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Ein Kommentar "Zur Warnung" - Vom heiligen Johannes vom Kreuz (Mystiker und Kirchenlehrer)

Geschrieben von (pm) am 02.03.2012
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Der heilige Johannes vom Kreuz schreibt bereits im 16. Jahrhundert über spirituelle Menschen, welche die Neugier haben, um sich von manchen Dingen auf übernatürlichem Weg Kenntnis zu verschaffen und dies für etwas Gutes halten:

(Quelle: Johannes vom Kreuz, Aufstieg zum Berge Karmel, Zweites Buch, Kapitel 21)

(Absatz 4): „Jedoch auf übernatürliche Wege Dinge erfahren zu wollen, halte ich für viel schlimmer, als sich sonstige geistliche Wohlgefühle im Sinnenbereich zu wünschen. Denn ich sehe nicht, auf welchem Weg der Mensch, der sie beansprucht, es unterließe, zumindest lässliche Sünden zu begehen, auch wenn noch so gute Zwecke verfolgte und in der Vollkommenheit noch nicht gefestigt wäre, und ebenso derjenige, der ihm dies auftrüge oder zugestünde. Denn es besteht dafür keinerlei Notwendigkeit, da es die natürliche Vernunft und das Gesetz und die Lehre des Evangeliums gibt, die als Rechtschnur völlig ausreichen, und es weder einer Schwierigkeit noch eine Notlage gibt, die nicht sehr zum Wohlgefallen Gottes und zum Nutzen der Menschen mit diesen Mitteln gelöst oder behoben werden könnten. Ja so sehr haben wir aus der Vernunft und der Lehre des Evangeliums Nutzen zu ziehen, dass wir von übernatürlichen Dingen nur das annehmen dürfen, was der Vernunft und dem Gesetz des Evangeliums sehr entsprechend ist, selbst wenn man sie uns gewollt oder ungewollt vortrüge. Dann aber dürfen wir es annehmen, nicht weil es Offenbarung ist, sondern weil es vernünftig ist, ganz abgesehen vom Wortsinn der Offenbarung. Aber selbst dann ist es noch angebracht, diesen Vernunftgrund viel genauer anzuschauen und zu prüfen, als wenn dazu keine Offenbarung vorläge, insofern als der Böse viele wahre, die Zukunft betreffende und vernunftgemäße Dinge sagt, um Täuschungen zu verursachen.“

(Absatz 7): „ … Ich sage nur, dass es eine äußerst gefährliche Sache ist, mehr als ich sagen kann, auf solchen Wegen mit Gott umgehen zu wollen, und dass derjenige, der zu solchen Methoden hinneigen sollte, nicht umhin kommen wird, sich gewaltig zu irren und oftmals in Verwirrung zu geraten.  Denn abgesehen von der Schwierigkeit, die darin besteht, dass man es lernt, bei inneren Ansprachen und Visionen, die von Gott kommen, keinem Irrtum zu verfallen, gibt es unter ihnen für gewöhnlich viele, die vom Bösen stammen; im allgemeinen geht es nämlich in derselben Bekleidung und Begleitung mit dem Menschen wie Gott, indem er ihm etwas vormacht, was ebenso wahrscheinlich ist, wie die Dinge, die Gott ihm mitteilte, denn er schleicht sich auf Umwegen ein, wie der Wolf im Schafspelz in die Herde, so dass man es kaum erkennen kann. Da er nämlich viele wahre und vernunftgemäße Dinge sagt, und Dinge, die sich bewahrheiten, kann man sich leicht täuschen lassen und meinen, dass es nur von Gott kommen würde, weil es sich als Wahrheit herausstellt und, sofern es Zukünftiges betrifft, auch eintrifft. Denn sie wissen nicht, dass es für jemanden, der von Natur aus einen klaren Blick hat, kinderleicht ist, die Dinge, oder doch viele von ihnen, die waren oder sein werden, aus ihren Ursachen zu erschließen. Da aber beim Bösen diese Klarsicht sehr lebendig ist, kann er mit großer Leichtigkeit aus einer bestimmten Ursache eine bestimmte Wirkung ableiten, wenn es auch nicht immer so ausgeht, da alle Ursachen von Gottes Willen abhängen.“

(Absatz 8): „Bringen wir ein Beispiel: Der Böse weiß, dass die Hinordnung der Erde, der Luftverhältnisse und des Sonnenstands derart und in einem solchen Grad von Hinordnung aneinander aufeinander zugegen, dass, sobald der entsprechende Zeitpunkt gekommen ist, die Hinordnung dieser Elemente es ihrem Stand entsprechend notwendigerweise soweit gebracht hat, dass sie ansteckend sind und so die Leute mit der Pest anstecken, in manchen Gegenden mehr, in anderen weniger. Er hat hier also die Pest in ihrer Ursache erkannt. Was ist also dabei, wenn der Böse dies einem Menschen offenbart und sagt: `Heute in eineinhalb Jahren wird die Pest ausbrechen`, und es sich bewahrheitet? Und dabei ist es eine Weissagung des Bösen. Auf dieselbe Art und Weise kann er die Erschütterung der Erde erkennen, weil er merkt, dass sich das Erdinnere mit Luft füllt, und sagen: `Zu diesem Zeitpunkt wird dir Erde erbeben`, was eine natürliche Erkenntnis ist. Für diese genügt es, das Gemüt von seelischen Leidenschaften frei zu halten …“

(Absatz 9): „Man kann übernatürliche Ereignisse und Vorfälle sogar aus ihren Ursachen im Zusammenhang mit der göttlichen Vorsehung erschließen, die mit überaus großer Gerechtigkeit und Zuverlässigkeit auf das eingeht, was die von den Menschenkindern herbeigeführten guten und bösen Ursachen erforderlich machen. Denn man kann auf natürliche Weise erkennen, dass diese oder jene Person, diese oder jene Stadt oder was immer, in dieser oder jener Not, in diese oder jene Lage gerät, so dass Gott in seiner Vorsehung und Gerechtigkeit mit dem, was der Ursache ebenbürtig ist und ihr entsprechend darauf einzugehen hat, sei es zur Bestrafung oder zur Belohnung oder was auch immer die Ursache ist, so dass man dann sagen kann: `Zu diesem Zeitpunkt wird Gott euch geben oder er wird jenes tun, oder noch etwas anderes wird eintreffen.`…“

(Absatz 10): „Nun kann der Böse das nicht nur auf natürliche Weise, sondern auch aus der Erfahrung erkennen, die er hat, weil er Gott Vergleichbares hat sehen tun, und es dann vorhersagen und das Rechte treffen. Auch der heilige Tobit erschloss die Strafe Gottes für die Stadt Ninive aus ihrer Ursache (Tob 14,6) und warnte deshalb seinen Sohn, indem er ihm sagte: `Schau, mein Sohn, zu der Zeit, wenn ich und meine Mutter gestorben sind, verlass dieses Land, denn es wird nicht weiterbestehen. … Ich sehe deutlich, dass allein seine Bosheit Ursache für seine Bestrafung sein muss, die darin bestehen wird, dass es ausgelöscht und zerstört wird´ (14,12f). Das alles konnten der Böse und Tobit sogar aus Erfahrung, und nicht nur wegen der Bosheit der Stadt wissen, sahen sie doch, dass die Leute dieselben Sünden hatten, derentwegen Gott die Welt der Sintflut zerstört hatte (Gen 19,24f), wiewohl Tobit dies auch durch den Geist Gottes erkannte.“

(Absatz11): „Und der Böse kann auch erkennen, dass Peter natürlicher weise nicht länger als so und so viele Jahre leben kann, und dies vorhersagen; uns so noch viele weitere Dinge und auf vielerlei Art und Weise, dass man gar nicht fertig würde, sie aufzuzählen, ja noch nicht einmal, damit zu beginnen, weil sie äußerst verwickelt sind, der Böse aber äußerst spitzfindig ist beim Einflüstern von Lügen. Von ihm kann man sich nicht befreien, außer man flieht vor allen übernatürlichen Offenbarungen, Visionen und inneren Ansprachen. Darum ist Gott zu Recht über den verärgert, der sie zulässt, weil er sieht, dass es Waghalsigkeit ist von dem, der sich derart in große Gefahr begibt, und Anmaßung, Neugierde, Auswuchs an Überheblichkeit und Wurzel und Grundlage für Prahlerei und Geringschätzung der Dinge Gottes, und Anfang vieler Übel, in die viele hineingeraten sind. Diese haben Gott dann schließlich so verärgert, dass er sie absichtlich in Verirrung und Verwirrung und Verdunkelung ihres Geistes fallen und von den geordneten Lebenswegen abkommen ließ, wobei sie ihren Eitelkeiten und Phantasien Raum gaben, wie es Jesaja mit folgenden Worten sagt: `Der Herr hat den Geist des Widerspruchs und der Verdrehung unter sie gemischt` (Jes 19,14), was in guter Alltagssprache bedeutet, den Geist alles verkehrt zu verstehen. Das bringt Jesaja hier offensichtlich auf unser Thema bezogen ins Wort, denn er sagt es wegen denen, die sich aufmachen, um auf übernatürliche Weise zu erfahren, was sich ereignen würde. Deshalb, sagt er, mischte Gott unter sie den Geist, alles verkehrt zu verstehen. Nicht, dass Gott ihnen den Geist der Verirrung geben wollte oder ihn tatsächlich gab, sondern weil sie sich in etwas hineinbegeben wollten, was sie auf natürliche Weise nicht erreichen konnten; aus Verärgerung darüber ließ er sie stolpern, indem er ihnen für das, von dem Gott nicht wollte, dass sie sich einmischen, kein Licht gab. Und so sagt er, dass Gott diesen Geist durch Entzug unter sie mischte. Auf diese Weise ist Gott die Ursache für diese Schädigung, er ist die Ursache für den Entzug, die in der Wegnahme seines Lichtes und seiner Gunst, ja so sehr weggenommen, dass sie notgedrungen in Irrtümer gerieten.“

(Absatz 12): „Auf diese Weise gibt Gott dem Bösen die Erlaubnis, viele mit Blindheit und Täuschungen zu schlagen, weil ihre Sünden und Waghalsigkeiten es verdienen. Das vermag und erreicht der Böse, sofern sie ihm glauben und ihn für einen guten Geist halten, und zwar so sehr, dass es keine Abhilfe gibt, aus den Täuschungen herauszukommen, selbst wenn sie sehr überzeugt wären, dass er es nicht ist, insofern als sie durch Gottes Zulassung den Geist, alles verkehrt zu verstehen, schon eingesogen haben. Das, so lesen wir, hat sich bei den Propheten des Königs Ahab ereignet, als Gott sie durch den Lügengeist täuschen ließ, indem er es dem Bösen mit folgenden Worten erlaubte: … `Du wirst sie mit der Lüge besiegen und sollst sie täuschen; geh und tu das so!` (1 Kön 22,22). Und soviel vermochte er bei den Propheten und beim König, um sie zu täuschen, dass sie dem Propheten Micha keinen Glauben schenken wollten, der ihnen die Wahrheit weissagte, die genau das Umgekehrte von dem war, was die anderen geweissagt hatten. Das geschah, weil Gott ihre Verblendung zuließ, denn sie waren erfüllt von Besitzneigung nach dem, von dem sie wollten, dass es ihnen widerfahre, und dass Gott ihren Strebungen und Wünschen gemäß antwortete; das aber war das sicherste Mittel und Rezept, damit Gott sie absichtlich mit Blindheit und Täuschung schlug.“


Letzte Änderung: 03.03.2012 um 10:26

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