Lehrschreiben
Papst Pius XII. - Rundschreiben MEDIATOR DEI ET HOMINUM - 4 |
Geschrieben von (ksf) am 02.05.2012 |
259. Die Kirche ist ohne Zweifel ein lebendiger Organismus; deshalb wächst sie und entfaltet sie sich auch im Bereich ihrer heiligen Liturgie und paßt sich den zeitbedingten Notwendigkeiten und Umständen an, immer jedoch unter Wahrung der Unversehrtheit ihrer Lehre. Ganz zu verurteilen ist aber das vermessene Unterfangen jener, die mit Absicht neue liturgische Bräuche einführen, oder überlebte, mit den geltenden Gesetzen und Rubriken nicht mehr übereinstimmende Gepflogenheiten wiederaufleben lassen. Daß dies vorkommt, geliebte Söhne und ehrwürdige Brüder, und zwar nicht nur in unbedeutenden Dingen, sondern auch in solchen von sehr großer Tragweite, haben Wir nicht ohne bitteren Schmerz erfahren. Es gibt tatsächlich Leute, die bei der Darbringung des hochheiligen eucharistischen Opfers sich der Volkssprache bedienen; die bestimmte, aus reiflich erwogenen Gründen schon genau festgelegte Feste auf andere Termine verlegen; die schließlich aus den amtlichen Gebetbüchern die Schrifttexte des Alten Testamentes ausmerzen, weil sie nach ihrem Dafürhalten unserer heutigen Zeit wenig entsprechen und nicht recht zu ihr passen.
260. Der Gebrauch der lateinischen Sprache, wie er in einem großen Teil der Kirche Geltung hat, ist ein allen erkennbares und schönes Zeichen der Einheit und eine mächtige Schutzwehr gegen jegliche Verderbnis der wahren Lehre. Bei manchen kirchlichen Zeremonien kann indes die Verwendung der Landessprache dem Volke sehr nützlich sein; nichtsdestoweniger ist es ausschließliche Sache des Apostolischen Stuhles, dies zu gestatten. Deshalb darf ohne seine Befragung und Billigung nichts Derartiges geschehen, weil eben, wie Wir schon sagten, die Regelung der Liturgie ganz von seinem Entscheid und seinem Willen abhängt.
261. Gleich zu beurteilen sind die Versuche und Bestrebungen, alle möglichen alten Riten und Zeremonien wieder in Gebrauch zu bringen. Ganz gewiss, die Liturgie der alten Zeit ist zweifelsohne verehrungswürdig. Aber ein alter Brauch ist nicht allein schon deshalb, weil er Altertum ausstrahlt, in sich oder für spätere Zeiten und neue Verhältnisse als geeigneter und besser zu betrachten. Auch die neueren liturgischen Riten sind ehrfürchtiger Beobachtung würdig, weil sie unter Eingebung des Heiligen Geistes entstanden sind, der immerdar der Kirche beisteht bis zur Vollendung der Zeiten[52]; und auch sie sind gleichberechtigte Werte, mit deren Hilfe die ruhmreiche Braut Christi die Menschen zur Heiligkeit anspornt und zur Vollkommenheit führt. Mit Geist und Herz zu den Quellen der heiligen Liturgie zurückzukehren, ist sicher weise und sehr lobenswert, da das Studium dieses Wissenszweiges durch Zurückgreifen auf dessen Anfänge nicht wenig dazu beiträgt, die Bedeutung der Feste und den Sinn der verwendeten heiligen Texte und Zeremonien tiefer und genauer zu erforschen; dagegen ist es nicht weise und nicht lobenswert, alles um jeden Preis auf das Altertum zurückzuführen. So würde z. B. vom rechten Weg abweichen, wer dem Altar die alte Form der Mensa, des Tisches, wiedergeben wollte; wer die liturgischen Gewänder nie in Schwarz haben wollte; wer die Heiligenbilder und Statuen aus den Kirchen entfernen wollte; wer die Nachbildung des gekreuzigten Erlösers so machen ließe, dass sein Leib die bitteren Qualen, die er erduldete, nicht zum Ausdruck brächte; wer endlich den polyphonen (mehrstimmigen) Gesang missbilligte und ablehnte, auch wenn er den vom Heiligen Stuhl gegebenen Weisungen entspräche.
262. Denn wie kein vernünftiger Katholik in der Absicht, zu den alten, von den früheren Konzilien gebrauchten Formeln zurückzukehren, die Fassungen der christlichen Lehre ablehnen kann, welche die Kirche unter der Leitung des Heiligen Geistes in der neueren Zeit zum größten Nutzen der Seelen vorgelegt und als verbindlich erklärt hat, oder wie kein vernünftiger Katholik die geltenden Gesetze ablehnen kann, um zu den aus den ältesten Quellen des kanonischen Rechtes geschöpften Bestimmungen zurückzugreifen, so ist gleichermaßen, wenn es sich um die heilige Liturgie handelt, offensichtlich von keinem weisen und gesunden Eifer getrieben, wer zu den alten Riten und Bräuchen zurückkehren und die neuen ablehnen wollte, die doch unter dem Walten der göttlichen Vorsehung mit Rücksicht auf die veränderten Verhältnisse eingeführt worden sind.
263. Diese Denk- und Handlungsweise läßt jene übertriebene und ungesunde Altertumssucht wiederaufleben, der die unrechtmäßige Synode von Pistoja Auftrieb gegeben hat, und ebenso trachtet sie, die vielfachen Irrtümer wieder auf den Plan zu rufen, welche die Ursache zur Einberufung jener Synode waren und zum großen Schaden der Seelen sich aus ihr ergaben, und welche die Kirche, die immer treue Hüterin des ihr von ihrem Stifter anvertrauten Glaubensgutes, mit vollem Recht verworfen hat[53]. Denn solch verkehrtes Beginnen geht nur darauf aus, die heiligmachende Tätigkeit zu beeinträchtigen und zu schwächen, durch welche die Liturgie Gottes Gnadenkinder auf dem Wege des Heils dem himmlischen Vater zuführt.
264. Alles möge daher so geschehen, daß die gehörige Verbindung mit der kirchlichen Hierarchie gewahrt bleibe. Niemand nehme sich heraus, sich selbst Gesetze zu geben und sie dann eigenmächtig anderen aufzuzwingen. Der Papst als Nachfolger des heiligen Petrus, dem der göttliche Erlöser die Sorge anvertraut hat, die gesamte Herde zu weiden[54], und mit ihm die Bischöfe, die in Unterordnung unter den Apostolischen Stuhl vom Heiligen Geiste bestellt sind ... , die Kirche Gottes zu regieren[55], sind allein im Besitz des Rechtes und der Pflicht, das christliche Volk zu lenken und zu leiten. Sooft ihr deshalb, ehrwürdige Brüder, eure Autorität wahrt, wenn nötig auch mit Strenge, erfüllt ihr nicht nur eure Amtspflicht, sondern nehmt auch den Willen des Stifters der Kirche in sicheren Schutz.
II. Der eucharistische Kult
265. Höhe- und gewissermaßen Mittelpunkt der christlichen Religion ist das Geheimnis der heiligsten Eucharistie, die der Hohepriester Christus einstens eingesetzt hat und die er durch seine Diener in der Kirche immerdar erneuern lässt. Da es sich hier um den Höhepunkt der heiligen Liturgie handelt, scheint es Uns angebracht, ein wenig dabei zu verweilen und eure Aufmerksamkeit, ehrwürdige Brüder, auf diesen überaus wichtigen Gegenstand hinzulenken. Christus der Herr, Priester von Ewigkeit nach der Ordnung des Melchisedech[56], wollte, da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte[57], „beim Letzten Abendmahle, in der Nacht, da er verraten wurde, seiner geliebten Braut, der Kirche, ein sichtbares, einer Forderung der Menschennatur entsprechendes Opfer hinterlassen; dadurch sollte das blutige, am Kreuze zu vollziehende Opfer vergegenwärtigt, das Andenken daran bis zum Ende der Zeiten bewahrt und uns seine heilbringende Kraft zur Vergebung unserer täglichen Sünden zugewendet werden. Seinen Leib und sein Blut brachte er Gott dem Vater dar unter den Gestalten von Brot und Wein, reichte sie den Aposteln, die er damals zu Priestern des Neuen Bundes bestellte, unter denselben Zeichen zum Empfang und befahl ihnen und ihren Nachfolgern im Priestertum, dieses Opfer darzubringen“[58].
266. Das hochheilige Opfer des Altares ist also kein bloßes und einfaches Gedächtnis des Leidens und Todes Jesu Christi, sondern eine wahre und eigentliche Opferhandlung, bei welcher der göttliche Hohepriester durch seine unblutige Hinopferung das tut, was er schon am Kreuze getan, sich selbst dem ewigen Vater als wohlgefälligste Opfergabe darbringend. „Es ist ein . . . und dieselbe Opfergabe und es ist derselbe, den jetzt durch seinen Dienst der Priester opfert und der sich selbst damals am Kreuze darbrachte, nur die Opferweise ist verschieden“[59].
267. Es ist demnach der gleiche Priester, Christus Jesus, dessen heilige Person sein geweihter Diener vertritt. Durch die Priesterweihe dem Hohenpriester angeglichen, besitzt er die Vollmacht, mittels der Kraft und an Stelle der Person Christi selbst zu handeln[60]. Durch seine priesterliche Handlung leiht „er also Christus gleichsam seine Zunge und reicht ihm seine Hand“[61].
268. Es ist auch die gleiche Opfergabe, nämlich der göttliche Erlöser nach seiner menschlichen Natur und in der Wirklichkeit seines Leibes und Blutes. Verschieden jedoch ist die Art und Weise, wie Christus sich opfert: Am Kreuze hat er ganz sich selbst und seine Leiden Gott dargebracht, und die Hinopferung der Opfergabe geschah durch den blutigen Tod, den er mit freiem Willen auf sich nahm. Auf dem Altare aber hat, infolge des verklärten Zustandes seiner menschlichen Natur, der Tod keine Macht mehr über ihn[62], und darum ist das Vergießen seines Blutes nicht mehr möglich; auf Beschluß der göttlichen Weisheit wird jedoch die Hinopferung unseres Erlösers durch äußere Zeichen, die Sinnbilder des Todes sind, in wunderbarer Weise deutlich gemacht. Durch die Wesensverwandlung des Brotes in den Leib und des Weines in das Blut Christi ist nämlich sein Leib ebenso gegenwärtig wie sein Blut; die eucharistischen Gestalten aber, unter denen er gegenwärtig ist, versinnbilden die gewaltsame Trennung des Leibes und des Blutes. So wird das Gedächtnis seines Todes, der sich auf Kalvaria wirklich vollzogen hat, in jedem Opfer des Altares neu begangen, insofern durch deutliche Sinnbilder Jesus Christus im Opferzustand dargestellt und gezeigt wird.
269. Ferner sind es die gleichen Opferzwecke, deren erster die Ehrung des himmlischen Vaters ist. Von der Geburt bis zum Tode war Jesus Christus vom Eifer für die Ehre Gottes beseelt, und vom Kreuze stieg die Hinopferung seines Blutes mit lieblichem Wohlgeruch zum Himmel empor. Damit nun diese Huldigung niemals unterbrochen werde, vereinigen sich im eucharistischen Opfer die Glieder mit ihrem göttlichen Haupt und bringen zugleich mit ihm und mit den Engeln und Erzengeln Gott immerwährenden Lobpreis dar[63], indem sie dem allmächtigen Vater alle Ehre und Verherrlichung zuteil werden lassen[64].
270. Der zweite Opferzweck ist die Gott geschuldete Danksagung. Nur der göttliche Erlöser kannte als des ewigen Vaters vielgeliebter Sohn dessen unermeßliche Liebe und war imstande, ihm eine würdige Huldigung des Dankes zu entbieten. Das beabsichtigte und das wollte er, als er beim letzten Abendmahle Dank sagte[65]. Davon ließ er nicht ab, als er am Kreuze hing, und davon läßt er nicht ab im hochheiligen Opfer des Altares, das ja „Eucharistische Handlung“, d.h. Danksagung bedeutet; und das ist ja auch „wahrhaft würdig und recht, billig und heilsam“[66].
271. Der dritte Zweck ist Sühne, Genugtuung und Versöhnung. Zweifellos konnte kein anderer als Christus dem allmächtigen Gott für die Schuld der ganzen Menschheit volle Genugtuung leisten; darum wollte er am Kreuze geopfert werden als Sühnopfer für unsere Sünden, und nicht nur für die unsrigen, sondern auch für die der ganzen Welt[67]. Ebenso opfert er sich auf den Altären täglich für unsere Erlösung, damit wir vor der ewigen Verdammnis bewahrt und in die Schar der Auserwählten eingereiht werden. Und dies nicht allein für uns, die wir uns in diesem sterblichen Leben befinden, sondern auch „für alle in Christus Ruhenden, die uns mit dem Zeichen des Glaubens vorangegangen und im Frieden entschlafen sind“[68];denn ob wir leben oder sterben, „wir trennen uns doch nicht von dem einen Christus“[69].
272. Der vierte Zweck schließlich ist die demütige Bitte. Als verlorener Sohn hat der Mensch alle vom himmlischen Vater empfangenen Güter vertan und vergeudet und ist daher in äußerste Bedürftigkeit und tiefstes Elend geraten. Doch vom Kreuze aus brachte Christus Gebet und Flehen unter lautem Rufen und Weinen vor ... und fand wegen seiner Gottesfurcht Erhörung[70]. Desgleichen ist er auf den heiligen Altären in derselben wirksamen Weise unser Mittler bei Gott, auf daß wir mit jeglicher Segnung und Gnade erfüllt werden. Man versteht also, warum die heilige Kirchenversammlung von Trient versichert, daß durch das eucharistische Opfer die heilbringende Kraft des Kreuzes uns zugewendet wird zur Vergebung unserer täglichen Sünden[71].
273. Der Völkerapostel aber verkündet die reiche Fülle und Vollkommenheit des Kreuzesopfers, wenn er erklärt, daß Christus mit dem einen Opfer für immer jene vollendet hat, die sich heiligen lassen[72]. Da nämlich die Verdienste dieses Opfers einfachhin unendlich und unermeßlich sind, kennen sie keine Grenzen; sie erstrecken sich auf die Gesamtheit der Menschen aller Zeiten und Zonen, und dies insofern der Gottmensch dessen Priester und Opfergabe ist; insofern seine Hinopferung wie seine Willfährigkeit gegenüber dem Willen des ewigen Vaters ganz vollkommen war, und insofern er selbst den Tod auf sich nehmen wollte als das Haupt der ganzen Menschheit: „Betrachte den Vollzug unseres Loskaufs; Christus hängt am Kreuzesholz; schau, um welch hohen Preis er kaufte; ... sein Blut vergoß er, mit seinem Blute hat er erkauft, mit dem Blute des makellosen Lammes, mit dem Blute des einzigen Sohnes Gottes hat er erkauft. . . Der Käufer ist Christus, der Kaufpreis ist sein Blut, der erworbene Besitz ist der Erdkreis[73].
274. Dieser Loskauf hat jedoch nicht sofort seine volle Wirkung: Christus muß nämlich, nachdem er um den hohen Preis seiner selbst die Welt erlöst hat, erst wirklich in den wahren Besitz der Menschenseele gelangen. Damit also ihre Erlösung und Rettung für jeden einzelnen Menschen und für alle bis ans Ende der Zeiten aufeinanderfolgenden Menschengeschlechter sich verwirkliche und von Gott angenommen werde, ist es unerläßlich, daß jeder einzelne Mensch in lebendige Berührung mit dem Kreuzesopfer komme, und daß ihnen also die aus jenem Opfer fließenden Verdienste zuteil werden. Man kann gewissermaßen sagen, daß Christus auf Kalvaria ein Bad der Versöhnung und Heilung errichtet hat, das er mit seinem vergossenen Herzblut füllte; wenn indes die Menschen nicht in dessen Fluten untertauchen und dort nicht die Makel ihrer Sünden abwaschen, können sie sicher nicht gereinigt und gerettet werden.
275. Damit also die einzelnen Sünder im Blute des Lammes reingewaschen werden, bedarf es der Mitwirkung der Christgläubigen. Denn wenn auch Christus, allgemein gesprochen, die gesamte Menschheit durch seinen blutigen Tod mit dem Vater ausgesöhnt hat, so war es doch sein Wille, daß alle, insbesondere durch die Sakramente und das eucharistische Opfer, zu seinem Kreuze hinzutreten und hingeführt werden sollten, um die von ihm am Kreuze erworbenen Heilsfrüchte zu erlangen. Wie durch diese tätige und persönliche Teilnahme die Glieder immer mehr ihrem göttlichen Haupte angeglichen werden, ebenso wird auch das vom Haupt herabströmende Heil den Gliedern zuteil, so daß auch wir die Worte des heiligen Paulus wiederholen können: Mit Christus bin ich gekreuzigt. Ich lebe, aber nicht mehr ich; Christus lebt in mir[74]. Wie Wir nämlich schon bei anderer Gelegenheit eingehend und ausdrücklich darlegten, hat Christus Jesus, „während er am Kreuze starb, den unermeßlichen Schatz der Erlösung seiner Kirche vermacht, ohne daß sie ihrerseits dazu beitrug. Wo es sich aber darum handelt, den Schatz auszuteilen, läßt er an diesem Werke der Heiligung seine unbefleckte Braut nicht nur teilnehmen, sondern will, daß dies sogar in gewissem Sinn durch ihre Tätigkeit bewirkt werde“[75].
276. Das hochheilige Opfer des Altares ist sozusagen das überaus kostbare Werkzeug, wodurch die vom Kreuz des göttlichen Erlösers stammenden Verdienste an die Gläubigen ausgeteilt werden: „Sooft die Gedächtnisfeier dieses Opfers begangen wird, vollzieht sich das Werk unserer Erlösung“[76]. Ohne jedoch die Würde des blutigen Opfers im geringsten zu beeinträchtigen, hebt es vielmehr dessen Größe und Notwendigkeit noch stärker und klarer hervor, wie das Konzil von Trient betont[77]. Durch die tägliche Darbringung erinnert es uns daran, daß es kein anderes Heil gibt als im Kreuze unseres Herrn Jesus Christus[78], und daß Gott selbst die Fortdauer seines Opfers vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang[79]gesichert wissen will, damit der Lobpreis der Verherrlichung und Danksagung niemals unterbrochen werde, den die Menschen ihrem Schöpfer schulden, weil sie ständig seiner Hilfe und des Blutes des göttlichen Erlösers bedürfen zur Tilgung der Sünden, die seine Gerechtigkeit herausfordern.
277. Es sollen also, ehrwürdige Brüder, alle Gläubigen bedenken, daß es eine ganz hohe Pflicht und große Würde für sie bedeutet, teilzunehmen am eucharistischen Opfer, und zwar nicht müßigen und gleichgültigen Geistes, der zerstreut anderen Dingen nachgeht, sondern so innerlich und selbsttätig, daß sie aufs engste mit dem Hohenpriester sich verbinden, gemäß dem Worte des Apostels Seid so gesinnt wie Christus Jesus[80]; zusammen mit ihm und durch ihn sollen sie jenes Opfer darbringen und zugleich mit ihm sich selbst aufopfern. Gewiß ist Christus Priester, aber Priester für uns, nicht für sich, denn er bringt Gabe und Verehrung im Namen der gesamten Menschheit seinem himmlischen Vater dar; er ist auch Opfergabe, aber für uns, da er selbst die Stelle des schuldbeladenen Menschen vertritt. Nun verlangt aber jenes Wort des Apostels: Seid so gesinnt wie Christus Jesus, von allen Christen, daß sie, soweit dies dem Menschen möglich ist, jene Gesinnung in sich erwecken, von der die Seele des göttlichen Erlösers erfüllt war, als er das Opfer seiner selbst vollzog daß sie also demütige Unterordnung des Geistes, Anbetung der höchsten Majestät Gottes, Ehrung, Lobpreis und Danksagung erzeigen. Es verlangt außerdem von ihnen, daß sie in gewissem Sinne sich selbst zur Opfergabe machen, gemäß den Vorschriften des Evangeliums sich selbst verleugnen, gern und freiwillig sich der Buße unterziehen, daß jeder seine Sünden verabscheue und sühne. Es verlangt endlich, daß wir alle mit Christus den mystischen Tod am Kreuze auf uns nehmen, so daß wir den Ausspruch des heiligen Paulus auf uns anwenden können: Mit Christus bin ich ans Kreuz geheftet[81].
278. Wenn jedoch die Gläubigen am eucharistischen Opfer teilnehmen, so haben sie deshalb nicht auch die priesterliche Vollmacht. Das müßt ihr euren Gläubigen ganz klar vor Augen stellen.
Letzte Änderung: 03.05.2012 um 22:50
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