Lesejahr B 2011/12
Wer bin ich? (15. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr B) |
Geschrieben von (pm) am 14.07.2012 |
Wer bin ich?“
Eine Frage die uns Menschen von je her beschäftigt. Bin ich rein biologisch gesehen, eine zufällige Aneinanderreihung von Molekülen, ein großer Zellklumpen, der mehr oder weniger funktioniert? Aus dem ich dann, wenn nötig, auch ein Ersatzteillager für die medizinische Behandlung anderer Menschen herstellen kann? Bin ich nur ein Produkt der Zeugung, das gerade jetzt auf der Erde lebt, um in einigen Jahren schon wieder zu verschwinden, bald vergessen zu sein? Wie eine Blume, die für kurze Zeit blüht, um dann für immer abzusterben? Bin ich ein Teil eines Ganzen, selbst unbedeutend, so wie ein kleines Rädchen in einer großen Maschine, gebraucht aber ungeachtet? Nur Mittel zum Zweck?
Wer oder was ist der Mensch?
In der Lesung des Epheserbriefes hören wir eine andere Definition von „Mensch sein“. Da heißt es, dass Gott jeden Menschen erwählt hat, schon bevor er diese Welt ins Leben rief. Da wird nicht von einem Zufall gesprochen, sondern von einer ganz bewussten Tat Gottes, schon vor vielen hunderttausenden von Jahren, wenn wir einmal unseren zeitlichen Maßstab ansetzen wollen. Da ist davon die Rede, dass Gott jeden von uns aus Liebe dazu bestimmt hat, sein Sohn und seine Tochter zu werden, unabhängig von Hautfarbe, Sprache oder Religion. Jeder Mensch ist da gemeint, auch der körperlich oder geistig behinderte. Denn jeder Mensch ist eine von Gott gewollte Person mit Würde und Ansehen.
Dieses christliche Menschenbild setzt sich über die Beurteilungen und Maßstäbe der heutigen Zeit hinweg, es macht nicht sich selbst zum Maßstab, sondern Gott. Für gläubige Christen gibt es kein unnützes, kein unwertes oder unbrauchbares menschliches Leben. Ob nach der Zeugung, im Mutterleib, bei Krankheiten oder im Alter. Diese besondere Erwählung des Menschen von Gott her, gilt immer! Und wir sollten uns heute nicht an der Diskussion darüber beteiligen, wie wir Abtreibung, Euthanasie oder möglichst keine Behinderung rechtfertigen, sondern was wir tun können, damit diese Menschen Anerkennung und Liebe erfahren. Denn das ist es was sie brauchen und keine Schönredner, die über Leben und lebenswertes Leben bestimmen wollen, so als seien das alles Nummern, aber nichts für diese Menschen tun.
Für mich kann das nur heißen, dass ich an der Umsetzung dieses christlichen Menschenbildes mitarbeite. Wenn in den Medien meist angebliche Fehler von Menschen in der Kirche hochgespielt werden, dann ist das die eine Seite der Medaille. Die andere aber zeigt uns, dass der überwiegende Teil der Christen dazu beigetragen hat und beiträgt, dass dieses christliche Menschenbild gelebt wird. Die ersten Krankenhäuser wurden im Mittelalter von den Orden gegründet, das Schulwesen, besonders die Universitäten, die Bildung von der Kirche ermöglicht und unzählige Ordensleute, Priester und Laien haben sich um die Pflege der Armen und Weisen Menschen zu allen Jahrhunderten gekümmert. Eine Selbstverständlichkeit? Keineswegs, das sehen wir ja heute mitunter, wo sie uns immer mehr fehlen. Wenn diese aus einer christlichen Gesinnung heraus verrichteten Dienste immer mehr wegfallen, wird die Situation besonders für unsere alten und kranken Menschen zunehmend schwieriger.
Das Personal in den Krankenhäusern und Altenheimen zum Beispiel ist oft überlastet, es bleibt kaum Zeit für ein Gespräch oder eine ruhige Minute mit den Patienten. Alte Menschen vereinsamen in ihren Häusern, sind auf sich allein gestellt. Ich denke, gerade die Hilfsbereitschaft der Ordensfrauen, an die wir noch vor Jahrzehnten gewohnt waren, sie ist mit Geld nicht zu bezahlen. Wenn es aber immer wichtiger wird, dass der Laden nur läuft, vergessen wir, dass wir es hier mit Menschen zu tun haben, den ein freundliches Wort gut tut, oder eine Aufmunterung! Wie gut ist es da zu wissen, dass es sie noch gibt, auch in unseren Gemeinden. Engagierte Mitchristen, denen das Wohl des Nächsten am Herzen liegt. Es ist doch nicht selbstverständlich, dass sie Kranke im Krankenhaus oder alte Menschen in den Altenheimen besuchen, ihnen ihre Zeit widmen. Ihnen die Krankenkommunion bringen, wenn sie nicht mehr zur Kirche kommen können, aber eine Sehnsucht danach haben. Und so viele weitere caritative Dienste am Menschen, die unser christliches Lebensbild sichtbar und spürbar werden lassen. Sagt nicht Christus selbst: „Was ihr dem geringsten meiner Brüder (und Schwestern können wir hinzufügen), getan habt, das habt ihr mir getan.“
Ich denke, derjenige, der hierin seine Berufung von Gott her erkennt, der wird sich auch selbst immer mehr erkennen können. Der wird erkennen, dass er nicht zufällig in dieser Welt lebt, sondern erwählt ist, mit einem Auftrag beschenkt. Die Liebe Gottes in Wort und Tat an den Mitmenschen weiterzugeben. Denn es ist ein großer Unterschied ob ich etwas gebe, zum Beispiel ein wenig Geld für Bedürftige oder ob ich etwas von mir gebe. Letzteres wird uns viel glücklicher und zufriedener machen, als rein materielle Dinge, denn hier werden wir gebraucht, um am Reich Gottes mitzuarbeiten. (pm)
Letzte Änderung: 15.07.2012 um 09:25
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