Lesejahr A 2010/11
Von der Einsamkeit zur Zweisamkeit (19. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A) |
Geschrieben von (pm) am 05.08.2011 |
Vielleicht ist es Ihnen auch schon einmal so ergangen, dass sie nach einem anstrengenden Tag nach Hause gekommen sind und einfach ihre Ruhe haben wollten. Müde, ausgelastet und mit vollem Kopf, da tut es wirklich gut zu entspannen und auszuruhen. So ist auch die Reaktion Jesu gut nachzuvollziehen, dass er nach der Speisung der vielen Tausend Menschen und den stundenlangen Heilungen und Predigten, auf einen Berg steigt, um in der Einsamkeit zu beten. Einige Stunden verbringt er dort, um Kraft zu tanken und sich so geistig und körperlich zu erholen. Eine Herausforderung auch für uns und unser Leben, auch nur einmal kurz im Alltag still zu werden, hinzuhören, was Gott mir sagen möchte.
Als ich vor kurzem auf Exerzitien war, kamen über einhundert Leute, um den Leiter der Exerzitien zu hören, der dafür sehr bekannt und beliebt ist. Als er aber sagte, dass zwischen den Vorträgen, nämlich genau genommen bei den Essenszeiten geschwiegen werden soll, war die anfangs gute Stimmung plötzlich nicht mehr so toll. Ich musste innerlich schmunzeln, denn ich habe mich schon gefragt, ob die Leute kamen um Exerzitien zu machen oder Wellness im Glauben. Warum haben wir oft solche Schwierigkeiten, einmal still zu werden vor Gott? Warum ertappen sich dann Menschen, dass sie sich permanent ablenken müssen, mit pfeifen, singen, husten, gemurmel oder was auch immer? Vielleicht, weil ich dann erst wirklich mit dem Sinn meinem Leben konfrontiert werde, mit dem „Warum“ meines Lebens. Und immer wieder ist dann bei denen, die es ernst meinen, nach einer solchen Gebetsstille eine positive Reaktion zu erkennen: „Das hat mir gut getan.“ So war es auch auf den Exerzitien, als nach drei Tagen das Schweigen gebrochen wurde, da unterhielten sich die Leute plötzlich ganz anders miteinander. Viel ausgeglichener, weniger hektisch und vor allem ohne den anderen mit meinem Gerede und Wortschwall zu erschlagen.
Ohne solche Zeiten der inneren Stille, des ruhigen Gebetes werden wir schnell zu Opfern unserer Umgebung, sind wir allem und jedem ausgeliefert. Die ständige Musik im Ohr, um mich abzulenken, das Handy, um überall erreichbar zu sein, das Fernsehen, um so viel wie möglich zu erfahren. All das können Mechanismen sein, die wie eine Schutzausrüstung wirken gegen die Angst vor der Einsamkeit, gegen das Alleinsein und gegen eine Unerträglichkeit der Stille. Doch das Gebet ist die beste Ausrüstung gegen solche Ängste, einsam zu werden, um dem Gefühlten Alleinsein die Gegenwart Gottes entgegen zu setzen, um so die Angst vor der Stille mit dem Herrn zu besprechen. Ihm alles zu sagen und sich eben nicht zu fürchten. Jesus sucht nicht die Einsamkeit, er nutz die Einsamkeit, um mit seinem Vater zu sprechen, um zu beten, das ist ein riesengroßer Unterschied. Er will die Gemeinschaft mit seinem Vater pflegen, er sucht seine Nähe. Suchen auch wir die Nähe Gottes im Alltag, im Gebet, in der Stille? Ohne seinen Schutz verlieren wir die Quelle des Heiles, werden wir zu reinen Konsummenschen, die nicht leben, sondern gelebt werden.
Auch die Jünger haben diese riesen Lebensängste, bis Jesus sie ihnen nimmt. Sie fühlen sich unwohl in ihrem Boot, umgeben von den Wellen, bis sie die Nähe des Herrn erfahren dürfen. Als er ins Boot steigt, da legt sich der Wind, das tritt die ersehnte Ruhe und Stille ein. Und sie fallen vor ihm nieder und sagen: „Wahrhaft, du bist Gottes Sohn.“ Wer so mit Gott lebt, der kann in seiner Einsamkeit auch eine Zweisamkeit erleben. Der braucht die Stille nicht zu fürchten, denn er kann sie ausfüllen, mit der Hinwendung und dem Gebet zum Herrn, der mir in solchen Momenten ganz nahe ist. (pm)
Letzte Änderung: 06.08.2011 um 11:18
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