Lesejahr C 2009/10
Sind die Evangelien historische Berichte? (3. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr C) |
„Schon viele haben es unternommen, einen Bericht über all das abzufassen, was sich unter uns ereignet und erfüllt hat. Dabei hielten sie sich an die Überlieferung derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren. Nun habe auch ich mich entschlossen, allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen, um es für dich, hochverehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben. So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdest. (Lk: 1, 1-4)
Bevor Lukas die Erzählung über das Leben Jesu beginnt, erklärt der Evangelist die Kriterien, von denen er sich hat leiten lassen. Er versichert, dass er von Tatsachen berichtet, die Augenzeugen bestätigt haben und die von ihm selbst „sorgfältig“ recherchiert worden sind. Der Leser soll sich von der Zuverlässigkeit der im Evangelium enthaltenen Lehren überzeugen können. Die Menschen der damaligen Zeit waren es gewohnt Erzählungen gut zu behalten und an die nächste Generation weiterzugeben, ohne ihren Inhalt zu verfälschen. Da die meisten Menschen der Antike die Worte noch nicht auf Papier drucken konnten, prägten sie sie sich im Gedächtnis ein und waren sehr geschult im Weitererzählen.
Nach der Auferstehung begannen die Apostel sofort damit, den Menschen das Leben und die Worte Jesu zu verkünden. Ihr Ziel war es nicht, irgendwelche ausgedachten Geschichten zu erzählen, sondern den Menschen zum Glauben an Jesus Christus zu führen. Aufgrund ihrer Erlebnisse waren sie Zeugen und damit fähig, zu vermitteln, was Jesus gesagt und getan hatte. Erst Jahrzehnte später begannen einige Autoren, diese mündlichen Erzählungen die zu ihnen gelangt waren oder die sie selbst noch aus dem Mund Jesu gehört hatten, schriftlich festzuhalten. Daraus entstanden mit der Zeit die vier Evangelien, die wir heute kennen.
Aus dem Vielen was man über Jesus wusste, wählten die Evangelisten das für sie Wichtigste aus, anderes fassten sie zusammen, wieder anderes erklärten sie mit ihren Worten, um so Gemeinden, für die sie schrieben, über den Glauben aufzuklären. Deshalb haben die vier Evangelien viele Gemeinsamkeiten und einige Unterschiede. Sie alle schildern das Leben Jesu aus verschiedenen Blickwinken. Alle vier zusammen kommen dem sog. Urevangelium, d. h. dem was Jesus sagte und tat, also am Nächsten. Die Evangelien sind also in dem Sinn historisch, dass sie uns immer wieder auf die Lehre und die Taten Jesu verweisen, um Zeugnis von zu geben, so wie die Menschen ihn damals erlebt haben.
Auch wir können diese Wahrheit der Evangelien an uns selbst erfahren, wenn wir uns durch das Wort Christi in der Tiefe unseres Herzens ansprechen lassen. Denn welches andere Wort hat jemals eine derartige Ausstrahlung und Beständigkeit besessen, als sein Evangelium in unserer Welt? Und das schon über 2000 Jahre lang? Meines Erachtens ein deutliches Zeichen für das Wirken des Heiligen Geistes in seiner Kirche, da es der Geist ist, uns in die Wahrheit führt. (pm)
Letzte Änderung: 02.01.2014 um 17:42
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