Lesejahr C 2012/13

"Mein Platz im Himmelreich" (22. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr C)

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„Schon wieder so einer!“

 

Gerade fahre ich auf der vollen Autobahn zu einem dringenden Termin und will auf der Überholspur an einem Lastwagen vorbei, da kommt ein Auto mit Vollgas von hinten und drängt mich zur Seite zu fahren. Mir wird mulmig, denn ich kann nicht mehr bremsen, ich gebe noch einmal Gas, um schneller an dem Lastwagen vorbei zu kommen. Da sehe ich die Lichthupe hinter mir und das mittlerweile dicht aufgefahrene Fahrzeug.

 

Ich weiß nicht, ob sie auch schon einmal solch eine Drängelei auf der Autobahn erlebt haben, die überaus nervig ist und dazu noch hochgefährlich. Autobahn-Drängeleien sind nur ein Symptom für unsere heutige Ellenbogen-Gesellschaft. Mein Auto ist größer, schöner, teurer und schneller, mach Platz, ich habe Sonderrechte. Leute, die vor Wichtigkeit nur so strotzen, sie gibt es nicht nur heute, es gab sie zu allen Zeiten, auch zu Zeit Jesu.

 

Im Evangelium begegnen wir solchen Bürgern erster Klasse. Jesus macht keinen Bogen um sie, wenn er von ihnen eingeladen wird, drückt sich nicht, geht hin, um auch ihnen die frohe Botschaft vom beginnenden Reich Gottes zu verkünden und sie so zur Umkehr zu rufen. Heute ist er bei einem führenden Pharisäer zum Essen eingeladen. An einem Samstag, oder wir die Juden sagen, am Sabbat, an dem es damals üblich war, sich nach dem Gottesdienst in der Synagoge, noch zu einem gemeinsamen. Essen mit Meinungsaustausch zu treffen.

 

Wir kennen ja diese schönen Abende, zu denen man sich bei Freunden oder in der Familie trifft. Man kennt sich, man trifft sich, man versteht sich und die Gäste sind gewissermaßen handverlesen. Doch Jesus wird nicht als Freund oder Bekannter zu diesem auserlesenen Treffen eingeladen, sondern als Zierschmuck, um ihn einmal näher unter die Lupe nehmen zu können. Im Evangelium heißt es, dass man ihn genau beobachtete: „Was wird er sagen, wo wird er vielleicht einen Fehler machen?“ Und so nehmen die Gäste ihre Plätze ein, jeder wie er meint, nach seinem Rang und Ansehen, dem Gastgeber umso näher sitzend, je besser seine persönliche Beziehung zu diesem ist. Man kennt sich ja schließlich schon jahrelang, da sollte doch wohl ein Ehrenplatz drin sein. Scheinbar kam es während dieser Platzvergabe zu Unstimmigkeiten, wer wo sitzen darf, denn einige Gäste begehrten die besten Plätze.

 

Jesus nimmt dies zum Anlass, um ihnen und auch uns die Platzvergabe im Reich Gottes, im Himmel, näher zu bringen. Und so vergleicht er das Himmelreich mit einer Hochzeit auf der die geladenen Gäste sich ihre Plätze aussuchen. Doch das klappt dann nicht so wie alle meinen, weil der Hausherr die Plätze vergibt. Ein Streit um einen vorderen Platz ist also vollkommen überflüssig, denn der himmlische Gastgeber hat längst für jeden von uns reserviert. So wie wir im Leben gelebt haben: Bescheiden oder Selbstbezogen, vorne oder hinten.

 

Interessant finde ich, dass Jesus uns auffordert Arme, Krüppel, Lahme und Blinde einzuladen, weil wir gerade ihnen bedingungslos geben können. Sie können es uns nicht vergelten, aber Gott im Himmelreich. Vielleicht haben sie das auch schon einmal erlebt, dass ein wirklich bedürftiger Mensch sich aus seine Art bedankt hat, etwa durch die Freude am Geschenkten, die einen dann auch innerlich froh macht oder eine unerwartete Umarmung. Das ist dann mehr als Gastfreundschaft unter Freunden, es ist bedingungslose Liebe am Bruder und an der Schwester! (pm)

Letzte Änderung: 30.08.2013 um 09:17


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