangelium Vitae, 5).
Ich ermahne die Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und den Medien, alles zu tun, was sie können, um eine das menschliche Leben respektierende Kultur zu fördern, um günstige Bedingungen und tragende Unterstützung zur Förderung dieses Lebens zu schaffen. Der Jungfrau Maria, die den menschgewordenen Sohn Gottes in ihrem Glauben angenommen hat, ihn im Mutterleib getragen hat, mit Fürsorge, in starker und lebendiger Gemeinschaft der Liebe, vertrauen wird unser Gebet und den Einsatz für das ungeborene Leben an.
Wir tun dies in der Liturgie – der Ort, wo wir in der Wahrheit leben und die Wahrheit in uns lebt – die Eucharistie anbetend, in der wir den Leib Christi erblicken, den Leib, der in Maria Fleisch annahm durch das Wirken des Heiligen Geistes, und von ihr in Bethlehem geboren wurde, zu unserem heil. Gelobt sei der Leib des Herrn, geboren von der Jungfrau Maria, Ave, verum Corpus, natum de Maria Vergine!
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Letzte Änderung: 18.12.2010 um 11:31
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