Lesejahr A 2010/11

"Blind für Gott" (4. Fastensonntag - Lesejahr A)

Geschrieben von (pm) am 16.03.2011
Lesejahr A 2010/11 >>

Die Heilung des Mannes, der seit seiner Geburt blind war, soll uns daran erinnern, dann auch wir im Glauben sozusagen alle von Geburt an blind waren. Die Welt selbst ist im Glauben an Gott, blind geboren worden. Geht es nach dem, was uns heute die Wissenschaft zum Teil sagt, so gab es für Millionen von Jahren Leben auf der Erde, aber Leben in einer Art „Blindzustand“.

 

Es gab noch kein Auge, die hätten sehen können, im Licht des Glaubens. Das Auge in seiner Komplexität und bis heute für uns Menschen nur schwer verstehbaren Funktionalität, hat einen Entwicklungsprozess hinter sich. Und die gleiche Situation stellt sich bis zu einem gewissen Grad im Leben jedes Menschen ein. Als Kind kommen wir zwar nicht blind, aber doch ziemlich unfähig zur Welt, die Umrisse der Dinge zu erkennen. Erst nach ein paar Wochen beginnen wir, die Dinge schärfer zu sehen. Wären wir als Kind er schon imstande gewesen, das auszudrücken, was wir empfinden, dann hätten wir nicht das Gesicht der Mutter, oder alles mögliche was wir wahrnehmen mit einem „Ah!“ voller Verwunderung bezeichnet! Unser Sehen ist im Grunde genommen ein wissenschaftliches Wunder. Nur ist es so, dass wir nicht darauf achten, da wir uns daran gewöhnt haben und es als selbstverständlich hinnehmen.

 

Doch Jesus heilt den blinden Mann nicht nur aufgrund seines Augenlichtes. Er heilt ihn, um ihn an Körper und Seele sehend zu machen, um in ihm den Glauben zu wecken. Auch wir können in diesem Sinne blind werden, wenn wir über das materielle Sehen hinaus, keine andere Sichtweise mehr zulassen. Wenn wir nicht mehr mit den Augen des Glaubens sehen!  Dieses gestattet es, eine andere Welt jenseits derer auszumachen, die wir mit den physischen Augen sehen:  die Welt Gottes, des ewigen Lebens, die Welt des Evangeliums – jene Welt, die kein Ende hat, ja nicht einmal, wenn diese Welt zu Ende geht. Daran wollte uns Jesus mit der Heilung des jungen Blindgeborenen erinnern, den er zum Brunnen von Schiloach sandte. Damit wollte Jesus sagen, dass dieses andersartige Auge des Glaubens sich mit der Taufe zu öffnen beginnt – wenn wir das Geschenk des Glaubens empfangen.

 

Aus diesem Grund wurde die Taufe auch einmal als „Erleuchtung“ bezeichnet, und getauft werden bedeutete „erleuchtet werden“. In unserem Fall geht es nicht darum, ganz allgemein an Gott zu glauben, sondern darum, an Christus zu sorgen. Dieses Ereignis, das wir vor uns haben, dient dem Evangelisten, um uns zu zeigen, wie man zu einem vollen und reifen Glauben an den Sohn Gottes gelangt. Das Wiedererlangen des Augenlichts seitens des Blinden geht einher mit seiner Entdeckung, wer Jesus ist. Anfangs ist Jesus für den Blinden nichts anderes als ein Mensch: „Der Mann, der Jesus heißt, machte einen Teig…“ Auf die Frage: „Was sagst du selbst über ihn? Er hat doch deine Augen geöffnet?“, antwortet der Mann später: „Er ist ein Prophet.“ Er ist einen Schritt weiter gekommen.

 

Er hat nun erkannt, dass Jesus ein Gesandter Gottes ist, der in dessen Namen spricht und handelt. Als er schließlich Jesus erneut begegnet, ruft er ihm zu: „Ich glaube, Herr!“, und wirft sich vor ihm nieder, um ihn anzubeten.  So erkennt er ihn offen als seinen Herrn und Gott an. „Und ich, an welchen Punkt bin ich auf diesem Glaubensweg angelangt? Sehe ich in Jesus von Nazareth den Sohn Gottes?“

 

Dass Jesus ein „Mensch“ ist, leugnet keiner. Dass er ein „Prophet“ war, ein Gesandter Gottes, auch dies wird allgemein anerkannt. Viele bleiben aber an diesem Punkt stehen. Doch das reicht nicht. Auch ein Moslem, wenn er konsequent mit dem ist, was im Koran steht, erkennt Jesus als Propheten an. Das heißt aber nicht, dass er sich deshalb für einen Christen hält. Der „Sprung“, durch den im wahrsten Sinn dieses Wortes zum Christen wird, geschieht, wenn man – wie der Blindgeborene – Jesus, den „Herrn“, verkündet und ihn als Gott anbetet. Der christliche Glaube besteht nicht in erster Linie darin, „an etwas zu glauben“ (dass es Gott gibt, dass es ein Jenseits gibt…), sondern im Glauben „an jemanden“. Jesus legt uns im Evangelium keine Liste von Dingen vor, die zu glauben sind. Vielmehr sagt er: „Glaubt an Gott, und glaubt an mich“. Für die Christen heißt glauben, an Jesus Christus glauben. (pm)

 


Letzte Änderung: 11.04.2011 um 07:26

Zurück