Lesejahr B 2011/12

"Heilige sind Liebende" (Hochfest Allerheiligen - Lesejahr B)

Geschrieben von (pm) am 31.10.2012
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Was würde Sie antworten, wenn Sie jemand fragen würde, was man als Christ tun muss, um heilig zu werden?

Würden Sie ihn vertrösten, etwa mit der Antwort: „Ach, das braucht man heute nicht mehr?“

Oder würden Sie ihm versuchen eine echte Antwort aus dem Glauben heraus zu geben?

Heilig zu werden, einen oder eine Heilige vorbildlich zu finden, damit tun sich heute viele schwer, meinen, da würde Gott nur ein paar Auserwählte brauchen, aber sicherlich nicht mich, da ich ja viel zu normal bin.

Dabei kann man beim Lesen von Heiligenbiographien immer wieder feststellen, dass diese Frauen und Männer absolut normal waren, voller Fragen und Wünsche, voller Unsicherheiten und immer auf der Suche. Gerade als Menschen mit Gespür haben sie erkannt, was die Not ihrer Zeit war, und sie haben versucht, darauf aus dem Glauben zu antworten.  Denken wir doch nur einmal an Paul Josef Nardini oder Edith Stein, an Hildegard von Bingen oder Franz von Assisi. Und sie haben Antworten gefunden und gelebt, die geholfen haben und zum Teil heute noch gültig sind! Wenn wir also über Heiligsein und Heiligwerden nachdenken wollen, müssen wir zuerst über das Menschsein nachdenken, über das wirkliche Menschsein. 

Menschsein, ja da meinen heute viele das bestehe aus Wellness, Urlaub, Rundumversorgung, Freiheit und Sorgenlosigkeit. Schwierigkeiten gehören natürlich nicht dazu, die brauchen wir nicht und Ärger auch nicht, ebenso wie jede Form der Belastung. Doch wie schnell wird so ein Wunschleben zu einem sinnentleerten Leben, lässt das feine Gespür nach, dass es da ja auch noch einem andern neben mir schlecht geht und er meine Hilfe braucht. Wenn wir uns auch noch so gut eingerichtet haben mögen, den vielen Hungernden am anderen Ende der Erde hilft das nicht weiter. Wo das hinführt, hat uns die Wirtschaftskrise bitter gezeigt, eine menschengemachte Krise, bei der einige den gesunden Bezug zum Leben scheinbar verloren haben. Ist auch das allzu menschlich und ganz normal?

Wenn all das nicht mehr bemerkt wird und wenn nichts mehr dagegen unternommen wird, dann wird aus dem Allzumenschlichen schnell Unmenschliches. Und wie viele leiden heute in ihrem Alltag an Unmenschlichem? Mitmenschen, die nicht mehr merken, wie sie anderen wehtun, weil ihnen eben dieses feine Gespür des Glaubenden fehlt. Wie wohltuend ist da ein Mensch mit Gespür, mit Einfühlungsvermögen, mit der Bereitschaft auf einen Anderen einzugehen. Wie wohltuend ist da ein Mensch, der ohne Hintergedanken hilft, der nicht auf seinen Vorteil schaut und nicht rechnet und kalkuliert. Wie wohltuend ist da ein Mensch, der sich Zeit nimmt für andere, einer mit Format und Charakter, Rückrad und Verantwortungsbewusstsein.

Wirkliche Menschlichkeit lebt von solchen Menschen, von den Heiligen des Alltags, die ihr Maß nicht selbst gemacht haben vom Menschlich oder allzumenschlichen Standpunkt her, sondern Maß nehmen am Gottmenschen Jesus Christus. An diesem Maß sind sie gewachsen und wachsen sie, zu prachtvollen Persönlichkeiten. Wie sie sollten auch wir als Christen versuchen, heilig werden wollen, eben keine Supertalente, sondern Liebende. Heiligkeit besteht nämlich nicht darin, dass ich etwas besonders gut kann oder viel tue, sondern vor allem darin, wie ich es tue und mit wie viel Liebe. Um damit Anderen zu zeigen: Heilige sind Menschen wie du und ich, aber von der Liebe Gottes erfüllt und diese Liebe wollen sie nicht für sich selbst behalten. (pm)


Letzte Änderung: 01.11.2012 um 08:02

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