Lesejahr C 2009/10
Das Gleichnis vom verlorenen Sohn (24. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr C) |
Ob in der Erzählung vom verlorenen Schaf, dem verlorenen Geldstück oder dem verlorenen Sohn. Jesus möchte uns in allen drei Gleichnissen sagen, dass Gott wie ein gütiger und barmherziger Vater zu uns ist, damit wir uns seiner barmherzigen Liebe anvertrauen. Und es gibt keine noch so schlimme oder schwere Tat, die Gott nicht verzeiht, wenn sich der Mensch von ihm in der Beichte versöhnen lässt, den Willen hat aufrichtig umzukehren. Aber so zu leben, als würde ich nie etwas falsch machen, als bräuchte ich nicht vor Gott meine Sünden zu bekennen, als bräuchte ich nicht mehr zu beichten, auch wenn ich keinen umgebracht habe, das hat vor ihm keinen Bestand. Damit betrügt sich der Mensch nur selbst, wie zunächst der verlorene Sohn.
Die Pharisäer und Schriftgelehrten, die ordentlichen Bürger Israels sind empört, dass sich Jesus auch mit denen abgibt, deren Leben ziemlich daneben ist, mit den Zöllnern und öffentlich bekannten Sündern. In ihrer Selbstgerechtigkeit sind die so vermessen, dass sie gar nicht mehr merken, dass ach sie vor Gott Fehler und Schwächen haben und seiner erbarmenden Liebe bedürfen. Und dass sie damit eigentlich Gott daran hindern, dass er sich diesen Menschen und ihrer selbst erbarmt. Das nimmt Jesus zum Anlass um ihnen und auch uns anhand des Gleichnisses vom verlorenen Sohn oder besser gesagt den beiden Söhnen die Selbstgerechtigkeit von Menschen vor Augen zu stellen und Gottes Barmherzigkeit ihr gegenüberzustellen.
Da sind zwei Brüder, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, ein Sinnbild für die Gespaltenheit des Menschen aber auch seine Freiheit sich für Gott und gegen ihn zu entscheiden. Das ganze alte Testament ist mit dieser Thematik durchzogen. Kain, der seinen Bruder Abel tötet, weil dessen Gebet Gott wohlgefälliger ist. Ismael, der von seinem Vater Abraham verstoßen wurde, um die Stammesnachfolge seines Bruders Isaak nicht in Gefahr zu bringen, dem Gott aber zum Stammvater der Araber machte. Jakob, der seinem Bruder Esau das Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht verkaufte, es sich aber wieder mit der Hilfe Gottes zurückholt. Josef, der von seinen Brüdern in ein fremdes Land verkauft wurde, den Gott aber trotz dieser schlechten Tat zum Retter seiner Brüder und seines Stammes macht. In all diesen Erzählungen geht es um den Menschen als Geschöpf Gottes, der in seinem freiheitlichen Tun autonom werden will, das heißt unabhängig von Gott, ja sogar gegen ihn durch seine Lebensweise rebelliert. So wie der verlorene Sohn, der die Großherzigkeit seines Vaters ausnutzt, indem er sein Erbe einfordert, das er sich ja nicht einmal verdient hat und in seinem Freiheitsdrang, weit weg von seinem Vater ein neues Leben beginnt. Gott gibt uns Menschen Freiheit, obwohl er weiß, dass wir diese missbrauchen und auch zum inneren Abbruch der Beziehung zu ihm verwenden können. Und so verschleudert der Sohn sein Geld, er will einfach das volle Leben ausschöpfen und genießen, ohne Gebote und Autoritäten, nur er selbst ist sich noch sein eigener Herr. Eine Lebensweise, die heute aktueller denn je ist. Er verprasst aber nicht nur sein Vermögen, er verliert immer mehr sein Wesen, sein Leben, seine von Gott geschenkte Würde, den Sinn seines Daseins in der Welt. Und so wird sein Leben immer sinnloser, immer ausschweifender, immer extremer, immer abhängiger, bis er nichts mehr hat. Kein Geld, keine Freunde, keine Familie, keinen Bezug mehr zu Gott. Der Sohn, der diese absolute Freiheit gesucht hat, er wird nun zu einem Knecht, einem Schweinehüter, der noch nicht einmal das nötigste zum Leben hat.
Der Mensch ist in seiner Würde ganz unten angekommen, er selbst kann sich nicht mehr aus dem Sumpf der Lebenslüge herausziehen. Für Juden war das Schwein ein unreines Tier und der Schweinehirt, der Ausdruck der äußersten Entfremdung und seelischen wie körperlichen Verelendung des Menschen. Die geistige Situation, in der sich viele der öffentlichen Sünder und der Zöllner damals befanden. Doch der verlorene Sohn geht in sich, er begreift nun was er getan hat und will umkehren, neu anfangen, sich wieder mit seinem Vater versöhnen: er bekehrt sich. Er macht sich auf den Weg zu seinem Vater, bleibt nicht am Schweinetrog sitzen, abwartend, sich selbst bemitleidend. Er ergreift die Initiative, hat den Willen neu anzufangen, will wieder frei werden. Und er sagt dem Vater seine Schuld ins Gesicht, bittet ihn um Vergebung, um die Absolution könnte man sagen. Doch der Vater, der seinen Sohn besser kennt als dieser sich selbst, lässt ihn erst gar nicht zu Ende sprechen, sondern umarmt ihn und küsst ihn und lässt für ihn ein großes Fest feiern. Ein Fest des Glaubens, um zu zeigen, dass er seinem Sohn seine ursprüngliche Würde wieder zurückgegeben hat.
So ist Versöhnung mit Gott, das ist sakramentale Beichte, in ihrem ureigenen, von Gott gewollten Sinn, um uns Menschen wieder in unserer ursprünglichen Würde aufzurichten. Und das war der Grund warum sich Jesus besonders der Sünder und Zöllner annahm. Aber auch der Pharisäer und Schriftgelehrten, die sich in der Person des zweiten Sohnes wiederspiegeln. Dieser macht seine Arbeit, hält zu seinem Vater, verprasst nicht dessen Geld und kann nun nicht verstehen, dass der so viel Wirbel um seinen Bruder macht. Er fühlt sich ungerecht behandelt und sieht immer noch das Unrecht seines Bruders, er hat ihm noch nicht verziehen. Es ist ein stiller Neid, der in ihm aufkeimt. In welcher Freiheit er lebt und was ihm alles an Schmerz und bitterer Erfahrung durch die Lebensweise seines Bruders erspart geblieben ist, das kann er nicht erkennen.
Müsste es uns nicht daran gelegen sein, dass alle Menschen zu Gott finden, dass die alle einmal in sein ewiges Reich kommen? Oder sollen nur die dorthin kommen, die unserem Rechtsinn nach dorthin gehören? Wer so denkt, der hat die Liebe Gottes nicht wirklich begriffen. Der hat nicht begriffen, dass er aus seiner göttlicher Liebe heraus bereit war, seinen eigenen Sohn in die Welt zu schicken, damit dieser für alle Menschen das Tor zur Umkehr öffnet, das Tor in den Himmel. Das sein Leiden und Sterben am Kreuz, jedem Menschen dieses ewige Heil ermöglicht hat. Und dass es eigentlich auch unsere Aufgabe ist an seinem Heil mitzuwirken, mit unseren Gebeten, mit unserem Dienst am Nächsten und besonders mit der Bereitschaft zur eigenen Umkehr. Denn in jedem von uns spiegelt sich ein Teil des verlorenen Sohnes und auch seines Bruder wieder, so dass wir alle dieser barmherzigen und väterlichen Liebe Gottes bedürfen. Im dem Sakrament, das er für uns dafür eigens geschaffen hat, dem Sakrament der Versöhnung mit Gott unserem Vater, der Beichte. (pm)
Letzte Änderung: 02.01.2014 um 18:10
Zurück