Lesejahr B 2011/12

"Was wollt ihr?" (2. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr B)

Geschrieben von (pm) am 13.01.2012
Lesejahr B 2011/12 >>

Viele besorgte Menschen in und um unsere Kirche und Kirchengemeinden fragen sich, wie wird es in Zukunft mit uns weiter gehen? Wenn wir immer weniger Berufungen in unseren Seminaren in Deutschland, aber auch unter den hauptamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen haben. Wenn, wie die aktuelle Statistik zeigt, noch 10 Prozent der in Deutschland lebenden Katholiken, am Sonntag ihre Kirchen besuchen. Wenn Taufen, Hochzeiten, Erstkommunionen und Firmungen zurückgehen und das religiöse Leben in unserer Öffentlichkeit, wenn überhaupt, noch eine untergeordnete Rolle spielt.

In dem aktuellen Wirrwarr von Stimmen und Forderungen, nach Veränderungen und Neuaufbrüchen, möchte ich mit Ihnen zusammen den Blick auf einen Aspekt richten, der scheinbar vergessen worden ist. Nämlich nach der Frage: „Was ist eigentliche eine Berufung?“

Zu einer Berufung, so hören wir in der Lesung des heutigen Sonntags, braucht es einen der ruft und einen, an den der Ruf ergeht, der sich dann auch berufen sieht und fühlt und diesem Ruf folgt.

Samuel ein Jugendlicher, wird dreimal von Gott im Herzen gerufen, von ihm angesprochen, mit der Frage: Möchtest du ein geistliches Leben führen. Doch Samuel erkennt nicht die Bedeutung des Rufens Gottes an ihn, er meint, er habe das geträumt oder Eli habe ihn gerufen. Aber dieser Eli, ein erfahrener Mann im geistlichen Leben, er erkennt den Ruf des Samuel als Ruf Gottes und hilft dem Jungen auf diesen Ruf zu antworten. Er rät ihm nicht davon ab, er warnt ihn auch nicht vor eventuellen Nachteilen, er hindert ihn nicht daran, weil das heute nicht mehr so üblich ist, sondern er ermutigt Samuel, diesen geistlichen Weg, den Weg der Berufung, den Weg mit Gott zu gehen.

Ich hatte in meinem Leben das Glück, dass mir ein solcher Eli zur Seite stand, ein erfahrener älterer Pfarrer, der mir riet, als ich mich ernsthaft Fragte ein geistliches Leben zu führen, mir mehr Zeit für das Gebet zu nehmen, für die Stille und das Lesen in der Bibel, um zu erkennen, was Gott von mir will. Denn, liebe Mitchristen, wo die offenen Ohren für den Ruf Gottes nicht mehr da sind oder von anderen Stimmen übertönt werden, da kann Gott so laut rufen wie er will, auch in unserer Zeit, er wird nicht gehört. Das wäre auch bei Samuel der Fall gewesen, wenn Eli ihn nicht darauf aufmerksam gemacht hätte, dass Gott ihn ruft.

Und so sollten wir uns doch die Frage stellen, ob wir in unseren Gemeinden ein Eli sein können, anderen helfen dass sie den Ruf Gottes in ihrem Herzen richtig verstehen und ihm folgen. Gerade in der Familie, wo die ersten Fragen nach dem lieben Gott auftauchen, wo Kinder ihre ersten Gebete lernen können, da braucht es einen oder eine wie Eli, die helfen, dass gerade junge Menschen das geistige Leben kennen lernen können. Ich glaube, dass genau hier die Krise unserer Berufungen in Deutschland liegt und bin fest davon überzeugt, dass Gott genauso ruft wie früher, dass aber viele Rufe nicht erkannt werden.

Christentum ist nicht nur eine Lehre oder eine Ansammlung von Worten und Wissen, sondern immer gelebte Beziehung zu Jesus Christus, im Sinne eines geistlichen Lebens, das dann den Glauben an ihn erlebbar, erfahrbar und anziehend macht. Je mehr wir Jesus Christus kennen und lieben lernen, umso mehr können wir Anderen auch über ihn und unsere Erfahrungen mit ihm erzählen. Spiritualität lebt nicht allein aus dem Wissen und Können, sondern aus der täglichen Praxis und wo dieses tägliche Beten fehlt, da ist es auch schwer eine Berufung für sein Leben zu erkennen.

So versteht sich auch die Frage Jesu im Evangelium, die eigentlich uns allen gilt: „Was wollt ihr?“ Die Jünger antworten, „wir wollen dich kennen lernen“, und Christus sagt ihnen, „kommt und seht!“ Nutzen auch wir täglich unsere von Gott geschenkte Zeit, um Jesus besser kennen zu lernen, um ihm im Gebet näher zu kommen. So können wir ihn wie der Psalmisten auch für unsere Zeit und unsere Not bitten: „Sende aus deinen Geist, und das Antlitz der Erde wird neu.“ (Ps. 140, 30) (pm)


Letzte Änderung: 14.01.2012 um 09:39

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