Lesejahr C 2012/13

"Vom Eins sein und der Einsamkeit" (7. Ostersonntag)

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Eine neue Idee hat eine japanische Firma auf den Markt gebracht: „Miete deine Familie.“ So sollen gerade die Bedürfnisse der immer älter werdenden Menschen befriedigt werden. Schauspieler übernehmen die Rolle eines Familienmitgliedes, auch Kinder sind im Angebot, die dann spielen, was gewünscht wird. Eine Marktlücke hat man entdeckt, denn die Nachfrage ist gut, drei Stunden kosten rund 1000 Euro und der Unterhaltungswert ist dabei garantiert.

Was uns hier vielleicht eher wie ein Gag vorkommt und bei uns wohl mit Argwohn oder Kopfschütteln verfolgt würde, ist eine schmerzhafte Wunde, die immer mehr Menschen, auch in Deutschland, trifft. Das Alleinseins und die Folge der damit verbundenen Einsamkeit. Wir brauchen nicht nach Japan zu schauen, um Einsamkeit zu entdecken, wir brauchen nur in viele Häuser unserer Straßen zu blicken, dort wo keine Öffentlichkeit ist, dort wo keine Kamera für Unterhaltung sorgt.

Mitten in dieses scheinbar heillose menschliche Erleben, sagt uns unser Gott: Seit eins, seid füreinander da, wie ich für euch da bin. Ja, in unserer Pastoral haben wir es mit immer mehr mit einsamen Menschen zu tun: Tendenz steigend. Ich muss dann immer schmunzeln, wenn Leute meinen, der Pfarrer halte eine Messe am Tag und habe dann Leerlauf. Nein, es sind eben nicht die großen Auftritte, die uns der Herr ans Herz gelegt hat, sondern oft die kleinen Besuche, bei den vielen, die aus ihrer Einsamkeit und dem Alleinsein nicht alleine herauskommen. Die auch gerne einmal einen Menschen haben, mit dem sie reden können, mit dem sie beten können oder einfach nur Kontakt haben dürfen.

Die Seelsorge der Zukunft entwickelt sich zu einer Seelsorge am einzelnen Menschen, weil Familie und Großfamilie keine Selbstverständlichkeit mehr sind. Und weil oft keiner mehr da ist, der das dann auffängt, viele zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind. Ja, ich kann mich als Christ den ganzen Tag im Spiegel betrachten und feststellen, was ich alles noch an mir und für mich tun muss. Oder ich kann aus dem Fenster schauen und mit einem wachen Blick für andere da sein. Auch hier zeigt sich christliche Einheit, anhand der Menschen erkennen, dass Gott noch in ihrer Mitte wohnt.

Das heutige Evangelium ist das Pastoralkonzept der Liebe Gottes, das Einssein in Liebe, das uns herausfordert, weil geschenkte Liebe immer auch geschuldete Liebe ist. Liebe erwartet nicht in erster Linie alles vom anderen, Liebe gibt sich zuerst einmal für den anderen.

Heute am Muttertag wird uns Maria als Vorbild eines solchen Glaubens und einer solchen Liebe in der Kirche vorgestellt. Und neben unserer himmlischen Mutter, dürfen wir heute auch unserer leiblichen Mutter einen Dank aussprechen. Willem-Alexander, der neue König der Niederlande, sagte bei seiner Amtseinführung, dass er die Weisheit und Wärme seiner Mutter immer im Herzen trage. Maria hat die Weisheit und Wärme Gottes in und unter ihrem Herzen getragen und mit ihrem Fiat sich ganz in den Dienst Gottes gestellt. Daher wird sie, wie es das Psalmwort sagt, von allen Geschlechtern selig gepriesen.

Mutterschaft und Mütterlichkeit sind Wesenszüge Mariens, haben Marienfrömmigkeit menschlich, natürlich und auch volkstümlich gemacht. Ohne Mutterschaft kein Leben, ohne Mütterlichkeit keine gesunde Entwicklung der Persönlichkeit des Menschen, von Vertrauen, von Beziehungs- und Bindungsfähigkeit, von Selbstbewusstsein und Freiheit. Wo diese Einheit und Liebe zu finden sind, da wächst auch die Verbindung zu Gott, da wird Glaube lebendig und anziehend, da beginnt Kirche zu wachsen. (pm)

Letzte Änderung: 11.05.2013 um 18:28


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