Lesejahr C 2012/13

"Mit Christus durch die Strassen gehen" (Fronleichnam - Lesejahr C)

Lesejahr C 2012/13 >>

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Wenn wir aus irgendeinem Grund für lange Zeit von einem lieben Freund Abschied nehmen müssen, überlegen wir uns, was wir tun können, um über den räumlichen Abstand hinweg verbunden zu bleiben. Wir Menschen sind da sehr erfinderisch geworden, weil solche Trennungen sehr schmerzlich sind. Wir schreiben uns zum Beispiel Briefe, tauschen Fotos aus usw. usw. Das alles aber ersetzt noch nicht die wirkliche Gegenwart des fernen Freundes. Er bleibt von uns getrennt.

Was wir nicht können, das vermag aber Jesus Christus. Als er seine Jünger bei seiner Himmelfahrt verlassen musste, hat er ihnen nicht irgendein Symbol für seine bleibende Liebe, oder eine reine Gedächtnisfeier hinterlassen, sondern er ist selbst bei uns geblieben. In der Eucharistie ist er wahrhaft, wirklich und real gegenwärtig. Wir feiern somit in der Eucharistie seine Gegenwart, zugleich aber auch die Überwindung des Todes und den Sieg des Lebens. All das bezeugen wir Christen heute, wenn wir nach der Messfeier auf die Straße gehen und das „Allerheiligste“ durch unsere Dörfer und Städte tragen. Es geht bei der  Prozession also nicht um ein prächtiges Spektakel, sondern um die Anbetung Gottes im Geist und in der Wahrheit. Wir bekennen sozusagen unseren Glauben. Wir ehren und feiern die Nähe Gottes. Wir ehren und feiern sein lebendiges Wirken an und für uns. Wir freuen uns, dass seine Liebe, mit der er sich am Kreuz dahingegeben hat, nicht erloschen ist, denn die Glut dieser opfernden Liebe strömt durch die Jahrhunderte und die Jahrtausende weiter; sie strömt durch die Menschheitsgeschichte; sie strömt fort im heiligen Sakrament der Eucharistie.

Bei jeder Eucharistiefeier begehen wir in sakramentaler Weise das Geheimnis unserer Erlösung, das Opfer von Golgotha, als Gedächtnis, aber als ein solches, das in dieser Feier immer wieder neu Wirklichkeit wird. Durch die Realpräsenz Jesu wird die Vergangenheit Gegenwart, und sie holt die Zukunft in die Gegenwart hinein. Im Kompendium des Katechismus der katholischen Kirche heißt es: „Jesus Christus ist in der Eucharistie auf einzigartige und unvergleichliche Weise gegenwärtig; wirklich, tatsächlich und substantiell, mit seinem Leib und seinem Blut, mit seiner Seele und seiner Gottheit.“

In der Eucharistie ist also der ganze Christus, mit seiner göttlichen und menschlichen Natur, unter den Gestalten von Brot und Wein, gegenwärtig. Das heutige Fronleichnamsfest ist nichts anderes, als das Fest  der Gegenwart Gottes in unserer Welt. Liebe Mitchristen! Jesus sagte zu seinen Jüngern: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm.“ Eben darum geht es in jedem sakramentalen Geschehen: In Christus bleiben, durch Christus leben. Denn Gott wird ein Mensch, um als Gottmensch unter Menschen die Welt zu erlösen. Im Sakrament der Eucharistie wird diese intime Nähe zwischen Schöpfer und Geschöpf nun gewissermaßen auf die Spitze getrieben: Christus will sich ganz von uns verkosten lassen, will Teil unseres Lebens werden, will unser ganzes Sein und Wesen mit seinem Geist erfüllen. Deshalb ist die Eucharistie nicht nur eine Gabe sondern auch eine Aufgabe. Wenn wir ernsthaft und nicht oberflächlich die Eucharistie empfangen, dann lassen wir uns ein auf ein Leben, das sich hingibt, das sich verschenkt. Dann lasse ich mich darauf ein, ein anderer Mensch zu werden, Einer, der liebt und stets den ersten Schritt macht zur Versöhnung, zum Dialog.

Das Sakrament des Altares verliert jeden Wert, wenn es nicht in der Überzeugung empfangen wird, dass ich mich hineinnehmen lassen muss in die Liebeshaltung Jesu, das ich selbst zu einer Opfergabe werden muss für meine Mitmenschen. „Gebt ihr ihnen zu essen“, lautet der Auftrag Jesu an die Jünger, an uns also. Wer das Sakrament der Liebe empfängt und nicht bereit ist, diese Liebe weiter zu tragen, der schadet sich nur selbst. Charles de Foucauld sagte einmal: „Wer Gott begegnet, muss auf einem anderen Weg heimkehren, als er gekommen ist.“ Liebe Gläubige! Die Eucharistie ist die unblutige Erneuerung des Opfertodes Christi am Kreuz, die Vergegenwärtigung seiner inneren Hingabe an den Vater und zugleich das Gedächtnis seines Todes und seiner Auferstehung. Durch die Einsetzung des Altarsakramentes hat Jesus dafür Sorge getragen, dass dies nicht in Vergessenheit gerät. Jede hl. Messe erinnert uns daran, und nach jeder heiligen Wandlung bekennen wir deshalb: Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.

Christus tritt tatsächlich in unser sterbliches Leben ein. Wir empfangen die rettende Arznei, die uns das ewige Leben vermittelt. Wir erhalten in der Eucharistie ein Unterpfand der künftigen Herrlichkeit. Sie lässt uns in den Himmel hineinwachsen. Hinter dieser Liebe, liebe Mitchristen, verbirgt sich eine unbegreifliche Demut Gottes. Gott ist so groß, dass er sich für uns so klein macht. Diese Demut Gottes fordert auch von uns ein Mindestmaß an Demut: Nämlich die Eucharistie glaubend anzunehmen, sie würdig zu empfangen und in aufrichtiger Liebe und Dankbarkeit zu verehren. (dm)

Letzte Änderung: 01.06.2013 um 07:24


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