Lesejahr B 2011/12

"Der Aussatz oder das unwerte Leben" (6. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr B)

Geschrieben von (pm) am 07.02.2012
Lesejahr B 2011/12 >>

Die Krankheit des Aussatzes oder auch Lepra genannt, gilt heute im Großen und Ganzen in unserer westlichen Welt als besiegt. Dennoch ist "Aussatz" ein Synonym für Ausgrenzung von Menschen, die in unserer Gesellschaft selbst nicht mehr stark genug sind, die keine Lobby haben und deren Lebensqualität von anderen bestimmt und festgelegt wird.

Eudämonismus heißt in diesem Zusammenhang das neue Zauberwort, das uns alle in seinen Bann ziehen will. Es ist die Lehre vom Streben nach Glückseligkeit, also einem glücklichen Leben, ohne Wenn und Aber, ohne Reue und ohne schlechtes Gewissen. In der Werbung wird das meist so ausgedrückt: „Gut ist, was mir nützt, was mein eigenes ich befriedigt.“ Dieses Nützlichkeitsdenken hat einen großen Einfluss auf das werdende Leben, etwa in der Frage der Abtreibung, es taucht in immer mehr Ehen auf, etwa beim sog. Seitensprung und nun geht es auch immer stärker in den Bereich der älteren Menschen über, etwa bei der Sterbehilfe.

In den Niederlanden jedenfalls ist ein erster Tabubruch erreicht. Dort werden ab März ambulante „Spezialistenteams“ den älteren Menschen zur Verfügung stehen, um „Sterbehilfe“ zu leisten. Man nennt das Ganze dann: Töten auf Rädern! Gefördert wird das Ganze von der niederländischen Vereinigung für ein freiwilliges Lebensende. Ein Arzt und ein Krankenpfleger besuchen die Betroffenen zu Hause, um dort die Tötung dann durchführen. Grund für die Einführung der ambulanten Teams ist, dass immer wieder Menschen die Sterbehilfe wünschen und Schwierigkeiten haben, einen dazu bereiten Arzt nicht finden. Zum Glück haben die Ärzte den Eid des Hippokrates abgelegt, in ihm wird dem Arzt ein Schwangerschaftsabbruch und aktive Sterbehilfe untersagt. Aber seitdem die Sterbehilfe in den Niederlanden 2002 gesetzlich erlaubt ist, mehren sich auch die Ärzte, die dem Patienten wie sie betonen, bei einem unerträglichen Leiden und einer aussichtslosen Krankheit aktive Sterbehilfe leisten.

Dabei weiß man mittlerweile gang genau, dass immer mehr ältere Menschen aufgrund ihres Vermögens, den Kosten für die weitere Pflege und auch einer Menschenwürde, die man ihnen nicht mehr zuschreibt, also ohne eigene Einwilligung das Leben genommen wird. Das hat dazu geführt, dass an den Grenzgebieten zur Bundesrepublik Deutschland die Seniorenheime überfüllt sind mit Senioren, sie aus Angst vor dieser möglichen Maßnahme nach Deutschland übersiedelten. Eine Entwicklung, die uns allen Sorgen machen sollte, denn jeder von uns wird einmal als älterer Mensch mit dem Thema des würdigen „älter werden“ konfrontiert werden und vor allem mit dem würdigen „sterben dürfen.“

Die Deutsche Bischofskonferenz hat zu diesem Thema eine Broschüre herausgegeben, eine Patientenverfügung, in der ich festlegen kann, für Arzt und Familienangehörige, dass ich menschenwürdig sterben darf. Unser christliches Menschenbild orientiert sich an Gott, der uns das Leben schenkte und an seinem Sohn Jesus Christus, der das Leiden und Sterben nicht abgeschafft hat, sondern ihm einen Sinn gab. Darum ist es viel wichtiger älteren Menschen in der Phase des Leidens oder Sterbens zur Seite zu stehen, sie zu begleiten, für sie zu beten und ihnen die Hoffnung zu geben, dass ihr Leben eben nicht ins Nichts geht und deshalb sinnlos geworden ist. Wir sollten uns als Christen im Leiden und Sterben mit Jesus Christus im Glauben verbinden, um so mit ihm auch zum ewigen Leben aufzuerstehen.

Doch wo ich von Gott nichts mehr für mein Leben erwarte, wo ein Umfeld geschaffen wurde, das ihn nicht mehr liebt und anerkennt, da wird der Weg frei für ein reines Nützlichkeitsdenken, ohne Hoffnung und ohne Glaube. Menschlich gesehen eine Katastrophe, denn solch eine Kultur des unwerten Lebens hatten wir erst vor einigen Jahrzehnten in unserem Land. Es bleibt nur zu hoffen, dass viele mutige Christen sich gegen einen Tabubruch in Deutschland stemmen, damit wir alle in Würde und ohne Angst alt werden können und so Menschen an unserer Seite haben, wenn Gott uns zu sich ruft. (pm)


Letzte Änderung: 08.02.2012 um 14:06

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