Lehrschreiben

Papst Pius XII. - Rundschreiben MEDIATOR DEI ET HOMINUM - 6

Geschrieben von (ksf) am 02.05.2012
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297. Ferner ist folgendes zu bemerken: Von der Wahrheit und vom geraden Wege der Vernunft weichen auch jene ab, die von irrigen Ansichten verleitet jene Nebensachen so hoch einschätzen, daß sie sich zur Behauptung versteigen, ohne sie könne die heilige Handlung das ihr gesteckte Ziel nicht erreichen. Eine nicht geringe Zahl der Gläubigen ist ja nicht einmal imstande, sich des „Römischen Meßbuches“ zu bedienen, selbst wenn es in ihre Muttersprache übersetzt ist; es sind auch nicht alle fähig, die liturgischen Riten und Formeln recht und gebührend zu verstehen. Geist, Charakter und Anlage der Menschen sind so verschieden und mannigfaltig, daß nicht alle in gleicher Weise beeinflußt und geleitet werden können durch gemeinsam verrichtete Gebete, Gesänge und heilige Handlungen. Außerdem sind die seelischen Bedürfnisse und Anliegen nicht bei allen dieselben, noch bleiben sie bei jedem einzelnen immer die gleichen. Wer möchte darum aus einem solchen Vorurteil heraus behaupten, daß all diese Christen nicht am eucharistischen Opfer teilnehmen noch dessen Segnungen erfahren können? Sie können es fürwahr auf andere Weise, die manchen leichter fällt, z. B. durch frommes Nachdenken über die Geheimnisse Jesu Christi oder durch andere Andachtsübungen und mit anderen Gebeten, die, obgleich in der Form verschieden von den heiligen Riten, ihrem Wesen nach doch damit übereinstimmen.

298. Deshalb ermahnen Wir euch, ehrwürdige Brüder, daß jeder in seiner Diözese oder in seinem kirchlichen Sprengel die Teilnahme des Volkes an der liturgischen Handlung gemäß den Normen, die das „Missale“ aufstellt, und nach den von der Ritenkongregation und dem kirchlichen Gesetzbuch erlassenen Vorschriften leite und ordne. So soll alles in rechter Ordnung und Würde ausgeführt werden, ohne daß der Einzelne, auch wenn er Priester ist, das Recht habe, die heiligen Stätten nach seinem Belieben gleichsam zu Versuchen zu gebrauchen. Zu diesem Zweck ist es auch Unser Wunsch, daß in den einzelnen Diözesen - ähnlich wie schon eine Beratungsstelle für Fragen der Musik und Kunst besteht - ein Rat zur Förderung des liturgischen Apostolates eingesetzt werde, damit sich unter eurer wachsamen Obhut alles gemäß den Vorschriften des Apostolischen Stuhles vollziehe.

299. In den Ordensgemeinschaften aber soll alles genau eingehalten werden, was die eigenen Konstitutionen diesbezüglich bestimmen, und es sollen keine Neuerungen eingeführt werden, welche die Oberen der betreffenden Gemeinschaften nicht vorher gebilligt haben.

300. Zwar können die äußeren Verhältnisse und Umstände, unter denen das christliche Volk am eucharistischen Opfer und an den übrigen liturgischen Handlungen teilnimmt, sehr mannigfaltig und verschieden sein; deshalb soll man sich aber stets nur um so eifriger dafür einsetzen, daß die Seelen der Teilnehmer sich möglichst eng mit dem göttlichen Erlöser verbinden, damit ihr Leben mit täglich wachsender Heiligkeit erfüllt und die Ehre des himmlischen Vaters täglich mehr gefördert werde.

301. Das hochheilige Opfer des Altares wird mit der Teilnahme am göttlichen Mahl beschlossen. Wie alle wissen, gehört aber nur die Kommunion des Priesters zur Vollständigkeit des Meßopfers; es ist hingegen nicht erfordert, daß auch das Volk zum Tische des Herrn gehe, wiewohl das höchst wünschenswert ist. Diesbezüglich möchten Wir die Bemerkungen wiederholen, die Unser Vorgänger Benedikt XIV. zu den Bestimmungen des Trienter Konzils macht: „Zunächst müssen Wir sagen, daß niemand unter den Gläubigen auf den Gedanken kommen darf, die privaten Messen. in denen der Priester allein die heilige Eucharistie empfängt, würden dadurch die Eigenschaft des wahren, vollkommenen und vollständigen, von Christus dem Herrn eingesetzten unblutigen Opfers verlieren und seien deshalb als unerlaubt anzusehen. Die Gläubigen wissen nämlich oder können wenigstens leicht darüber belehrt werden, daß das Trienter Konzil auf Grund der von der kirchlichen Überlieferung aller Zeiten bewahrten Lehre die ihr entgegengesetzte, neue und falsche Meinung Luthers verurteilt hat“[103]. „Wer sagt, die Messen, in denen der Priester allein sakramental kommuniziert, seien unerlaubt und deshalb abzuschaffen, der sei ausgeschlossen“[104].

302. Es weicht also vom Weg der Wahrheit ab, wer das heilige Opfer nur feiern will, wenn das christliche Volk zum Tische des Herrn hinzutritt; noch mehr ist im Irrtum, wer um es als unbedingte Notwendigkeit hinzustellen, daß die Gläubigen zusammen mit dem Priester das eucharistische Mahl empfangen - arglistig behauptet, es handle sich hier nicht nur um ein Opfer, sondern zugleich um ein Opfer und ein Mahl der brüderlichen Gemeinschaft, und es sei die gemeinschaftlich empfangene Kommunion sozusagen der Höhepunkt der ganzen Opferfeier.

303. Es muß immer wieder betont werden: Das eucharistische Opfer ist seiner Natur nach eine unblutige Hinopferung des göttlichen Opferlammes, was auf geheimnisvolle Weise durch die Trennung der heiligen Gestalten und durch ihre Darbringung an den ewigen Vater zum Ausdruck kommt. Die heilige Kommunion gehört zu dessen Vollständigkeit und zur Teilnahme daran mittels der hochheiligen sakramentalen Vereinigung; während diese für den opfernden Priester unbedingt erfordert ist, wird sie den Gläubigen nur dringend empfohlen.

304. Wie aber die Kirche als Lehrerin der Wahrheit die Unversehrtheit des katholischen Glaubens nach Kräften zu schützen sucht, so ermahnt sie als besorgte Mutter ihre Kinder eindringlich, sich eifrig und häufig dieser überaus großen Wohltat unserer Religion teilhaftig zu machen. Sie wünscht vor allem, daß die Christen - besonders wenn sie die eucharistische Speise nicht leicht in Wirklichkeit empfangen können - sie wenigstens geistigerweise empfangen und zwar so, daß sie durch lebendigen Glauben, durch demütige und ehrfürchtige Hingabe an den Willen des göttlichen Erlösers in möglichst innigem Liebeseifer sich mit ihm verbinden.

305. Doch das genügt der Kirche noch nicht. Da wir nämlich, wie oben gesagt, durch den Empfang des Engelsbrotes auch in „sakramentaler“ Kommunion des Opfers teilhaftig werden können, will die Kirche, daß wir wirksamer „die Frucht der Erlösung dauernd in uns erfahren“[105], und sie wiederholt ihren Kindern, einzeln und insgesamt, die Einladung Christi des Herrn: Nehmet hin und esset ... Tut dies zu meinem Andenken[106]. Darum hat das Konzil von Trient die Wünsche Jesu Christi und seiner makellosen Braut gleichsam erneut ausgesprochen und nachdrücklich ermahnt, „daß die anwesenden Gläubigen an jeder einzelnen Messe nicht nur mit geistigem Verlangen, sondern auch durch den sakramentalen Empfang der Eucharistie teilnehmen, auf daß in ihnen um so reichere Früchte dieses hochheiligen Opfers gezeitigt werden“[107]. Damit noch mehr und klarer offenbar werde, daß die Gläubigen durch den Empfang der heiligen Eucharistie am göttlichen Opfer selbst teilnehmen, lobt Unser Vorgänger unsterblichen Andenkens Benedikt XIV. den frommen Sinn derer, die bei der heiligen Messe nicht bloß mit der himmlischen Speise genährt zu werden verlangen, sondern es überdies vorziehen, mit den in der gleichen heiligen Messe konsekrierten Hostien gespeist zu werden, obgleich, wie er selbst erklärt, man wahrhaft und wirklich am Opfer teilhat, auch wenn es sich um eucharistisches Brot handelt, dessen Verwandlung schon früher ordnungsgemäß vollzogen wurde. Er schreibt nämlich: „Außer jenen Gläubigen, denen vom zelebrierenden Priester in seiner Messe selbst ein Anteil an der von ihm dargebrachten Opfergabe dargereicht wird, nehmen zwar auch diejenigen am gleichen Opfer teil, denen der Priester die gewohnheitsgemäß aufbewahrte Eucharistie austeilt; dennoch hat die Kirche nie verboten, noch verbietet sie jetzt, daß der Priester der Frömmigkeit und der gerechten Bitte derer willfahre, die bei der heiligen Messe zur Teilnahme an dem gleichen Opfer zugelassen werden wollen, das sie ja auch selbst in der ihnen zustehenden Weise darbringen; die Kirche billigt und wünscht sogar, daß dies nicht unterlassen werde, und sie würde jene Priester tadeln, durch deren Schuld und Nachlässigkeit den Gläubigen eine solche Anteilnahme verweigert würde“[108].

306. Gebe Gott, daß alle willig und gern diesen dringlichen Einladungen der Kirche nachkommen! Gebe Gott, daß die Gläubigen, wenn sie es können, sogar täglich am göttlichen Opfer nicht nur in geistiger Weise teilnehmen, sondern auch durch die Anteilnahme am hochheiligen Sakramente, indem sie den Leib Jesu Christi empfangen, der für alte dem ewigen Vater dargebracht wurde! Erweckt, ehrwürdige Brüder, in den Seelen derer, die eurer Hirtensorge anvertraut sind, einen sehnlichen, gleichsam unersättlichen Hunger nach Jesus Christus! Dank eurer Unterweisung mögen die Altäre dicht umdrängt sein von Kindern und jungen Menschen, die sich selbst, ihre Unschuld und ihre jugendliche Begeisterung dem göttlichen Erlöser darbieten! In Scharen mögen hinzutreten die Eheleute, damit sie am heiligen Tische Kraft holen, um die ihnen anvertraute Nachkommenschaft in den Gesinnungen und in der Liebe Jesu Christi heranzubilden. Es sollen die Arbeiter dorthin gerufen werden, um jene Speise zu empfangen, die, weil stark und unversieglich, ihre Kräfte erneuern und für ihre Arbeiten den immerwährenden Lohn im Himmel vorbereiten möge. Ruft, mit einem Wort, alle Menschen jeden Standes und drängt sie, herbeizukommen[109], denn dies ist das Brot des Lebens, dessen alle bedürfen. Die Kirche Jesu Christi besitzt nur dieses eine Brot, um damit das Sehnen und Wünschen unserer Herzen zu stillen, sie aufs engste mit Jesus Christus zu verbinden, damit sie schließlich ein Leib[110] werden und damit untereinander, Brüdern gleich, alle jene vereint seien, die an der gleichen Tafel sich einfinden, um im Brechen des einen Brotes das Heilmittel zur Unsterblichkeit zu empfangen[111].

307. Es ist jedoch sehr angebracht und übrigens von der Liturgie vorgesehen, daß das Volk zur heiligen Kommunion hinzutrete, nachdem der Priester die göttliche Speise am Altar genossen hat. Wie Wir oben geschrieben haben, sind auch jene zu loben, welche die im gleichen Opfer, dem sie beiwohnen, konsekrierten Hostien empfangen, so daß wirklich zutrifft, „daß alle, die wir gemeinsam von diesem Altare das hochheilige Fleisch und Blut Deines Sohnes empfangen, mitallem Gnadensegen des Himmels erfüllt werden“[112].

308. Dennoch gibt es zuweilen Gründe, ja sie sind nicht selten weswegen das eucharistische Brot vor oder nach dem Opfer selbst ausgeteilt werden soll und weshalb - auch wenn die Kommunionausteilung gleich nach der Kommunion des Priesters erfolgt - dies mit Hostien geschehen muß, die schor länger konsekriert sind. Wie Wir schon oben andeuteten nimmt das Volk auch unter diesen Umständen ordnungsgemäß am eucharistischen Opfer teil, und es ist ihm dann oft leichter, dem Tisch des ewigen Lebens zu nahen. Wenn auch die Kirche in ihrem mütterlichen Wohlwollen den geistlichen Bedürfnissen ihrer Kinder entgegenzukommen sucht, so sollen sie dennoch ihrerseits nicht leichthin vernachlässigen, was die heilige Liturgie anrät, und sooft kein nennenswerter Grund vorliegt, sollen sie sich an alles halten, wodurch die lebendige Einheit des Mystischen Leibes am Altare deutlicher zum Ausdruck kommt.

309. Ist die heilige, von besonderen Normen der Liturgie geregelte Handlung beendet, so entbindet dies den nicht von der Danksagung, der die himmlische Speise genossen hat; es ist im Gegenteil sehr angebracht, daß er sich nach Genuß de eucharistischen Mahles und nach Abschluß der öffentlichen Zeremonien sammle und, innig dem göttlichen Meister verbunden, mit ihm, soweit die Umstände es gestatten, traute und heilsame Zwiesprache halte. Es entfernen sich also jene vom geraden Pfade der Wahrheit, die mehr auf das Wort als auf den Sinn achten und behaupten, man brauche nach Vollendung des heiligen Opfers keine derartige Danksagung anzusetzen, nicht bloß weil das Opfer des Altares selbst an sich schon Danksagung sei, sondern auch weil dies Sache der privaten und persönlichen Frömmigkeit jedes einzelnen, nicht aber des Wohles der Gemeinschaft sei.

310. Ganz im Gegenteil verlangt gerade die Natur des Sakramentes, daß sein Empfang reiche Früchte christlicher Heiligkeit zeitige. Wohl löste sich die öffentliche Zusammenkunft der Gemeinschaft auf, aber jeder einzelne, eng mit Christus verbunden, soll das Loblied in seinem Herzen nicht unterlassen, allzeit Gott dem Vater für alles dankend im Namen unseres Herrn Jesus Christus[113]. Auch die heilige Liturgie des eucharistischen Opfers fordert uns dazu auf, wenn sie uns mit den Worten beten läßt: „Gib, wir bitten dich darum, daß wir immer in Danksagung verharren[114] ... und von deinem Lobe niemals ablassen“[115]. Wenn wir daher zu jeder Zeit Gott Dank sagen müssen und niemals von seinem Lobe ablassen dürfen, wer möchte da die Kirche zu tadeln oder zu mißbilligen wagen, wenn sie ihren Priestern[116] und den Gläubigen rät, nach der heiligen Kommunion wenigstens eine Weile mit dem göttlichen Erlöser Zwiesprache zu halten, und wenn sie in die liturgischen Bücher geeignete, mit Ablässen versehene Gebete aufgenommen hat, damit so die Diener des Altares sich auf die heilige Messe und Kommunion entsprechend vorbereiten und nach der Feier der heiligen Geheimnisse Gott ihren Dank bekunden? Weit entfernt davon, die innersten Gesinnungen der einzelnen Christen zu unterdrücken, regt und spornt die heilige Liturgie diese vielmehr an, daß sie sich Jesus Christus angleichen und durch ihn zum himmlischen Vater hingeführt werden. Deshalb fordert sie, daß jeder, der am Altare das heilige Brot empfangen hat, Gott auch den gebührenden Dank darbringe. Es gefällt dem göttlichen Erlöser, unsere Bitten anzuhören, eine innige Zwiesprache mit uns zu pflegen und uns in seinem flammenden Herzen Zuflucht zu bieten.

311. Ja, solch persönliche Akte jedes einzelnen sind sogar unbedingt notwendig, damit wir alle in reicherem Maße die himmlischen, in der heiligen Eucharistie verborgenen Schätze empfangen und, je nach Möglichkeit, an andere weiterleiten, auf daß Christus der Herr in allen Seelen zur Fülle seiner Kraft gelange.

312. Warum, ehrwürdige Brüder, sollten wir also nicht jenen Lob spenden, die nach Genuß des eucharistischen Mahles und auch nachdem die öffentliche Versammlung der Gläubigen aufgelöst ist, noch mit dem göttlichen Erlöser in tiefster Verbundenheit verweilen, nicht bloß um sich mit ihm hebend zu besprechen, sondern auch um ihm Dank zu sagen, den gebührenden Lobpreis darzubringen und besonders, um die Kraft zu erbitten, alles aus der eigenen Seele zu entfernen, was die Wirksamkeit des Sakramentes vermindern könnte, und um ihrerseits alles zu tun, was das tiefinnere Wirken Jesu Christi zu begünstigen imstande ist? Wir ermahnen sie, das mit besonderer Sorgfalt zu tun, indem sie sowohl die gefaßten Vorsätze ausführen und die christlichen Tugenden üben, als auch auf ihre Verhältnisse anwenden, was sie von seiner himmlischen Freigebigkeit bekommen haben. Ganz im Sinne der Vorschriften und im Geiste der Liturgie spricht der Verfasser des goldenen Büchleins  „Von der Nachfolge Christi“, wenn er dem, der die heilige Kommunion empfangen hat, empfiehlt: „Bleibe still für dich und genieße deinen Gott; denn du besitzest den, welchen dir die ganze Welt nicht nehmen kann“[117].

313. Innigst vereint mit Christus, wollen wir daher alle danach trachten, uns gleichsam in sein heiligstes Herz zu versenken und so mit ihm zusammenzuwachsen, um teilzunehmen an jenen Anmutungen, mit denen er die hochheilige Dreieinigkeit mit dankbarer und wohlgefälliger Huldigung anbetet; mit denen er dem ewigen Vater erhabensten Dank und Lobpreis darbringt, wovon Himmel und Erde einmütig widerhallen, gemäß dem Wort: Preiset den Herrn, all ihr Werke des Herrn![118]mit den Anmutungen endlich, mit denen vereint wir himmlischen Beistand gerade in dem Augenblick erflehen, der mehr als jeder andere geeignet ist, um im Namen Christi[119] Hilfe zu erbitten und zu erlangen, und wodurch wir uns vor allem als Opfergabe darbringen, wenn wir sprechen: „Laß uns selbst dir zur vollendeten ewigen Weihegabe werden“[120]. Unablässig wiederholt der göttliche Erlöser seine dringende Aufforderung: Bleibt in mir![121]Durch das Sakrament der Eucharistie aber verweilt Christus in uns und wir in ihm; und wie Christus, in uns verbleibend, lebt und wirkt, so müssen auch wir, in Christus verbleibend, durch ihn leben und wirken.

314. Die eucharistische Speise enthält, wie bekannt, „wahrhaft, wirklich und wesentlich den Leib und das Blut zugleich mit der Seele und mit der Gottheit unseres Herrn Jesus Christus“[122]. Darum ist es nicht zu verwundern, wenn die Kirche von Anfang an den Leib Christi unter den Gestalten des Brotes angebetet hat, wie das schon aus den Riten des hochheiligen Opfers selbst hervorgeht; diese schreiben nämlich den Verwaltern der heiligen Geheimnisse vor, daß sie durch Kniebeugungen oder tiefe Verneigungen das heiligste Sakrament anbeten. Die heiligen Konzilien lehren als Überlieferung der Kirche von ihren Anfängen an, daß sie „mit einer Anbetung das fleischgewordene Wort Gottes samt seinem Fleische“[123] verehrt; auch der heilige Augustinus beteuert: „Niemand ißt von diesem Fleische, ohne es vorher angebetet zu haben“, und er fügt hinzu, daß wir nicht bloß keine Sünde begehen, wenn wir es anbeten, sondern daß wir vielmehr sündigen, wenn wir es nicht anbeten[124].

315. Entstanden aus diesen Lehrgrundsätzen, hat sich der eucharistische Anbetungskult, der von der heiligen Opferfeier zu unterscheiden ist, nach und nach entwickelt. Die Aufbewahrung der heiligen Gestalten für die Kranken und alle jene, die in Todesgefahr geraten können, führte zum löblichen Brauche, dieses himmlische, in den Kirchen aufbewahrte Brot anzubeten. Dieser Kult der Anbetung beruht auf einem starken und festen Grunde. Die Eucharistie ist ja sowohl Opfer wie auch Sakrament und unterscheidet sich von den anderen Sakramenten dadurch, daß sie nicht bloß die Gnade mitteilt, sondern den Urheber der Gnade selbst in fortdauernder Weise enthält. Wenn uns also die Kirche gebietet, den unter den Schleiern der Eucharistie verborgenen Christus anzubeten und von ihm jene himmlischen und irdischen Gaben zu erbitten, deren wir unaufhörlich bedürfen, so bringt sie damit den lebendigen Glauben zum Ausdruck, kraft dessen sie ihren göttlichen Bräutigam unter diesen Schleiern gegenwärtig weiß, ihm ihre Dankbarkeit bezeugt und sich der innigsten Vertrautheit mit ihm erfreut.


Letzte Änderung: 03.05.2012 um 22:28

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