Lesejahr A 2010/11

Die grundsätzliche Bereitschaft zur Vergebung (24. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A)

Geschrieben von (pm) am 05.09.2011
Lesejahr A 2010/11 >>

In diesen Tagen hören wir in den Medien verstärkt wieder von den Anschlägen am 11. September, also vor 10 Jahren, in New York. Ich selbst habe noch die Bilder vor mir, als die beiden Flugzeuge in die riesigen Tower des World Trade Centers flogen und unsagbares Leid auslösten. Es würde viel spekuliert, wer an dem Ganzen schuld sei, Verschwörungstheorien machten die Runde, sogar Krieg wurde aufgrund dieses Anschlages gerechtfertigt.

Heute, zehn Jahre danach, wird in der St. Peterskirche, der ältesten katholischen Kirche in New York, zum ersten Mal wieder die Erstkommunion gefeiert. Die Kirchengemeinde hat sich seit dem Anschlag verdoppelt. Das Leben ist langsam wieder zurückgekehrt und mit ihm auch der praktizierte Glaube. Der Pfarrer der Gemeinde war damals selbst Augenzeuge der Anschläge und seine Botschaft an seine Gemeindemitglieder lautet: „Dass die Liebe am Ende über den Hass siegt.“ Für ihn war es erstaunlich, dass bei den vielen Betroffenen Menschen im Angesicht des Todes nicht die Rache im Vordergrund stand, sondern der Wunsch sich von ihren Lieben noch zu verabschieden.

Zu vergeben ist etwas sehr Ernstes und menschlich oft auch sehr schwieriges. Und wenn wir ehrlich sind, wem von uns fällt es schon leicht, einem anderen zu vergeben? Darum ist es auch wichtig, dass gerade wir als Christen, nicht nur von Vergebung reden, ohne uns wirklich bewusst zu machen, was es bedeutet zu vergeben. Gerade in einem Umfeld, das uns herausfordert anders zu handeln, nach dem Motto: „Wie du mir, so ich dir.“ Das heutige Evangelium richtet unseren Blick auf die Heilstaten Gottes an uns Menschen und setzt diesem Trend entgegen: „Wie Gott mir, so ich dir.“

Siebenundsiebzigmal zu vergeben, meint eine grundsätzlich Bereitschaft zur Vergebung gegenüber dem Mitmenschen, weil Gott sie mir gegenüber auch grundsätzlich hat. Das Gleichnis vom König und den beiden Dienern bringt dieses Verhältnis Gottes zu uns Menschen und zwischen uns Menschen sehr gut zum Ausdruck. 10.000 Talente, das wären heute umgerechnet wohl rund 25 Millionen Euro. Wer von uns könnte denn schon solch eine Schuldensumme auf einen Schlag zurückzahlen. Aber der König verlangt es ja zum Glück gar nicht, er hat vielmehr Mitleid mit dem Diener, der ihn bittet ihm noch einen Aufschub zu geben. Und sein Mitleid geht so weit, dass er ihm die Ganze Schuld erlässt, ein großartiger und liebender Gott, der zu so etwas bereit ist. Die 100 Denare, heute wohl umgerechnet 40 €, sie spiegeln dann die Unbarmherzigkeit, die auch wir oft im Umgang mit dem Thema Vergebung erleben.

Gott hat Verständnis für unsere Fehler und vergibt alles, was wir in unserem Leben vor ihm bereuen. Aber er erwartet auch von uns, dass wir im Umgang mit Anderen nicht gnadenlos und kleinlich sind, wenn sie uns etwas schuldig bleiben. Und es geht dabei nicht darum die Ungerechtigkeit zu fördern oder dem Missbrauch Tür und Tor zu öffnen. Es geht um eine Grundhaltung, die der Pfarrer der Peterskirche  seinen Gläubigen trotz der unsagbaren Leides, dass sie erlebt haben, sagte: „Dass die Liebe am Ende über den Hass siegt.“

In Jesus Christus hat die Liebe am Kreuz über den Hass der Menschen gesiegt und uns so unsere Schuld vergeben. Nun dürfen wir auch wir aus dieser Haltung heraus unser Leben gestalten: Indem wir die grenzenlos vergebende Liebe Gottes versuchen nachzuahmen. (pm)


Letzte Änderung: 06.09.2011 um 09:19

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