Lesejahr A 2010/11

"Liebet eure Feinde" - (7. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A)

Geschrieben von (pm) am 18.02.2011
Lesejahr A 2010/11 >>

Wenn man das in unserem Glauben „typisch christliche“ charakterisieren würde, das was von uns erwartet wird, was uns als Christen auch wichtig sein müsste, dann würden wohl die meisten sagen: „Die gelebte christliche Nächstenliebe.“  Den Nächsten also anzunehmen, so wie er ist, ihn Wert zu schätzen, ihn also im christlichen Sinne zu lieben, das ist eine Lebensaufgabe, der wir uns immer wieder neu stellen müssen, wenn wir glaubwürdig sein wollen.

 

Nun hören wir heute von einer Steigerung, von einer fast unlösbaren Aufgabe, von einer Lebensauffassung, die auch vielen Christen zu weit geht. „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.“ Geht das überhaupt, sind wir damit nicht überfordert, ist solch ein Anspruch nicht lebensfremd?

 

Es ist erst einige Wochen her, als wir nach monatelangem Rätseln dann doch erfahren mussten, dass der kleinen Mirco tot ist und sein Täter überführt wurde.  Alle, mit denen ich in diesen Tagen ins Gespräch kam, war die Wut und auch die innere Verzweiflung anzumerken, über solch eine Ungerechtigkeit und vor allem darüber, dass sich ein Erwachsener an einem unschuldigen Leben vergreift und es einfach auslöscht. Umso mehr verwunderte mich die Reaktion der Eltern, die ja wohl am Meisten darunter zu leiden hatten. Beide gehören der christlich freikirchlichen Pfingstgemeinde in Krefeld an und sagten in einem Interview: „Der Glaube an Gott war es, der uns in den vergangenen fünf Monaten des Zweifelns und Hoffens getragen hat.“ Sechs Wochen lang traf sich die Familie zuhause jeden Abend mit Freunden zum Gebet. Auch in der Gemeinde wurde für Mirco gebetet und auch für den Menschen, der sein Verschwinden zu verantworten hat. Selbst die sonst so hart gesottenen Ermittler der Sonderkommission beeindruckte das und so sagte der Polizeisprecher: "Die Familie ruht in ihrem Glauben, sie findet darin Trost. Das ist bewundernswert. Die haben sogar uns noch Mut gemacht." In dieser Zeit des Wartens und Hoffens so erzählten die Eltern später, haben sich viele Brieffreundschaften entwickelt. „So hatten wir viele, gute Gespräche über die Hoffnung, die wir durch unseren Glauben an Jesus Christus haben."

 

Am 26. Januar erfuhren die Eltern dann, dass ihr Sohn tot ist und Opfer eines Verbrechens wurde. In der Kirchenzeitung schrieben sie kurze Zeit später, dass sie gefasst und erleichtert sind. Den Täter nannten sie „einen belasteten Menschen, der nicht wusste, wohin mit seiner Last". Das wirkt auf uns vielleicht übermenschlich fast schon unglaubwürdig, aber ich denke, dass es der feste und bodenständige Glaube der Eltern war, aus dem heraus sie die Kraft hatten, ihrem „Feind“ zu vergeben. In der Traueranzeige für ihren Sohn schrieben sie: „Uns bleibt eine ewige Hoffnung: Wir glauben, dass Gott Mirco an seine Hand genommen hat, um ihm den Himmel und alle Herrlichkeit zu zeigen. Und wir werden Mirco wiedersehen!“

 

Das Kreuz ist für uns Christen zum Zeichen der Liebe und der Vergebung Gottes gegenüber uns allen geworden. Er selbst hat für seine Feinde gebetet, er hat ihnen vergeben, auch dann noch als sie ihn ans Kreuz genagelt haben. Auch uns will er Mut machen, nicht aufzugeben, an seine verzeihende Liebe zu glauben und sie mit seiner Hilfe auch im Alltag, so gut wir können, umzusetzen. „Vater vergib uns unsere Schuld, wir auch wir vergeben unseren Schuldiger.“ Für die Eltern von Mirko bleiben diese Worte kein frommes Lippenbekenntnis, sie sind tägliche Aufgabe, um den Frieden für ihr zukünftiges Leben neu zu finden. Sicherlich in dem Wissen, dass dieses Unrecht nie wieder gut gemacht werden kann, aber auch in dem Glauben, dass Gott uns eine Zukunft geschenkt hat, die über jeden Tod und alle Ungerechtigkeiten diesen Lebens hinausreichen wird. (pm)

 


Letzte Änderung: 01.01.2014 um 16:18

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