Lesejahr A 2013/14
Was tun mit dem Überfluss an Gütern der Erde? (Fest - Erntedank 2014) |
Geschrieben von (pm) am 02.10.2014 |
Letzte Woche kam ich mit einem Bauern ins Gespräch über seine Milchproduktion, die nach den Wirtschaftssanktionen gegen Russland von der Europäischen Union teilweise entschädigt werden muss. Er sagte mir: „Dass wir für einen Teil der Milch, die wir nun nicht ausliefern können eine Entschädigung bekommen, das ist für mich nicht das beunruhigende, sondern dass durch die Überproduktion die Milch weggeschüttet wird, um den Marktpreis zu halten.“
Heute ist es Brauch, die Früchte aus unseren Ortschaften vor dem Altar aufzustellen, weil sie uns an unseren Schöpfer erinnern sollen, dem wir alle Früchte der Erde verdanken. Gerade in diesem Jahr gab es eine weitgehend gute Ernte und es ist ein guter Brauch, Gott für all das zu danken, was wir zum Leben haben.
Wohlstand allein genügt eben nicht, wenn er nicht mit Verständnis füreinander, Verzeihung, Güte, Liebe und Freundschaft für uns und von unseren Mitmenschen einhergeht. Ebenso ist die Gesundheit zu einem kostbaren Gut geworden, sie ist ein Geschenk, das auch in Gottes Händen liegt. Wir brauchen neben unseren Grundnahrungsmitteln für unser Leben auch eine gewisse Freiheit, eine finanzielle Absicherung, ein menschliches Lebensumfeld und Frieden und Sicherheit. Ohne ein Leben in Freiheit würde uns jedweder Wohlstand anwidern. Auch nicht die volle Kühltruhe macht unser Leben schon aus, denn wir brauchen mehr, um erfüllt leben zu können.
Erntedank erinnert uns daran, dass der wahre Reichtum von Gott kommt und immer zu ihm hinführt. Auch die größte Scheune und das dickste Bargeldkonto lassen uns noch nicht reich werden vor Gott. Sondern das „Geben“ im Sinne der Nächstenliebe, das sich verschenken an andere, die Achtsamkeit gegenüber seiner Schöpfung, das macht uns vor Gott wirklich reich.
Jeder Reichtum birgt auch eine Gefahr in sich, wie wir sie im sogenannten Lied vom Weinberg in der Lesung gehört haben. Zunächst hören wir von einem Gärtner, der liebevoll einen Weinberg anpflanzt und ihn auf fruchtbarem Boden mit den edelsten Reben versorgt. Nun wartet er darauf, dass er bald aus diesem Weinberg süße Trauben ernten kann. Doch der bringt stattdessen saure Beeren und der Winzer fragt sich, was er nicht alles für den Weinberg getan hat. In dieser Bildrede beschreibt der Prophet Jesaja die Abwendung der Menschen von Gott, mit der Zunahme des menschlichen Wohlstandes. Als sie alles haben, beginnen sie seine Gebote langsam zu vergessen, sie wissen nicht mehr wer die Ursache und Quelle all dessen ist, was sie haben und wovon sie leben. Alles wird mehr und mehr als eigene Leistung verstanden, als irdische Selbstverständlichkeit. In dieser Bildrede erkennen wir die heutige Glaubenskrise, sie ist nicht neu, sie ist eine Erfahrung Gottes mit seinem Volk über die Jahrtausende. Wo die Bindung an den Reichtum und damit die Güter der Erde zu eng wird, da schwindet die Bindung an Gott, weil keiner zwei Herren dienen kann.
Der Weinberg ist in der Sprache der Bibel ein Bild für den allumfassenden Besitzanspruch Gottes, der Schöpfer aller Dinge ist. Und je weniger wir bereit sind unsere erwirtschafteten Überschüsse mit den Notleidenden so teilen, umso mehr müssen wir damit rechnen, dass Gewalt, Kriege und Hungersnöte diese Erde kennzeichnen. Erntedank erinnert uns daran, dass wir mithelfen sollen, dass möglichst viele satt werden.
Jesus hat es uns vorgelebt und mahnt uns, nicht in Europa ein künstliches Paradies zu züchten, das Gott ausschließt und somit keine große Zukunft hat. Er mahnt uns von den Früchten der Erde zu leben und sie allen Menschen zukommen zu lassen, die von ihnen leben. (pm)
Letzte Änderung: 04.10.2014 um 08:15
Zurück