Lesejahr C 2012/13

"Zügelloses Leben und Motzerei" (4. Fastensonntag "läetare" - Lesejahr C)

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"Der eine haut ab und kehrt nach vielen Jahren völlig heruntergekommen zurück, - der andere bleibt und wird mit der Zeit zum Motzer.“

So könnte man zu Recht, das biblische Gleichnis mit einem Satz auf den Punkt bringen. Doch in all dem, was uns da geschildert wurde, steckt die tiefe menschliche  Sehnsucht nach Glück, nach Anerkennung, nach Wertschätzung, nach Liebe. Und so werden beide Söhne für den Vater zu einer Belastungsprobe, jeder auf seine Art.

Eltern, die ähnliches erleben oder erlebt haben, können gut verstehen, was es bedeutet mit dem eigenen Kind und am eigenen Kind zu leiden. Wenn es sich selbst verwirklichen will und dabei Vater oder Mutter klar wird, dass der eingeschlagene Weg kein gutes Ende nehmen kann. Oder wenn Eltern Vorwürfe gemacht werden, Vorhaltungen und sie sich die Frage stellen: „Was haben wir nur falsch gemacht?“

Auch im Glauben ist diese Erzählung vom verlorenen Sohn, - oder besser gesagt vom verlorenen Menschen, - den ein zügelloses Leben prägt, bis er sich selbst als nicht mehr wertvoll erachtet, sehr bedeutsam. In meinem pastoralen Alltag höre ich immer öfter von Menschen, die alles Mögliche ausprobiert haben, gescheitert sind und sich selbst nichts mehr zutrauen. Welchen diese Selbstachtung verloren gegangen ist und die meinen, auch Gott könne ihre Gebete nun nicht mehr erhören. Die sich im Glauben wie „in der Ferne“ als Abgetauchte fühlen, meinen sie seien für Gott nicht mehr erreichbar. Die jedes unvorhersehbare Erlebnis als ein Urteil empfinden, oft als eine Strafe für ihr verkorkstes Leben.

Und doch, so dürfen wir im Gleichnis vom verlorenen Sohn anerkennen, ist es eben der Vater, der seinen Sohn nicht verurteilt, der ihn wieder annimmt und umarmt, ihm seine menschliche Würde neu zuspricht. Aber, erst als der „in sich“ gegangen war, am Schweinetrog seines Lebens angelangt, ganz unten, aber bereit umzukehren, erst dann konnte die Zeit der Gnade auch in seinem Leben neu beginnen.

Können auch wir noch „in uns“ gehen, etwa in der Stille, im Gebet, im Schauen auf Christus am Kreuz? Oder ist es nicht schon zu einer gesellschaftlichen Normalität geworden, auch unter Christen, wenn ich einen Fehler gemacht habe und mein Gewissen mich plagt, eben nicht zur Beichte zu gehen, sondern so lange mich abzulenken, bis ich meine, darüber hinweg zu sein?

Der Sohn hatte sich schon sein Sprüchlein zurechtgelegt und damit zufrieden gegeben als einfacher Knecht bei seinem Vater weiterzuleben. Aber dann muss er erfahren, dass dieser schon immer sehnsuchtsvoll auf ihn gewartet hat, lange Zeit umsonst, aber doch immer mit offenen Armen. Es erwartet ihn auch nicht eine Standpauke oder eine Tracht Prügel, sondern die Liebe seines Vaters, der einen Sohn hergeben musste.

Können auch wir Gott in diesem Maße als unseren himmlischen und barmherzigen Vater annehmen?

Der zweite Sohn kann es nicht, der will nur Gerechtigkeit und vergisst dabei, dass er sich selber das Urteil spricht.  Alles was dem Vater gehörte, gehörte auch immer schon ihm, aber er hat es nie in Anspruch genommen und ist nun voller Neid, weil es sein Bruder getan hat. Er kann sich deshalb auch nicht freuen, ist motzig, unzufrieden und klagt seinen Vater an, weil der barmherzig ist. Verstehen können wir das Gleichnis nur, wenn wir anerkennen können, dass wir alle in Bezug auf das ewige Leben verloren sind und erst die Rettungstat Gottes uns neu den Himmel öffnet, für das Leben bei ihm. Dass Jesus uns hier sagen will, dass Gott ist wie dieser Vater, dass er dem Menschen entgegeneilt und ihn umarmt, ihm seine durch die Sünde verlorene Würde wiederherstellen will, ohne dass der sie sich verdient hätte. Eben aus echter Liebe zu jedem Menschen und zum Heil all jener, die „in sich“ gehen und so beginnen umzukehren zu Gott. (pm)

Letzte Änderung: 08.03.2013 um 20:16


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