Lesejahr C 2012/13

"Die Kostbarkeit des Lebens" (10. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr C)

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Keine Mutter, kein Vater möchte das erleben, was da im Lukasevangelium geschildert wird. Eine Frau muss ihr Kind zu Grabe tragen, nachdem ihr Mann bereits verstorben ist. Jetzt steht sie ganz allein da. Alles, was ihr lieb und teuer war, ist dahin. Alltägliche Aufgaben, Fragen und Sorgen um das Leben ihrer kleinen Familie sind überflüssig geworden, der Sinn ihres Lebens steht auf dem Spiel. Erst einmal weint sie um dieses junge Leben, das sie geliebt hat. Sie weint um ihr Kind, denn mit dem Tod ihres Jungen muss sie auch ihre Zukunft eigene begraben. Für sie wird es von diesem Tag an nur noch Einsamkeit und Armut geben, keine soziale Absicherung, sie wird wohl betteln müssen. Durch das Stadttor trägt sie neben der Bahre mit dem Leichnam auch sich selbst aus der Stadt, wo die Lebenden wohnen.

Jesus sieht die Frau, er hört ihr Weinen und spürt ihre Trauer und er hat tiefes Mitleid mit ihr. Was er sagt und tut, gilt letztlich nicht ihrem toten Sohn, sondern allein ihr in ihrer verzweifelten Situation. Er spricht sie direkt an und sagt: „Weine nicht!“ Er geht zu der Bahre und fasst sie an, allen Reinheitsgeboten zum Trotz. Er befiehlt dem jungen Mann, aufzustehen und das Unmögliche geschieht. Der Tote kehrt ins Leben zurück, richtet sich auf und beginnt zu sprechen. Jesus gibt der Mutter ihr Kind zurück. Und alle, die das Wunder miterleben, spüren Furcht und Dankbarkeit zugleich. Furcht, weil da einer die Gesetze des Lebens außer Kraft setzt, und dankbares Staunen darüber, dass Gott seine Welt nicht im Stich lässt, sondern seinen Geschöpfen nah ist. Sie preisen Gott für dieses Erlebnis und für seine Gegenwart.

Das Mitleid, das Jesus empfindet, ist mehr als nur menschliches Mitleid, es ist das tiefe Mit-Leiden mit einem Menschen, der Bild und Gleichnis Gottes ist: es ist göttliches Erbarmen. Auch der Befehl „steh auf!“ passt dazu. Auf Gottes Befehl „es werde“ in der Schöpfungsgeschichte, geschieht sogleich was er ausgesprochen hat. Das Evangelium dieses Sonntags ist ein Hinweis auf die Vollmacht und Größe Jesu. Es ruft uns alle zum Mitleid, zum Erbarmen mit unseren Mitmenschen auf. Tote aufzuerwecken steht nicht in unserer Macht. Aber es gibt begrabene Hoffnungen, die wir als Menschen in der Nachfolge Jesu „auferwecken“ können. Es ist unsere Aufgabe, die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod lebendig zu halten gerade da, wo andere diese Hoffnung längst begraben haben. Wir können Menschen die Hoffnung geben, dass sie wertvoll sind, indem wir ihnen Anerkennung entgegenbringen. (pm)

Letzte Änderung: 27.06.2013 um 12:52


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