Lesejahr B 2011/12
Die Einübung der Gottes- und Nächstenliebe (1. Fastensonntag - Lesejahr B) |
Geschrieben von (pm) am 21.02.2012 |
Die Fastenzeit gibt uns wieder einmal die Gelegenheit, über das nachzudenken und zu tun, was uns im Glauben prägen sollte: Die Gottes- und Nächstenliebe.
Paulus bringt es im Brief an die Hebräer auf den Punkt, wenn er sagt: „Lasst uns aufeinander achten und uns zur Liebe und zu guten Taten anspornen“ (10,24). Die 40 Tage der Fastenzeit können so für uns zu einem Weg werden, der vom Gebet und vom miteinander Teilen geprägt ist, von der Stille und vom Fasten, in der Erwartung auf Ostern, als dem Fest unserer Erlösung. Er hat es uns vorgemacht: Im Gebet, im Fasten und in den Werken der Nächstenliebe.
Es geht also um die Aufmerksamkeit für den Anderen und die damit verbundene Neueinübung der Treue zu Gott. Jesus nennt hierfür ganz konkrete Bespiele, die uns helfen können ihm und somit dem Wirken Gottes in unserem Leben, mehr Vertrauen zu schenken. Im Blick auf die Vögel des Himmels, die nicht sähen und nicht ernten, und doch von der Fürsorge Gottes umgeben sind. Und im Blick auf den Balken im eigenen Auge, der uns meist daran hindert unsere eigenen Fehler, Schwächen und Sünden zu erkennen, wohl eher aber die der Anderen, durch den Splitter im Auge des Nächsten. Gerade die Gleichgültigkeit und Interessenlosigkeit, die wir auch immer öfter im Bereich der Kirche erleben, hat ihren Ursprung im Egoismus gegenüber Gott und dem Mitmenschen.
Im Gleichnis vom barmherzigen Samariter gehen der Priester und der Levit gleichgültig an dem von Räubern ausgeplünderten und geschlagenen Mann vorbei (vgl. Lk 10,30-32), und in dem Gleichnis vom reichen Prasser bemerkt der an Besitz übersättigte Mann nicht die Lage des armen Lazarus, der vor seiner Tür langsam den Hungertod stirbt (vgl. Lk 16,19ff). In beiden Fällen haben wir es mit dem Gegenteil des „Achtgebens“, des liebevollen und mitfühlenden Blickes zu tun.
Was aber verhindert diesen menschlichen und liebenden Blick bei Christen? Häufig doch die Sattheit und Übersättigung unserer Zeit, aber auch der Vorrang, der persönlichen Interessen und Sorgen gegenüber allem anderen. Vieles bleibt dann auf der reinen Gefühlsebene stehen: „Ich empfinde Mitleid, bleibe aber untätig.“ Doch die Begegnung mit dem anderen und das Öffnen des Herzens für seine Bedürfnisse beginnen auch mich zu verändern, können für mich heilbringend und seligmachend sein. Und gerade diese christliche Sorge um den Mitmenschen, und das wird viel zu oft nicht mehr verstanden, beinhaltet auch das Beten für ihn. Sicherlich, dazu gehört auch die Zurechtweisung, denn vor dem Bösen darf man auch nicht schweigen. Wenn sie aus Liebe und Barmherzigkeit geschieht und einer aufrichtigen Sorge um das Wohl der Brüder und Schwestern entspringt.
Der Philosoph Henrich Spaemann drückt es so aus: „Was die österliche Bußzeit will: Jene Entsagung die notwendig ist, damit Gott in unserem Leben wieder alles Sagen hat.“ Es geht also immer um Gott- und den Mitmenschen.
Und so möchte mit dem Propheten Jesaja schließen, der uns die Bedeutung und den Sinn des christlichen Fastens umschreibt, aktueller denn je: „Warum fasten wir und du siehst es nicht, warum tun wir Buße und du merkst es nicht? Seht, an euren Fasttagen macht ihr Geschäfte und treibt alle eure Arbeiter zur Arbeit an; obwohl ihr fastet, gibt es Streit und Zank und ihr schlagt zu mit roher Gewalt; so wie ihr jetzt fastet, verschafft ihr eurer Stimme droben kein Gehör. Ist das ein Fasten, wie ich es liebe, ein Tag, an dem man sich der Buße unterzieht: wenn man den Kopf hängen lässt, so wie eine Binse sich neigt, wenn man sich mit Sack und Asche bedeckt, nennst du das ein Fasten und einen Tag, der dem Herrn gefällt? Nein, das ist ein Fasten, wie ich es liebe: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen, an die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen.“ (Jes 58, 3-7) (pm)
Letzte Änderung: 22.02.2012 um 11:51
Zurück