Wort der Päpste

Papst Benedikt XVI. - Verbum Domini

Geschrieben von (ksf) am 13.11.2010
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Vatikan (kath.net)
 

Papst Benedikt XVI. hat heute
ein "Nachsynodales Schreiben" zum Thema Heilige Schrift veröffentlicht, ein Abschlußtext einer Bischofssynode zu diesem Thema vor zwei Jahren.

Einige Kernsätze aus dem Schreiben:

Verbum Domini: „Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit. Dieses Wort ist das Evangelium, das euch verkündet worden ist“. Mit diesem Satz aus dem Ersten Petrusbrief stehen wir vor dem Geheimnis Gottes, der sich durch das Geschenk seines Wortes mitteilt. Gott hat sein ewiges Wort auf menschliche Weise ausgesprochen; sein Wort »ist Fleisch geworden« (Joh 1,14). Das ist die frohe Botschaft, die durch die Jahrhunderte hindurch bis zu uns in unsere Zeit gelangt.

Ich möchte einige Grundlinien für eine Wiederentdeckung des göttlichen Wortes – Quelle ständiger Erneuerung – im Leben der Kirche aufzeigen. Und ich rufe alle Gläubigen auf, die persönliche und gemeinschaftliche Begegnung mit Christus, dem sichtbar gewordenen Wort des Lebens, neu zu entdecken und ihn zu verkünden: damit das Geschenk des göttlichen Lebens, die Gemeinschaft, in der Welt immer mehr Verbreitung finden möge.
„Bibel darf kein Wort der Vergangenheit bleiben“

In einer Welt, die Gott oft als überflüssig oder fremd empfindet, bekennen wir wie Petrus, daß nur er »Worte des ewigen Lebens« (Joh 6,68) hat. Es gibt keine größere Priorität als diese: dem Menschen von heute den Zugang zu Gott wieder zu öffnen, zu dem Gott, der spricht. (Es gilt) wiederzuentdecken, was wir im Alltag allzuleicht als selbstverständlich voraussetzen: daß Gott redet, daß er antwortet auf unser Fragen. (Allerdings können wir) unsere Beziehung zum Wort Gottes nur innerhalb des »Wir« der Kirche vertiefen, im Hören aufeinander und in der gegenseitigen Annahme. Die Bibel darf nicht ein Wort der Vergangenheit bleiben, sondern muss als lebendiges und aktuelles Wort wahrgenommen werden.

Das Neue der biblischen Offenbarung besteht darin, daß Gott sich im Dialog zu erkennen
gibt, den er mit uns führen möchte. Das Innerste des göttlichen Lebens ist Gemeinschaft, ist das absolute Geschenk. »Gott ist die Liebe« (1 Joh 4,16), sagt der Apostel Johannes und kennzeichnet damit das christliche Gottesbild und auch das daraus folgende Bild des Menschen und seines Weges. Als Abbild Gottes, der die Liebe ist, können wir also uns selbst nur in der Annahme des Wortes verstehen. Im Licht der Offenbarung klärt sich das Rätsel des menschlichen Daseins endgültig.

Das Christentum ist keine „Buchreligion“, sondern es ist die »Religion des Wortes Gottes« - nicht »eines schriftlichen, stummen Wortes, sondern des menschgewordenen,
lebendigen Wortes«.

Wenn im Mittelpunkt der göttlichen Offenbarung das Christusereignis steht, dann muß man ebenfalls erkennen, daß die Schöpfung selbst auch ein wesentlicher Teil dieser mehrstimmigen Symphonie ist, in der das einzige Wort seinen Ausdruck findet. Die Aussagen der Schrift verweisen darauf, daß alles, was geworden ist, nicht Frucht eines irrationalen Zufalls, sondern von Gott gewollt ist, zu seinem Plan gehört. Die Schöpfung entsteht aus dem Logos und trägt die unauslöschliche Spur der schöpferischen Vernunft, die ordnet und leitet. Die Schöpfung ist der Ort, an dem sich die ganze Geschichte der Liebe zwischen Gott und seinem Geschöpf entfaltet; das Heil des Menschen ist der Beweggrund aller Dinge. Wenn wir den Kosmos vom heilsgeschichtlichen Gesichtspunkt her betrachten, entdecken wir die einzigartige Stellung, die der Mensch innerhalb der Schöpfung einnimmt. So können wir die kostbaren Gaben, die wir vom Schöpfer erhalten haben, in ihrer ganzen Tragweite erkennen: den Wert des e
igenen Leibes, die Gabe der Vernunft, der Freiheit und des Gewissens. Darin finden wir auch das, was in der philosophischen Tradition als »Naturrecht« bezeichnet wird.

„Am Anfang des Christseins steht ein Ereignis“

Wer das göttliche Wort kennt, kennt auch die tiefste Bedeutung eines jeden Geschöpfs. Das Wort Gottes drängt uns zu einer Änderung unseres Begriffs von Realismus: Realist ist der,
der im Wort Gottes das Fundament von allem erkennt. Das brauchen wir besonders in unserer Zeit, in der viele Dinge, auf die man für den Aufbau des Lebens vertraut und seine Hoffnung zu setzen sucht ist, ihr vergängliches Wesen offenbaren. Haben, Genuß und Macht erweisen sich früher oder später als unfähig, das tiefste Verlangen des menschlichen Herzens zu stillen. »Herr, dein Wort bleibt auf ewig, es steht fest wie der Himmel« (Ps 119) – wer auf dieses Wort baut, baut das Haus seines Lebens auf Fels (vgl. Mt 7,24).

Das ewige Wort ist in Christus ein Mensch geworden, »geboren von einer Frau« (Gal 4,4). Hier äußert sich das Wort nicht vor allem in einer Rede, in Begriffen oder Regeln. Hier stehen wir vor der Person Jesu selbst. Seine einzigartige Geschichte ist das endgültige Wort, das Gott zur Menschheit spricht. Von da aus versteht man, warum am Anfang des
Christseins … nicht ein ethischer Entschluß oder eine große Idee [steht], sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt.

Das göttliche Wort drückt sich wirklich in menschlichen Worten aus. In der Betrachtung dieser »Christologie des Wortes« hat die patristische und mittelalterliche Überlieferung ein eindrucksvolles Wort verwendet: Das Wort hat sich kurz gemacht. Das ewige Wort hat sich klein gemacht – so klein, daß es in eine Krippe paßte. Jetzt hat das Wort ein Gesicht, das wir sehen können: Jesus von Nazaret. Die Sendung Jesu findet ihre Erfüllung im Ostergeheimnis: Das Wort verstummt, wird zur Totenstille, denn es hat sich »ausgesagt« bis hin zum Schweigen, ohne irgendetwas zurückzuhalten, was es uns mitteilen sollte. Das Neue Testament präsentiert uns das Ostergeheimnis in Übereinstimmung mit der Heiligen Schrift als ihre innerste Erfüllung: Der Sieg Christi über den Tod geschieht durch die schöpferische Macht des Wortes Gottes. Das ist letztlich der befreiende Inhalt der österlichen Offenbarung.

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http://www.kath.net/detail.php?id=28883

 

Wir werden den Text des Schreibens recht bald auf unserer Page veröffentlichen.


Letzte Änderung: 10.03.2011 um 18:00

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