Lesejahr C 2012/13
"Wer ist Arm und wer ist reich?" (26. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr C) |
Eigentlich sollte Mitmenschlichkeit keine Grenzen kennen, vor allem nicht unter Christen. Und doch beschäftig uns in unserem sog. christlichen Abendland, und gerade in den letzten Jahren wieder vermehrt in Deutschland, das Thema Armut und Reichtum. Und ich bin mir sicher, dass es nicht darum geht und gehen kann, Reichen und wohlhabenden Menschen ihre Verdienste aus Neid nicht zu gönnen, sondern sie wieder mehr an die Solidarität mit den Schwächeren zu erinnern. Es kann bei solchen Forderungen auch nicht darum gehen, reiche Menschen als grundsätzlich Böse zu beschimpfen, sondern sie an die Folgen von Herzlosigkeit zu erinnern, die in allen Jahrhunderten große Wunden ausgelöst hat, ja sogar zu Kriegen führte.
Eigentlich auch der Auftrag von Kirche, der aber bei uns scheinbar neben Pfarreianalysen und Strukturmaßnahmen ins Abseits gerutscht ist. Umso mehr kann ich auch dann die Empörung verstehen, wenn im Bistum Limburg ein Prunkgebäude ausgestattet wird, während sowohl Papst Benedikt als auch Papst Franziskus die „Entweltlichung“ von Kirche als zukunftsweisend predigen.
Wer sind die Reichen, denen wir heute begegnen?
Wahrscheinlich ist keiner von uns so superreich, dass er sich ohne nachzudenken und ohne Sorgen haben zu müssen alles leisten kann. Die meisten haben es aber doch zu einem gewissen Wohlstand gebracht, haben eine gesicherte Existenz aufgebaut. Was sollte daran schlecht oder gar verwerflich sein? Hier liegt wohl eher nicht das Problem, sondern darin, dass viel zu viele Wohlhabende Menschen scheinbar Gott nicht mehr brauchen oder ihn nicht mehr kennen.
Und wer sind die Armen von heute?
Da kann man endlose Debatten darüber führen, wer arm ist, zu wenig verdient, zu viel arbeiten muss, sich dieses oder jenes nicht leisten kann. Aber neben dieser materiellen Armut, gibt es auch eine religiöse, eine geistige Armut. Lazarus liegt nicht vor unserer Haustür, aber vielleicht der Mensch, der keine Lebensperspektive mehr hat, total unglücklich lebt, gescheitert ist, Zukunftsängste hat, Zuneigung sucht, glauben will aber nicht kann. Hemmungslose Genusssucht und selbstzufriedene Völlerei sind doch Anzeichen für einen seelisch kranken Menschen.
Im Evangelium erhalten Tiere, als Geschöpfe Gottes, beim Menschen mehr Zuneigung als der Mitmensch. Die Hunde sind es, die dem hilflosen Lazarus die Wunden lecken, während er von den Menschen vergessen wurde. Erleben wir das heute nicht auch, nicht nur bei den Bettlern auf unseren Straßen, auch bei vielen älteren Menschen, gegen ihre Einsamkeit oder Hilflosigkeit, dass sie einem Tier mehr Vertrauen entgegenbringen, als etwa dem Nachbarn. Wenn Tiere zum Ersatz für enttäuschte menschliche Beziehungen werden, für erfahrene Lieblosigkeit und Kälte, dann sollte uns das zu denken geben.
Und so mag es ein Trost sein, dass gerade der Name des Bettlers Lazarus mit „Gott hilft“ übersetzt wird. Und Gott ist dann auch, der ganz und gar für ihn da ist, nämlich als Lazarus sein unbeachtetes und menschenunwürdiges Leben auf der Erde beendet. Ihm sendet Gott seine Engel, die ihn zum Schoß Abrahams begleiten, „damit sein Fuß nicht an einen Stein stößt“, obwohl er nichts anzubieten hat, kein Erspartes und kein Eigentum.
Der Reiche stirbt auch, wird beerdigt und gerät in Vergessenheit: „Alles hast du bereits gehabt“ wird ihm gesagt und keinen bleibenden Schatz im Himmel hast du gesammelt. Eine Mahnung die uns wachrütteln soll, nicht den Reichtum zu verurteilen, sondern den Umgang mit ihm, wenn er Menschen herzlos werden lässt. (pm)
Letzte Änderung: 27.09.2013 um 14:25
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