Lesejahr A 2010/11
"Nicht aufheben ... erfüllen" (6. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A) |
Geschrieben von (pm) am 05.02.2011 |
Es ist für die Kirche heute nicht mehr einfach, das Evangelium vom Leben so zu verkünden, dass es von den modernen Menschen bei all den „Gegenverkündigungen“ noch richtig verstanden wird. Und doch haben die Worte Jesu nichts vom Ernst und vor allem der Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit seiner frohen Botschaft verloren. Ein Mord bleibt ein Mord und ein Ehebruch ein Ehebruch, ein falscher Meineid bleibt falscher Meineid und Hass bleibt Hass, die Frage ist allerdings welchen Stellenwert wir solchen Dingen heute noch zumessen.
Frei zu sein, scheint in unserem 21. Jahrhundert vermehrt in der westlichen Welt zu bedeuten, ohne Reue und falschen Scham alles auszuprobieren, was mir gerade gefällt oder meinen Vorstellungen entspricht. Wir diskutieren ja mittlerweile kaum noch auch über innerkirchliche Themen, wir Streiten und berufen uns alle auf den Heiligen Geist oder auf Gott. Dabei wissen wir doch, wenn wir so ein Evangelium wie das Heutige lesen, was Gott durch seinen Sohn Jesus Christus uns gesagt hat. Wir haben es schwarz auf weiß und streiten immer noch darüber, was Gott wirklich will.
Ich glaube das große Unglück bei all dem ist, dass wir als Christen viel zu sehr meinen, Gott müsse uns verstehen, alles so zulassen wie wir es wollen und bitte schön nach unserer Pfeife tanzen. Aber wäre es nicht eher sinnvoll, dass wir uns aufmachen, um zu verstehen, was Gott von uns möchte? Und könnte es nicht auch so sein, dass er darin mehr Wissen, Erfahrung, Weisheit und Zukunftseinblick hat? Für uns Christen in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft ist das nicht einfach, besonders weil wir es gewohnt waren aus dem Vollen zu schöpfen. Und deshalb ist es gerade in unseren Zeiten, in denen unsere christlichen Werte auf den Kopf gestellt werden, umso wichtiger einen ganz festen Halt im Glauben und im Gebet, in der Beziehung zu Gott zu haben. Wir unterliegen nämlich alle der Gefahr auf dem "Supermarkt der Religionen" das auswählen, was uns persönlich auf den Leib zugeschnitten ist, so müssen nicht wir unser religiöses Leben ändern, sondern wir passen die Religion uns an.
Ich glaube, dass das auch ein Grund ist, warum Sonntags so wenig praktiziert wird, alle aber ein Recht auf Eucharistie haben wollen. Ich glaube, dass das auch der Grund ist, warum so viele das Zölibat abschaffen wollen, obwohl es keiner von ihnen leben muss. Ich glaube, dass das auch der Grund ist, warum so viel heute über Jesus und die Amtskirche und über Verfehlungen gesprochen wird, aber kaum noch vom eigenen Glaubensleben. Haben sie in den letzten Wochen und Monaten irgendeinen jüngeren Priester mit einer Fahne vor dem Bischofshaus für die Abschaffung des Zölibates protestieren sehen? Und wurde die Mehrheit der Priester, die solch eine Lebensweise täglich aus Liebe zu Christus und seiner Kirche leben möchten, nach ihrer Meinung gefragt? Was würde sie sagen, wenn man ihnen ins Ehebett schauen würde und ihnen vorschreiben wollte, wie sie ihr Sexualleben zu praktizieren hätten? Wären sie dann nicht empört und das zurecht?
Wenn auch 90% der Gesellschaft eine andere Meinung vertreten, bleibt für uns immer noch die Frage: „Warum hat Jesus zölibatär gelebt und warum hat er seinen Jünger, wie wir in der Bibel lesen können, öffentlich dazu aufgefordert?“ Haben auch wir einmal daran gedacht, dass dies ein gelebtes Zeichen für eine besondere Form der Liebe zu Gott sein könnte oder gehört das mittlerweile auch schon dem Mittelalter an? Vielleicht verstehen wir die Worte Jesu im Evangelium nun ein wenig besser, wenn er sagt: „Ich bin nicht gekommen um aufzuheben, sondern zu erfüllen.“ Ja, wir müssen uns auch in Zukunft offen und ehrlich mit der Welt und ihren Strömungen und Meinungen auseinandersetzen, keine Frage! Aber eines dürfen wir dabei nicht verlieren: „Die Treue zu Jesus Christus und das, was er uns für alle Zeiten aufgetragen hat, im Glauben an ihn zu leben.“ (pm)
Letzte Änderung: 01.01.2014 um 16:17
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