Wort der Päpste

Sel. Papst Johannes Paul II.

Geschrieben von (ksf) am 02.05.2012
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Ansprache beim 6. Symposion der Bischöfe Europas

Orient und Okzident, die beiden Lungenflügel des Leibes der Kirche

 

Als die apostolische Ära den Samen des Evangeliums auf diese Erde Europas ausgeworfen und sie mit dem Blut der Märtyrer getränkt hatte, setzte eine mehrhundertjährige ununterbrochene und fruchtbare Entwicklung ein, die Europa mit der jugendlichen Frische des Christentums durchtränkte. Die heiligen Patrone Europas, der hl. Benedikt und die hll. Cyrill und Methodius sind – jeder auf seine Weise – Zeugen dieser Entwicklung. Das eigentümliche Charisma ihres evangelisierenden Wirkens besteht darin, dass sie Keime gelegt haben, dass sie Formen und Stile ins Leben gerufen haben, in denen das Evangelium im kulturellen und sozialen Geflecht und im Geist der abendländischen Völker lebendig werden konnte, die im Begriff waren, sich zu formieren... Diese Patrone bleiben auch ein Modell und eine aktuelle Anregung für uns; denn das Werk der Evangelisation sieht sich – angesichts der ganz besonderen Situation, in der sich Europa heute befindet – vor die Aufgabe gestellt, eine neue schöpferische Synthese zwischen Evangelium und Lebenswirklichkeit herzustellen.

Man muss sich bewusst werden, wie wichtig es ist, die Neuevangelisation auf diese gemeinsamen Wurzeln Europas aufzupfropfen... Denn diese christlichen  Wurzeln sind in besonderer Weise ergiebig und anregend, weil sie auf demselben Glauben gründen, sich auf dieselbe ungeteilte Kirche berufen... Andrerseits dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass diese gemeinsamen Wurzeln doppelte Wurzeln sind. Denn sie haben ihre Gestalt gewonnen aus zwei christlichen – theologischen, liturgischen und asketischen – Wurzeln und aus zwei verschiedenen kulturellen Modellen, die nicht im Gegensatz zueinander stehen, sondern im Gegenteil sich ergänzen und gegenseitig bereichern. Benedikt hat die christliche und kulturelle Tradition des Abendlandes mit dem Geist der Latinität erfüllt, der eher logisch und rational ist; Cyrill und Methodius sind Repräsentanten der altgriechischen Kultur, die eher intuitiv und mystisch ist, und werden verehrt als die Väter der Tradition der slawischen Völker.

Es ist an uns, das Erbe dieses fruchtbaren und komplementären Denkens anzutreten und Mittel und Wege zu finden, die geeignet sind, dieses Denken Wirklichkeit werden zu lassen und eine noch engere spirituelle Verbindung herzustellen zwischen Orient und Okzident.


Letzte Änderung: 03.05.2012 um 13:25

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