Lesejahr A 2013/14
"Von Blinden und Sehenden Menschen" (4. Fastensonntag - Lesejahr A) |
Geschrieben von (pm) am 27.03.2014 |
Vielleicht haben sie sich auch schon einmal von einem blinden Menschen ertasten lassen. Etwa, indem sie ihm oder ihr das Gesicht hinhielten und diese Menschen dann oft mit einer ganz großen Feinfühligkeit und Sensibilität in ihrem Gesucht versuchen zu der Stimme, die sie hören, ein menschliches Bild zu ertasten.
Blinde Menschen sehen oft tiefer, weil sie mit allen Sinnen erkennen. Blind geborene, so die Wissenschaft, haben zwar keine Vorstellung von Farben, doch sie nehmen sozusagen innere Farbtöne wahr. Äußere Konturen von Menschen und Dingen können sie nicht erblicken, aber sie haben ein inneres Tast- und Sehvermögen. Bei einer Veranstaltung der Blinden- und Gehörlosenschule im letzten Jahr, wurde ich ohne Worte und mit ganz lieben Gesten von einem Mann am Eingang des Saales begrüßt. Er nahm mich an der Hand und führte mich auf meinen Platz, dann lächelte er und ging weg.
Heute, liebe Schwestern und Brüder, hören wir von der Heilung eines Blindgeborenen. Zur Zeit Jesu dachte man weitläufig, dass diese Blindheit eine Strafe Gottes sei, welche er oder seine Eltern verursacht hätten. Auch heute ist manchmal noch die Meinung zu hören, wenn Eltern ein blindes Kind haben, dass sie sagen: „Was haben wir falsch gemacht?“ Jesus widerspricht dieser Meinung und stellt die Würde jedes Menschen, ob sehend oder blind, in den Mittelpunkt. Vielmehr wird durch die Heilung des blinden Mannes eine ganz andere Blindheit der Anwesenden deutlich: „Die Blindheit im Glauben.“
In seinem Roman „Mein Name ist Gantenbein“ erzählt der Autor Max Frisch von einem Mann, der sehen kann, aber nicht mehr sehen will. Er beschließt die Rolle eines Blinden zu spielen und sieht so nur noch das, was er sehen möchte. Er braucht keine Stellung mehr zu beziehen, wenn er will, geht den unangenehmen Konflikten aus dem Weg, liebt von nun an nur noch das bequeme, das angenehme Leben. Auch in unserem Glauben können wir auf diese Art und Weise sehr blind werden, ohne unser Augenlicht zu verlieren. Wir nehmen uns nur das Angenehme heraus und das Unangenehme, wo Christus ein Umdenken fordert, das ignorieren wir. Ähnlich tun es die Pharisäer, weil sie Jesus als Sohn Gottes nicht anerkennen wollen. Und jenen, die sich zu Jesus bekennt, machen sie Angst und wollen sie aus ihrer religiösen Gemeinschaft ausstoßen.
Gott schenkt uns dieses Licht des Glaubens und er ermutigt uns auch, es anderen Menschen zu bringen. Eine Ordensschwester, die das vor einigen Tagen auf ganz außergewöhnliche Weise getan hat, ist die Italienische Schwester Cristina. Die 25 jährige Ordensfrau ist bei der Gesangsschow „The Voice of Italy“ aufgetreten, die es ja auch in Deutschland gibt, um durch ihren Gesang Gottes Botschaft zu verkünden. Sie sagte dazu: „Ich besitze ein Geschenk und will es weitergeben.“ Die vier Jury-Mitglieder, die zu Beginn eines jeden Auftrittes mit dem Rücken zu den Sängern sitzen, also „blind“ lauschen, trauten ihren Augen nicht, als sie sahen, dass da eine Ordensfrau singt. Das erste was sie gefragt wurde, war: „Sind sie eine echte Schwester?“ „Sehr echt“, sagte Schwester Cristina von den Ursulinen. „Singen sei ihre Leidenschaft“, meinte sie und wurde unter Applaus für die nächste Gesangsrunde vorgeschlagen.
So einfach kann Gottes Licht weitergegeben werden, so einfach kann der Glaube auch Blinde für Gottes Botschaft wieder sehend machen. Das Wunder ist dann zwar nicht gleich äußerlich sichtbar, aber Gottes Licht kann uns die Augen öffnen, für das, was nur mit dem Herzen gut zu sehen ist. (pm)
Letzte Änderung: 28.03.2014 um 14:42
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